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  4. Wie Galeristin Liza Essers Künstlerinnen und Künstler Afrikas nach vorn bringt

Porträt Liza EssersKämpferin für die Künstler Afrikas

Liza Essers kam aus dem Filmgeschäft und machte die südafrikanische Goodman Gallery zur internationalen Impulsgeberin. Ein Gespräch über Motivation und Ziel.Daghild Bartels 15.02.2023 - 12:45 Uhr Artikel anhören

Die Eigentümerin der expandierenden Goodman Gallery vor einer Tapisserie von El Anatsui aus Ghana.

Foto: Goodman Gallery, Johannesburg, Kapstadt, London

Kapstadt. Angesichts ihrer grazilen Gestalt würde kaum jemand vermuten, dass sie eine erfolgreiche Powerfrau ist: Liza Essers, Eigentümerin und Leiterin der Goodman Gallery hat diese rasant auf Platz Nummer eins in Südafrika katapultiert.

Das Geheimnis ihres Erfolgs? „Harte Arbeit“, erklärt Essers und „ein tolles Team“. Letzteres umfasst mittlerweile 65 Mitarbeitende. Wir treffen uns in ihrem neuen Domizil. Letztes Jahr verließ sie das Galerieviertel Woodstock und zog in ein wunderschönes ehemaliges Konventsgebäude.

Ihre Arbeit, präzisiert die Galeristin, orientiere sich an vier Säulen: Diversität, Frauenförderung und die Auswahl von Künstlern mit gesellschaftlichem Engagement. Viertes Aufgabenfeld: nach den erfolgreichen Stars auch die nächste Generation junger Künstlerinnen und Künstler zu fördern.

Den Auftrag zur Diversität hat Essers von ihrer Vorgängerin übernommen. Linda Givon gründete die Galerie 1966 in Johannesburg – nicht zu verwechseln mit der 1977 gegründeten Marian Goodman Gallery in New York. Givon betrat die Szene pionierhaft mit einem – zu Zeiten der Apartheit – waghalsigen Programm: Sie stellte auch Schwarze Künstler aus. Auch Schwarze Besucher waren willkommen, die sich jedoch der „Financial Times“ zufolge als Servicekräfte tarnen mussten.

Als Liza Essers, die zuvor als freie Filmproduzentin und Kuratorin gearbeitet hatte, die Galerie 2008 erwarb, setzte sie engagiert diese Pioniertat fort. „Das bleibt die DNA des Galerieprogramms“, versichert sie. Neben – weißen – Stars wie William Kentridge, David Goldblatt oder Wilfredo Jaar hat sie auch Kudzanai Chiurai, Yinka Shonibare, El Anatsui, Ghada Amer und Kapwani Kiwanga, die auf der nächsten Venedig Biennale den kanadischen Pavillon bespielen wird, im Programm.

Essers versteht sich als Botschafterin für Künstler des globalen Südens. Ihre Künstlermannschaft kommt etwa aus Senegal, Nigeria, Mosambik, Ghana, Simbabwe, Iran, Chile, Peru. Wahrlich international, jedoch mit Fokus auf den Süden.

Der Künstler William Kentridge und Liza Essers entwickeln ein Projekt.

Foto: Goodman Gallery, Johannesburg, Kapstadt, London

Bisher wurden diese Regionen im westlich dominierten Kunstbetrieb vernachlässigt, klagt sie; auch wenn jetzt zunehmend westliche Museen äußerst zaghaft versuchen, die Lücke zu füllen. Deshalb hat sie, als die Pandemie zu verstärkten Onlineaktivitäten zwang, die sehenswerte Plattform South-South gegründet. An ihr beteiligen sich 56 Galerien mit Schwerpunkt auf Videokunst.

Außerdem hat Essers den Radius der Galerie mit Niederlassungen in Kapstadt, Johannesburg und seit 2019 in London vergrößert. Hat der Brexit diese Entscheidung nachträglich infrage gestellt?

„London wird immer ein Zentrum für den Kunstmarkt bleiben, auch wenn Paris jetzt vorprescht. Aber für Südafrikaner ist London sozusagen ein Muss, aufgrund der Historie. England war Kolonialmacht. Es bestehen viele Verbindungen zum Vereinigten Königreich, auch für die Businesswelt; außerdem sind die Steuern niedriger als in Paris.“ Aber sie wird Paris im Auge behalten. Mit dem Standort London kann sie auf jeden Fall ihre globale Vision besser verwirklichen durch die Nähe zu europäischen Institutionen.

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Johannesburg bleibt freilich der Hauptstandort. Hier hat die Galerie fast die Rolle einer Kunsthalle übernommen. Außerdem: Viele Künstler aus verschiedenen Ländern Afrikas leben in Johannesburg. Dort ist auch das Zentrum der südafrikanischen Geschäftswelt. „Die eigentliche Musik spiele in Joburg,“ versichert Essers. Dennoch verlegte sie letztes Jahr mit ihrer Familie ihren Wohnsitz nach Kapstadt-Clifton.

Dass sich der Kunstmarkt künftig stärker in Richtung afrikanische Kunst orientieren wird, ist ihre große Zuversicht. Um Kenntnis über diese Kunst und deren Wahrnehmung zu forcieren und ein internationales Publikum zu erreichen, beteiligt sie sich an acht bis zehn Messen pro Jahr. „Auch wenn die Teilnahme für uns hier im äußersten Süden, weitaus kostspieliger ist als für die anderen Galerien.“

Dreimal Frieze (London, New York und LA), Art Basel und Art Basel Miami oder Paris Photo und die beiden südafrikanischen Messen in Johannesburg und Kapstadt sowie neuerdings Singapur stehen auf dem ambitionierten Messeprogramm.

Marktanalyse

Der unaufhaltsame Aufstieg der afrikanischen Kunst

Der sogenannte Preisboom afrikanischer Kunst, von dem europäische Medien berichten, entspricht laut Liza Essers nicht der realen Situation. Bis auf einige Ausnahmen – El Anatsui, Yinka Shonibare, William Kentridge – entwickeln sich die Preise moderat nach oben. Vom Boom profitieren bisher eher die afroamerikanischen Künstler, da sie näher an amerikanischen Museen und reichen US-Sammlern sind.

Dass sich das künftig zugunsten der afrikanischen Künstler verändert, sieht die Galeristin als ihre Aufgabe und Mission. Deshalb stemmt sie ihr umfangreiches Messe-Engagement und finanziert die Filiale in London. Erste Anzeichen erblickt sie schon und ist sicher, dass es sich nicht um eine kurzfristige Mode handelt.

Angesprochen auf die vor der Tür stehende „Investec Cape Town Art Fair“, die vom 17. bis 19. Februar stattfindet (wir berichten am 24.2.), ist Essers ausgesprochen optimistisch. Schon 2022, auf der ersten Messe nach der Pandemie, spürte man eine große Euphorie, obwohl einige ausländische Sammler aus Furcht vor dem Covidvirus abgesagt hatten. Sie hofft nun, dass alle kommen. Erste Meldungen auch anderer Galeristen deuten darauf, dass tatsächlich viele neue Sammlerinnen und Sammler anreisen.

Investec Cape Town Art Fair

Messe für afrikanische Gegenwartskunst: Euphorie nach der Zwangspause befeuert das Geschäft

Ihre Koje richtet Essers stets speziell auf den Veranstaltungsort aus. Neben großem Kaliber wie Kentridge, von dem sie letztes Jahr eine Zeichnung für umgerechnet 250.000 Dollar im Nu verkaufen konnte, oder Yinka Shonibare und Shirin Neshat zeigt sie vor allem Kunst der Jüngeren, die zwischen 1988 und 1990 geboren sind.

Dabei sind diesmal etwa Cassi Namoda aus dem Senegal, Nolan Oswald Dennis oder Yto Barrada oder Misheck Masamvu. Essers Erfahrung: Der durchschnittliche Sammler in Kapstadt kommt nicht mit einem Millionenbudget. 10.000 bis 20.000 Dollar ist meist die Preisgrenze. Allerdings beginnen die abstrakten, furiosen Kompositionen von Misheck Malamvu erst bei 60.000 Dollar.

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Die Messe sieht sie auf gutem Weg, wünscht sich jedoch noch mehr Internationalität aufseiten der Aussteller. Das sieht auch die Direktorin der Messe, Laura Vincenti, so. Denn tatsächlich sammeln viele der lokalen Sammler auch international. Bekanntlich leben nicht wenige Superreiche in Südafrika.

Einen weiteren Wunsch hat sie für die internationale Galeriearbeit: mehr Zusammenarbeit. Sie selbst organisierte bereits mit der New Yorker Galerie Marianne Boesky und Sfeir-Semler aus Hamburg gemeinsame Projekte. Doch leider herrsche überall eher Konkurrenzdenken.

Mehr: Marktanalyse: Der unaufhaltsame Aufstieg der afrikanischen Kunst

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