Recht: Geplante EU-Einfuhrverordnung alarmiert den Kunsthandel
Paris. Der Kunstmarkt wird ständig von neuen Vorschriften drangsaliert, das bekommen Sammlerinnen und Händlerschaft zu spüren. Die französische Händlervereinigung, das Syndicat National des Antiquaires, kämpft gegen diese neuen Gesetze, die negative Folgen für den Kunstmarkt haben können.
Bisher haben die französischen Fachleute die erste Schlacht gewonnen. Die Einfuhrumsatzsteuer wird nämlich den bisherigen Satz von 5,5 Prozent behalten, statt den von der EU-Richtlinie gewünschten 20 Prozent.
Ab 2025 dürfte jedoch die EU-Richtlinie über die Einfuhr von Kulturgütern gelten. Es ist mit dramatischen Auswirkungen auf den Kunstmarkt für außereuropäische Antiquitäten und antike Kunst zu rechnen.
Um Kulturgüter, die den neuen Regeln unterliegen, einführen zu können, müssen Import- und Exportdokumente vorgelegt werden. Ohne diese wird die Einfuhr von Kulturgütern in die EU-Mitgliedstaaten unmöglich oder zumindest stark erschwert sein.
Welche Kunst ist betroffen? Die EU hat diese Verordnung eingeführt, um den illegalen Handel mit Kulturgütern zu bekämpfen, indem sie deren Einfuhr in die Mitgliedstaaten kontrolliert. Das gilt für Werke der bildenden und dekorativen Kunst sowie für Sammelobjekte ohne Angabe von Datum oder Wert.
Auch amerikanische Impressionisten betroffen
Betroffen sind nur Objekte, die außerhalb der EU geschaffen oder entdeckt wurden, vor allem sogenannte „Hochrisikogüter“, archäologische Funde sowie Teile von historischen Denkmälern, sofern diese älter als 250 Jahre sind; außerdem präkolumbische, chinesische, japanische, indische oder islamische Kunst, Fossilien, die außerhalb der EU gefunden wurden, russische Ikonen oder amerikanische impressionistische Gemälde.
Der Marktpreis ist hierbei unerheblich ebenso wie bei sogenannten „risikoarmen“ Gütern. Dazu gehören Gemälde, Drucke, Skulpturen, ethnologische Gegenstände, Münzen und seltene Manuskripte, wenn sie älter als 200 Jahre sind und einen Wert von mindestens 18.000 Euro haben. Der Einführende muss die in der Verordnung vorgesehene Erklärung unterzeichnen, damit er das Kunstwerk in die EU einführen darf.
Was ist ausgenommen? Die Verordnung gilt nicht für Gemälde, Skulpturen oder kunstgewerbliche Gegenstände, die in Ländern hergestellt wurden, die Teil der EU sind – auch wenn das Kulturgut zuvor die EU verlassen hat und nun wieder einreist. Dazu gehören beispielsweise Bilder Alter Meister und impressionistische Gemälde aus Frankreich, deutsches Silber, italienische Bücher und Manuskripte oder römische und griechische Antiken.
In den 1990er-Jahren hatten einige Länder ihre Ausfuhrbestimmungen verschärft und fordern immer häufiger die Rückgabe ihres unrechtmäßig ausgeführten Erbes. Dessen Legitimität zu ermitteln kann allerdings kafkaesk anmuten. Mitunter sind keine Informationen ermittelbar, die die Legalität der ursprünglichen Ausfuhr beweisen.
Die EU hat keine schlüssigen Beweise dafür gefunden, dass die Einführung dieses Verwaltungsverfahrens notwendig ist, meinen viele Händler. Es gebe hingegen deutliche Hinweise darauf, dass es dem Markt und den Interessen der EU-Bürger eher schaden dürfte. „Man führt eine Regelung auf Grundlagen ein, die falsch sind und im Widerspruch zum Code Civil mit dem Satz ‚Eigentum ist heilig‘ stehen“, sagt Rechtsanwalt Yves-Bernard Debie. Er ist auf Rechtsfragen zu Kunstmarkt und Kulturgütern spezialisiert. Demnach wird der für die Einfuhr Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen und riskiert Sanktionen strafrechtlicher Art.
„Eigentum und Export dürfen nicht verwechselt werden. Die Europäische Kommission irrt sich“, sagt Pierre Valentin, Gründer und Leiter der Anwaltskanzlei Constantine Cannon, Spezialist für den Kunstmarkt und Vorstandsvorsitzender des World Monuments Fund Britain, dem Handelsblatt. „Nur weil ein Gegenstand eine Ausfuhrgenehmigung hat, bedeutet das nicht, dass er nicht gestohlen wurde. Und umgekehrt gilt: Wenn man keine Ausfuhrlizenz hat, ist die Herkunft deswegen nicht schlecht.“
Erstpublikation: 01.05.2024, 07:58 Uhr.