1. Startseite
  2. Arts und Style
  3. Matisse-Gemälde: Die Geschichte ausgesessen

Matisse-GemäldeDie Geschichte ausgesessen

Die „Sitzende Frau“ von Matisse hat den Zweiten Weltkrieg und die Nazis überlebt. Über verschlungene Pfade landete das Kunstwerk bei Cornelius Gurlitt. Bald könnten es seine rechtmäßigen Besitzer in den Händen halten.Anis Mičijević 28.03.2014 - 10:07 Uhr Artikel anhören

Wechselte mehr als einmal den Besitzer: Die „Sitzende Frau“ von Henri Matisse.

Foto: AFP

München/Augsburg/Düsseldorf. Im Jahr 1940 versteckt der jüdische Kunsthändler Paul Rosenberg kurz vor seiner Flucht in die USA zahlreiche Kunstwerke in einem Tresor in Libourne nahe Bordeaux. Er gilt bis zum Zweiten Weltkrieg als der wohl wichtigste Kunsthändler Europas und pflegt freundschaftliche Beziehungen zu Picasso und Henri Matisse. Doch als Jude ist er vor den Nationalsozialisten nach ihrem Einmarsch in Frankreich nicht mehr sicher. Seine Sammlung wird schließlich von Nazi-Schergen gefunden und beschlagnahmt.

Ein Brief aus der Zeit, der an Hermann Göring adressiert war und sich im Archiv des Bundesgerichts in Lausanne befindet, dokumentiert das damalige Vorgehen auf dem Pariser Raubkunstmarkt. Darin schwärmt der Kunsthändler Walter Andreas Hofer gegenüber Göring von den Werken aus den geplünderten Sammlungen von Rosenberg, Rothschild und anderen.

Unter den Werken, die Rosenberg versteckt und Hofer erbeutet hat, befindet sich auch das Porträt einer „In einem Sessel sitzenden Frau“ von Henri Matisse, das vermutlich im Jahr 1923 entstanden ist und über viele Umwege nun endlich seinem rechtmäßigen Besitzer zugeführt werden könnte.

Das Porträt ist für kurze Zeit Teil der Göringschen Beutekunst-Sammlung, bevor dieser es mit dem Kunsthändler Gustav von Rochlitz gegen ein anderes Werk eintauscht. Über bisher unbekannte Pfade gelangt die „Sitzende Frau“ von Matisse schließlich in die Hände des Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt. Nachdem Gurlitt Senior 1956 stirbt, erbt Sohn Cornelius seine Sammlung und auch das Matisse-Gemälde.

Jahrzehntelang setzen Paul Rosenberg – und später seine zwei Enkelinnen – alle Hebel in Bewegung, um herauszufinden, wo sich seine Kunstwerke befinden. Eine der Enkelinnen, die prominente New Yorker Anwältin Marianne Rosenberg, begreift die Suche nach den verschollenen Kunstwerken als einen „Kreuzzug“.

Die zweite Enkelin ist nicht weniger prominent: Anne Sinclair ist die Ex-Frau von Dominique Strauss-Kahn und Chefin der französischen Ausgabe der „Huffington Post“. Und auch ihr, die sie ein Buch über ihren Großvater veröffentlicht hat, geht es weniger um den materiellen Wert des Matisse-Gemäldes, der auf einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag geschätzt wird. Es geht um Gerechtigkeit und ein Stück weit Wiedergutmachung.

Der 81-jährige Kunsthändlersohn Cornelius Gurlitt will den rechtmäßigen Besitzern entgegenkommen und die „Sitzende Frau“ von Matisse den Rosenbergs ohne Bedingungen zurückgeben. „Daran sehen Sie schon, dass wir uns nicht auf eine formale Rechtsposition zurückziehen“, sagte einer der Gurlitt-Anwälte, Hannes Hartung, der Süddeutschen Zeitung. Derzeit kommuniziert und verhandelt Gurlitt ausschließlich über seine Anwälte und Vertreter. Sein Gesundheitszustand ist nach einer Herz-Operation schlecht, er ist seit Mitte Dezember 2013 in einer Klinik untergebracht.

Das Matisse-Gemälde wurde Anfang 2012 in der Münchener Wohnung von Gurlitt während einer Razzia im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens der Augsburger Staatsanwaltschaft beschlagnahmt – genauso wie über 1000 weitere Kunstwerke. Bei hunderten Werken vermuten die Ermittler, dass es sich um Nazi-Raubkunst handelt. Die Strafverfolger vermuten, dass Gurlitt gewerbsmäßig Raubkunst-Gemälde verkauft und das Geld versteckt hat. Derzeit hat die Staatsanwaltschaft das letzte Wort, wenn es um die Rückgabe von Kunstwerken an ihre rechtmäßigen Besitzer geht.

Für die Rosenbergs sieht es aber gut aus: „Die Staatsanwaltschaft wird, wenn eine entsprechende Vereinbarung vorgelegt wird, und der Betreuer des Beschuldigten mitteilt, dass aufgrund dessen das Bild herausgegeben werden darf, dies gerne tun“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Nach Angaben von Gurlitts Sprecher Stephan Holzinger soll die Vereinbarung zwischen Gurlitt und den Enkelinnen Marianne Rosenberg und Anne Sinclair, voraussichtlich in der kommenden Woche unterzeichnet werden.

Mehr zum Thema
Unsere Partner
Anzeige
remind.me
Jetziges Strom-/Gaspreistief nutzen, bevor die Preise wieder steigen
Anzeige
Homeday
Immobilienbewertung von Homeday - kostenlos, unverbindlich & schnell
Anzeige
IT Boltwise
Fachmagazin in Deutschland mit Fokus auf Künstliche Intelligenz und Robotik
Anzeige
Presseportal
Direkt hier lesen!
Anzeige
STELLENMARKT
Mit unserem Karriere-Portal den Traumjob finden
Anzeige
Expertentesten.de
Produktvergleich - schnell zum besten Produkt