Non Fungible Token auf dem Kunstmarkt: Was die Käufer an der Kryptokunst fasziniert

Im Crypto Kiosk bei Nagel Draxler treffen NFTs auf Dada-Kunst.
London. Vor kurzem kündigte Wikipedia an, dass es Beeples „Everydays: The First 5000 Days“ und Pak’s „Merge“ nicht in die Kategorie der teuersten verkauften Kunstwerke von lebenden Künstlern aufnehmen wird, da es sich nicht um Kunst handele. Trotz der Tatsache, dass Beeples Werk von Christie’s für 69,3 Millionen Dollar versteigert wurde.
Hat diese Frage zum einen philosophische Dimensionen, ist sie zum anderen brisant: Machen doch vor allem Auktionshäuser viel Geld mit der Vernetzung von Non Fugible Tokens (NFTs), Blockchain gespeicherten Digitalwerken, mit dem Kunstmarkt. Nicht zuletzt ist die NFT-Szene in Aufruhr, kämpft sie doch um ihre Wahrnehmung und Anerkennung in der realen Welt.
Aus der vor allem auf Twitter ausgetragenen Debatte um die Kunstwürdigkeit von NFTs ergeben sich zwei grundsätzliche Fragen: Wo steckt die Kunst im NFT? Und was für ein Markt entwickelt sich aus dieser neuen Technologie? Beide Fragen sind schwierig zu beantworten, aber Marktakteure wie auch Künstler nehmen indirekt dazu Stellung.
Die Galerie Nagel Draxler betreibt seit Sommer letzten Jahres einen Crypto Kiosk in Berlin. In dessen realen Räumen zeigt der amerikanische Künstler, Kritiker und Kurator Kenny Schachter zurzeit eine Soloausstellung unter dem Titel „Metadada“. In einer mit Absicht verwirrenden Raumkonfiguration sieht man Videos, Grafik, Fotografien und Gemälde des Künstlers, die alle ihre NFT-Äquivalente haben und also solche verkauft werden. Muss man dafür auf die 100 Jahre alte Form des Dada zurückgreifen?
Zumindest Schachter ist mit dem NFT-Hype äußerst zufrieden. Ein einer Onlinediskussion berichtet er begeistert von den ganz verschiedenen Menschen, die er auf der Ausstellungseröffnung traf und dem Teamgeist, den es in dieser Szene gibt. „Wir hatten Leute aus der Technologiebranche, aus der Kunst, den Wissenschaften. Es war eine großartige Mischung, wo sonst nur ein paar Leute aus der Kunstwelt kommen.“
Die ungefilterte Begeisterung Schachters dürfte gekoppelt sein mit der Tatsache, dass er mit seinen Aktivitäten Geld verdient. Er gab bekannt, dass er sich gerade eine Wohnung in New York kaufen konnte.
Nicht nur bei Kenny Schachter steht der finanzielle Aspekt im Vordergrund. Auch Julian Lennon, Sohn des legendären Musikers John Lennon, will mit neuen NFT-Zertifikaten von Kleidern, Briefen und Gitarren seines Vaters Kasse machen.

So gemütlich kann man mit einem NFT über dem Sofa wohnen.
In der Auktion „Lennon Connection: The NFT Collection“ bei Julien‘s Auctions in Partnerschaft mit Yellow Heart kommen am 7. Februar in Beverly Hills digitale Objektabbildungen und Tonaufnahmen der prominenten Familie zum Verkauf. Die Schätzungen liegen zwischen 6.000 und 70.000 Dollar. Bei Redaktionsschluss gab es schon auf allen Losen Gebote.
Kein Zugang zu den originalen Objekten
Wichtig ist hier zu betonen, dass die Käufer keinen Zugang zu den originalen Objekten erhalten. „Diese NFT-Angebote sind eine einzigartige und nicht austauschbare Dateneinheit auf einer Blockchain. Jedes Stück ist eine Auflage von 1 von 1. Die Auktion gibt Sammlern die Chance, an der sich neu entwickelnden Lennon Connection NFT-Gemeinschaft, die mit Julien Lennon geteilt wird, der das einzig reale Gegenstück besitzt, teilzunehmen“, stellt der Versteigerer klar.
>> NFT als Geldanlage? Zusammen mit der Galeristin Nina Roehrs und dem Geschäftsführer des Auktionshaus Van Ham, Markus Eisenbeis, blicken wir am Dienstag, 22. Februar, ab 17 Uhr in die Welt der Kryptokunst und geben Orientierung in der neuen Vermögensklasse der NFTs. Unsere Handelsblatt-Redakteurin und Moderatorin Mareike Müller freut sich auf Ihre Fragen schon vorab mit Ihrer Anmeldung.
Kaufen kann man nicht Objekte, sondern stattdessen exklusiven Zugang zu einer Fangemeinschaft und einer digitalen Community. In der können Käufer diesen Zugang und NFT-Memorabilien möglicherweise gewinnbringend tauschen.
Interessant ist, dass der soziale Status, den man mit diesem Zugang kaufen kann, ganz anders funktioniert als bei traditioneller Kunst. Zum einen findet der Diskurs um diese Objekte auf Twitter, Onlineplattformen wie Discord und immer mehr auch im Metaverse statt, einer digitalen Welt, in der man digitale Werte besitzen und erwerben kann.
Zum anderen muss man sich nicht mit Kunst auskennen. Das hat schon immer neue Sammlergruppen fasziniert. Was kann man kaufen, wenn man sich nicht mit klassischer Bildung auskennt oder nicht an ihr interessiert ist?
Dies spricht die Technologie orientierte, vor allem männliche, junge Kundschaft der NFT-Szene an. An dieser sind alle interessiert. Christie’s Direktor Dirk Boll sagt dazu: „Im Frühjahr 2021 waren die Registranden für die NFT-Angebote eine exklusive Gruppe von Digital Natives, die neu für Christie’s war.“
Dazu kommt dann noch die Verbindung zum Entertainment, wie man am Interesse an Pop-Memorabilien sieht. Dem entsprechen NFT-Editionen, die nun Sportschuhhersteller wie Nike und Adidas zu produzieren beginnen. Das Wall Street Journal berichtete, dass digitale Schuhe von Adidas „Into the Metaverse“ statt der originalen 765 Dollar im Dezember nun auf dem NFT- Marktplatz OpenSea für 2500 Dollar gehandelt werden.
Der aus dem Breakdance kommende 26-jährige britische Künstler Izaak Brandt bestätigt dies dem Handelsblatt gegenüber: „Gemeinschaft ist der Kern des NFT-Raumes, wo Sammler ihre Objekte zur Schau stellen können. Über existierende Medienplattformen hinausgehend werden NFTs zu einer attraktiven digitalen Währung – auch wenn es um sozialen Status geht.“
„The Art Newspaper“ zufolge arbeitet der Beeple-Sammler Vignesh Sundaresan schon an einem digitalen Museum im Metaverse, um „Everydays: The First 5000 Days“ zu zeigen.
Wohin wird das alles führen? Auf der einen Seite versuchen Galerien und Künstler von den finanziellen Möglichkeiten an diesem neuen Markt zu profitieren. Zu Recht, wenn man bedenkt, wie wenig oftmals Künstler digitaler Kunst verdienen und wie es auch Galerien schwerfällt, neue Kunst an den Käufer zu bringen. Das setzt Energien frei, wie man beim Crypto Kiosk der Galerie Nagel Draxler sieht.
Auf der anderen Seite steht die Spekulation. Sie mag sich sozial wie auch finanziell manifestieren, bläst aber einen Markt auf, in dem es kaum Regeln gibt. Denn ob NFTs Kunst sind oder nicht, spielt irgendwann auch fürs Finanzamt eine Rolle. Egal, ob es sich um Mehrwertsteuer, Einfuhrumsatzsteuer oder anderes handelt.
Probleme haben amerikanische Museen, die ihre NFT-Ankäufe versichern wollen. Das „New York Magazine“ berichtete diesbezüglich vom Institute of Contemporary Art in Miami, da die Werte durch die Listung in Kryptowährungen stark schwanken.


Der deutsche Versicherer Stephan Zilkens fragt provokativ in seinem wöchentlichen Newsblog: „Taucht all das, was in den jeweiligen Coin-Ecken geschürft und gehandelt wird, in irgendeiner Vermögensaufstellung auf? Und physisch sind die Gegenstände ja auch nicht – nicht einmal im Lande.“
Mehr: Die Auktionshäuser und Non Fungible Token: Kampf um die Vorherrschaft auf dem Markt für Kryptokunst







