Weng Fine Art AG: Deutschlands einziges börsennotiertes Kunsthandelsunternehmen hat ein schwieriges Jahr hinter sich

Diese Edition bietet der Monheimer Kunstunternehmer Rüdiger K. Weng auf seiner Plattform „Weng Art Invest“ auch in tokenisierter Form an (Ausschnitt).
Monheim. Wenn der Aufsichtsratsvorsitzende den Vorstandsvorsitzenden als „the one and only“ ankündigt, darf man eine nicht ganz gewöhnliche Hauptversammlung erwarten. Rund anderthalb Stunden dauert der Vortrag von Rüdiger K. Weng, Gründer, Alleinvorstand und Mehrheitsaktionär der Weng Fine Art AG aus Monheim bei Düsseldorf, der diese jährliche Gelegenheit sichtlich genießt. Dabei hat das einzige börsennotierte Kunsthandelsunternehmen Deutschlands ein schwieriges Jahr hinter sich.
Der Umsatz brach im abgelaufenen Geschäfts- und Kalenderjahr im Vergleich zu 2021 von 6,4 Millionen auf 4,3 Millionen Euro ein, der Gewinn gar von 2,4 Millionen auf knapp 200.000 Euro. Das angestammte B2B-Geschäft – vor allem der An- und Verkauf über Auktionen — sei perspektivisch rückläufig, erklärte Weng auf Nachfrage.
Die Zahl der klassischen Sammler und Händler nehme stetig ab. Auch sei die Breite des Marktes mit mehreren Hundert Künstlern wirtschaftlich nicht mehr abbildbar. Das Unternehmen fokussiere sich auf höherpreisige Ware oder ganze Sammlungen. Allerdings konnte die Eigenkapitalquote gesteigert werden, auf beruhigende 54 Prozent.
Im Editionsgeschäft der nicht börsennotierten Schweizer Tochter ArtXX AG hingegen seien die Margen und die Umschlaggeschwindigkeit deutlich höher. Anders als in anderen Märkten lasse sich im Abschwung ein schwindender Absatz nicht durch Preissenkungen eindämmen. Die Folge: Der Umsatz gehe zurück, aber die Margen blieben gleich.
Gerade bei den margenstarken Editionen hatte das Unternehmen jedoch mit Lieferschwierigkeiten zu kämpfen. Der Aktienkurs der Muttergesellschaft Weng Fine Art fiel vom Allzeithoch Anfang 2022 bei über 35 Euro auf knapp 13 Euro Ende des Jahres und bis auf aktuell rund neun Euro.
Der Kursverlauf gehe angesichts der Geschäftsentwicklung und der allgemeinen Wirtschaftslage in Ordnung, gibt Weng selbstkritisch zu. „Wir müssen eine Art Re-Start hinlegen“, erklärt er. Man könne sich nicht einfach wegducken und hoffen, dass der Sturm vorüberziehen werde, wie er es bei vielen Kunstmarktteilnehmern erlebe. Die Herausforderungen für die nahe Zukunft seien ein Seitwärtstrend der Wirtschaft, das gestiegene Zinsniveau und das Fehlen von „funny money“ als Spielgeld reicher Menschen.

Gründer und Vorstandsvorsitzender von Weng Fine Art AG
Konkrete Pläne und Zielkennzahlen nannte Weng jedoch nicht. Mit großem Aplomb war eine Beteiligung an der 360X Art AG erworben worden, einem von Commerzbank und Deutscher Börse finanzierten Start-up für Marktplätze für tokenisierte Assets, darunter Kunstwerke. Immerhin konnte die Fehlinvestition für 80 Prozent des Einstandspreises von drei Millionen Euro wieder abgestoßen werden.
Die eigene Tochter ArtXX in der Schweiz werde definitiv nicht in diesem Jahr an der Börse notiert, 2024 werde man die Situation erneut betrachten. Die neue Plattform Weng Art Invest solle bei Erfolg mittelfristig ausgegliedert werden. Der Handel mit physischen ganzen Kunstwerken, die auch über Tokens abgebildet werden, soll jetzt über die eigene Plattform stattfinden.
Die Zukunft des Editionsgeschäfts sieht Weng nicht in Europa, sondern in den USA und Asien. Am Aufbau eines Geschäfts in Asien werde aktuell gearbeitet. Der klassische Kunsthandel ist in Wengs Augen eine schrumpfende Branche.
Dauerthema: Die Beteiligung an Artnet
Ein Dauerthema für Weng ist seine Beteiligung am Kunstmarktportal Artnet, die er seit einem gescheiterten Übernahmeversuch mit einem russischen Investor vor mehr als zehn Jahren beständig ausgebaut hat. Der Führung von Artnet wirft er nicht erst seitdem vor, als Selbstbedienungsladen für die Familie des Gründers Hans Neuendorf zu fungieren.
„Eigentlich sind wir diejenigen, die Artnet durch unser Engagement als Asset überhaupt bekannt und interessant gemacht haben“, behauptet Weng. Seit einiger Zeit ist er jedoch mit knapp 29 Prozent größter Artnet-Aktionär. Eine Übernahme plane er allerdings nach wie vor nicht.
Weng wünscht sich den Einstieg eines kapitalstarken Investors, der auch Managementkapazitäten einbringen kann. „Wir reden nicht mehr so sehr übereinander, sondern vielmehr miteinander, in zunehmend konstruktiver Form.“ Er sei zuversichtlich, zu einer für beide Unternehmen zufriedenstellenden Lösung zu kommen.
Wie sich das auf die Ertragssituation der Weng Fine Art AG auswirken werde, könne er zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht konkret sagen. Das ist allerdings recht dürftig, hatte Weng doch im Vorfeld eine spannende und interessante Hauptversammlung und Diskussion in Aussicht gestellt.



Die Gespräche, die in den vergangenen Monaten mit Artnet geführt worden seien, gäben laut Weng Anlass zur Hoffnung. Schließlich stehe die Marke an dritter Stelle hinter Sotheby’s und Christie’s, die Artnet an Internet-Traffic sogar übertreffe. Es werde an einer Lösung mit Artnet gearbeitet, die ebenfalls die Beteiligung am Kunstportal Artfacts beinhalte. Dazu könne er wegen laufender Verhandlungen aber keine konkreten Angaben machen, ergänzte Weng.
Den angedrohten Antrag auf eine außerordentliche Sonderprüfung bei Artnet hat Weng inzwischen fallen gelassen. Sogar die seit Jahren verweigerte Zustimmung zu einer Kapitalerhöhung wurde aufgegeben. Hier stehen die Zeichen also tatsächlich auf
Versöhnung.






