Museumspolitik: Kunsthaus Zürich legt Verträge offen

Nach langem Hin und Her gewährt das Museum Einsicht in zwei Verträge mit der Stiftung des Waffenfabrikanten Emil Bührle. Im Dezember, als dieses Bild aufgenommen wurde, konnte man sich dazu noch nicht durchringen.
Zürich. Die Zürcher Kunstgesellschaft ist der Trägerverein des kürzlich für 206 Millionen Schweizer Franken erweiterten Kunsthauses Zürich. Sie legte Ende letzter Woche die Verträge mit der Stiftung des Waffenfabrikanten Emil Bührle (1890-1956) offen.
Das ist absolut ungewöhnlich im Umgang zwischen einem öffentlichen Museum und einer Privatsammlung. Damit versucht das in Misskredit geratene Kunsthaus den massiv vorgebrachten Vorbehalten gegen die im Neubau präsentierte Sammlung der Stiftung E.G. Bührle entgegenzutreten.
Kern der Kritik von Journalistinnen, Historikern und der Künstlerin Miriam Cahn ist die bis dato ausschließlich stiftungseigene Provenienzforschung zu der in den 1930er- und 1940er-Jahren stark erweiterten Spitzensammlung. Die Frage, ob sie Raub- oder Fluchtgut enthält, steht zur Neubewertung an.
Der kürzlich ausgeschiedene Stiftungspräsident Lukas Gloor hatte noch im Dezember 2021 verkündet, die Herkunft von 90 aus rund 200 Leihgaben sei zwar nicht lückenlos geklärt, aber unproblematisch. Das bedarf weiterer Untersuchungen.
Transparenz schafft das Kunsthaus jetzt mit der Offenlegung des Vertrags von 2012 und dem von 2022. Der erste war noch von den kurz darauf verstorbenen Kindern Hortense Anda Bührle und Dieter Bührle geschlossen worden. Er gab die Sicht der Familie auf den deutschstämmigen Mann wieder, der in wenigen Jahren im 2. Weltkrieg zum reichsten Schweizer wurde.
Der neue Vertrag hält kuratorische Freiheiten des Kunsthauses fest. Und er bekennt sich erstmals und explizit zu den Richtlinien der Washingtoner Konferenz in Bezug auf Kunstwerke, die von den Nationalsozialisten konfisziert wurden. Außerdem orientiert er sich mit dem Begriff „NS verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter“ an der Erklärung von Terezin von 2009. Neu ist ferner, dass sich das Kunsthaus Zürich selbst die weitere Provenienzforschung vornimmt.
Das Kunsthaus Zürich hat einen ersten wichtigen Schritt getan. Doch entscheidend bleibt, ob die Provenienzforschung weiterbetrieben wird und welche Konsequenzen sie hat. Denn über eine Restitution von Raubkunst kann nur die Stiftung als Eigentümerin entscheiden.
Nicht alle Kritiker vertrauen darauf. Die Schweizer Künstlerin Miriam Cahn möchte 16 Werkgruppen, die das Kunsthaus Zürich vor Jahren von ihr erwarb, zum Ankaufspreis zurückkaufen.

„Emil Bührle damals und heute der Stiftungsdirektor Lukas Gloor glauben also, dass die Bührlesammlung zum billigen Ablass der Gewinne Bührles als Waffenproduzent und seinem Handel mit den Nazis dient und zum Weisswaschen und verleugnen der Herkunft seiner Ankäufe von Bildern", schreibt sie in ihrem Brief vom 20. Dezember 2021. «Das wird von der involvierten Kunstwelt akzeptiert, hofiert und gefördert, die - aus was für Gründen auch immer - nicht sehen will: Kunst kaufen wäscht nicht weiss! Kunst sammeln macht nicht zum besseren Menschen!»
Von Cahns Galerie Meyer Riegger erfuhr das Handelsblatt, dass Miriam Cahn trotz des zweiten Vertrags nicht von ihrem Rückkauf-Gesuch abrückt.
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