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Fondsgesellschaften DWS, Amundi, Invesco: ETF-Anbieter steuern auf eine Übernahmewelle zu

Der Kauf von Lyxor durch den Vermögensverwalter Amundi könnte erst der Anfang sein. Immer mehr Vermögensverwalter wollen auf Europas billionenschwerem ETF-Markt mitmischen.
18.05.2021 - 19:35 Uhr Kommentieren
Der französische Vermögensverwalter hat vor wenigen Wochen den Kauf von Lyxor Asset Management angekündigt. Es könnte der Startschuss einer neuen Konsolidierung werden. Quelle: Reuters
Amundi-Zentrale in Paris

Der französische Vermögensverwalter hat vor wenigen Wochen den Kauf von Lyxor Asset Management angekündigt. Es könnte der Startschuss einer neuen Konsolidierung werden.

(Foto: Reuters)

Frankfurt Yves Perrier hat es noch einmal allen gezeigt. Mit dem vor wenigen Wochen verkündeten Kauf von Lyxor steigt der Konzernchef des französischen Vermögensverwalters Amundi, der im Mai die Macht an seine Nachfolgerin Valérie Baudson abgibt, zum zweitgrößten ETF-Anbieter in Europa auf.

Doch längst sind es nicht die Franzosen allein, die ein Auge auf das vielleicht erfolgreichste Finanzmarktprodukt in diesem Jahrtausend, den Indexfonds, geworfen haben. Immer mehr Vermögensverwalter wollen auf dem rasant wachsenden Markt stärker mitmischen – und fassen dabei auch Aufkäufe ins Auge.

Fressen oder gefressen werden: Der Lyxor-Deal ist möglicherweise erst der Anfang. „Es können weitere Deals folgen, denn nach dem Pandemie-Börsenschock im März letzten Jahres wurden Pläne aufgeschoben, es gab einen Stau, das normalisiert sich jetzt“, sagt Detlef Glow, Analyst bei der Fonds-Datenbank Refinitiv Lipper. In Europa werden auf dem Markt für „Exchange Traded Funds“, den börsengehandelten Indexfonds, kurz ETF, inzwischen fast alle wichtigeren Anbieter als potenzielle Käufer oder Verkäufer gehandelt.

So blickt sich auch die Deutsche-Bank-Tochter DWS nach Übernahmezielen um. DWS-Chef Asoka Wöhrmann plant zwar keinen Zukauf eines reinen ETF-Anbieters. Er möchte allerdings einen passenden Vermögensverwalter kaufen. „Wir schauen uns aktiv um“, sprach Wöhrmann bei der Präsentation der Quartalszahlen Ende April seine Absichten offen aus. Denn der Amundi-Deal erhöht den Druck auch auf die Frankfurter.

Ihr Marktanteil ist auf momentan auf zwölf Prozent gefallen. Das sei auch ein Effekt des aufwendigen Umbaus der eigenen Produktpalette vor einigen Jahren, erklärt Simon Klein vom Deutsche-Bank-Fondshaus. Er sieht durch den geplanten Amundi-Deal aber keinen Konkurrenznachteil. „Wir wollen stark zulegen und den zweiten Platz halten“, erklärt er.

Bereits vor mehr als zwei Jahren hatten Vertreter von DWS und UBS, ebenfalls im Indexfondsgeschäft aktiv, über einen Zusammenschluss ihres Fondsgeschäfts nachgedacht – eine Einigung kam allerdings nicht zustande. Doch auf Dauer zählt in dem margenschwachen Geschäft vor allem Größe, das wissen auch die Geldprofis.

Anleger reizen geringe Gebühren

Der Reiz des Geschäfts aus Anbietersicht liegt dabei vor allem im rasanten Wachstum. Und das dürfte laut Experten anhalten. „In fünf Jahren könnte sich der europäische Markt mehr als verdoppeln, dann über 2,5 Billionen Euro erreichen“, glaubt Deborah Fuhr, Gründerin des ETF-Analysehauses ETFGI. Der ETF-Markt startete in Europa erst Anfang des Jahrtausends.

Inzwischen verwalten 45 Häuser in ihren Fonds rund 1,1 Billionen Euro an Kapital. Das meiste Geld steckt in Produkten auf populäre Aktienindizes wie dem MSCI Welt, S&P 500 oder Euro Stoxx 50.

Ein anhaltender Boom würde den Aufschwung des europäischen Marktes fortschreiben. Die Zahlen belegen: Während sich der gesamte europäische Fondsmarkt in zehn Jahren etwas mehr als verdoppelte und momentan 13,7 Billionen Euro erreicht, hat sich das darin enthaltene ETF-Vermögen in der gleichen Zeit verfünffacht.

Den größten Reiz für Anleger bieten dabei die geringen Gebühren, gerade in Niedrigzinszeiten. Das belegt erneut eine globale Umfrage der Datenbank Track Insight unter Investoren.

Während etwa aktiv verwaltete Aktienfonds für Privatkunden häufig Jahresgebühren bis zu zwei Prozent verlangen, erreichen ETFs für populäre Indizes wie einen MSCI Welt häufig nur ein Zehntel dieser Belastung.

Außerdem sind die Fondsanteile an Börsen jederzeit zum fairen Wert handelbar. Der Kauf und Verkauf klassischer, nicht börsengehandelter Anteile ist umständlicher und zeitraubender. Darüber hinaus bauen viele Investoren ihre bestehenden Depots um: Laut der Track-Insight-Umfrage ersetzen viele Anleger aktiv verwaltete Produkte durch die Billigheimer.

Vermögensverwalter können bei solchen Offerten zwar Kosten sparen, weil sie keine Fondsmanager und kein Research bezahlen müssen. Doch die Einnahmen sind auf diesem Feld so gering, dass Asset-Manager sehr viel Kapital einsammeln müssen, um profitabel zu sein. Das erklärt die vielen Aufkäufe der vergangenen zwei Dekaden. Nun könnte eine neue Konsolidierungswelle folgen, weil einige Marktteilnehmer stärker als bisher beim Boom mitmachen möchten.

Grafik

Blackrock bleibt der Platzhirsch

Blackrock hat unter den großen Vermögensverwaltern schon heute eine beherrschende Stellung. Die Nummer eins weltweit führt auch bei den ETF, erreicht in Europa mit 494 Milliarden Euro einen Marktanteil von praktisch uneinholbaren 45 Prozent (siehe Grafik).

Amundi würde mit 154,9 Milliarden Euro von Platz vier auf Rang zwei nach vorn springen, sollte der Lyxor-Deal klappen. Es ist in gewisser Weise eine Anschlusstransaktion: Lyxor seinerseits hatte erst vor drei Jahren das ETF-Geschäft der Commerzbank erworben. Matthieu Guignard von Amundi unterstreicht die Ambitionen des eigenen Hauses: „Wir sind schon in den vergangenen Jahren stärker als der Gesamtmarkt gewachsen, und wir wollen dieses Wachstum noch beschleunigen.“

Doch nicht nur Amundi und die DWS sehen sich um. In Branchenkreisen werden praktisch alle weiteren Anbieter auf den folgenden Plätzen ebenfalls mit Akquisitionsplänen in Zusammenhang gebracht. So hatte das „Wall Street Journal“ schon im Dezember über Gespräche zwischen Vertretern der UBS und der großen US-Bank State Street über eine Fusion ihrer Asset-Management-Einheiten berichtet. Ende vergangenen Jahres gab es weitere Spekulationen, nach denen auch der US-Verwalter Invesco an State Street Global Advisors interessiert sei.

SSGA gibt sich bedeckt

Vertreter von State Street Global Advisors wollen die Gerüchte nicht kommentieren. SSGA ist weltweit der drittgrößte Vermögensverwalter und schon deshalb ein interessantes Haus, weil es auf dem US-Markt den größten ETF überhaupt betreut: ein Produkt auf den S&P 500 mit einem Kapital von über 300 Milliarden Dollar. Die Gesellschaft ist auch in Europa gewachsen, liegt knapp hinter der viertplatzierten Vanguard. Vanguard ist weltweit der zweitgrößte Vermögensverwalter. Zum Thema Aufkäufe wollen sich Repräsentanten des Hauses nicht äußern.

Vanguard gilt auf dem europäischen ETF-Markt als Spätstarter, hat sich aber schnell etabliert. „Er hat einen starken Markennamen, gerade in den USA, gilt als kostengünstiger Anbieter, baut seinen Vertrieb hier weiter auf – und könnte in Europa vielleicht die UBS vom vierten Platz verdrängen“, meint Michael Wimmer von Fonds Consult in München. Das würde Dag Rodewald, ETF-Vertriebsmann bei UBS Asset Management, ungern sehen: „Wir möchten unseren vierten Rang halten.“ Mögliche künftige Aktivitäten der UBS auf dem Akquisitionsfeld will er nicht kommentieren.

Invesco gilt als Dauer-Aufkäufer

Ein interessanter Kandidat für das Transaktionskarussell scheint auch Invesco zu sein. Die US-Gesellschaft gilt nach mehreren Akquisitionen in den vergangenen Jahren als Dauer-Aufkäufer. Im europäischen ETF-Geschäft hält sie mit 32,2 Milliarden Euro momentan den siebten Rang, übernahm vor vier Jahren den Anbieter Source. Als ETF-Europachef plant Gary Buxton, das Geschäft mit neuen Produkten weiter auszubauen. „Wir wollen das Volumen bis Ende übernächsten Jahres auf über 80 Milliarden Euro steigern und damit mehr als verdoppeln“, setzt er das strategische Ziel.

Der anhaltende Boom des ETF-Geschäfts wird nach Ansicht der Experten auch vom weiter steigenden Interesse der Privatanleger getrieben. „Das ETF-Geschäft bei Onlinebanken hat sich in der Pandemie beschleunigt – das ist mehr als nur ein Lockdown-Effekt“, meint Blackrock-Manager Peter Scharl.

Markus Jordan vom Onlineportal ExtraETF sammelt Daten von 15 deutschen Direktbanken und Onlinebrokern: Die Zahl der ETF-Sparpläne wuchs in der jüngeren Vergangenheit um mehr als ein Drittel jährlich auf momentan über zwei Millionen. Sie soll der Schätzung nach in fünf Jahren die Marke von neun Millionen knacken, mit einem dann jährlichen ETF-Sparplanvolumen von knapp 16 Milliarden Euro. Analystin Fuhr bestätigt den Trend aus ihrer globalen Perspektive: „Es gibt viele neue Anleger, die sind jünger, nutzen Onlineplattformen – das sieht man weltweit.“

Nachhaltigkeit treibt das Wachstum

Als Wachstumstreiber sehen viele Vermögensverwalter auch den Trend zum nachhaltigen Investieren. Die Anbieter von entsprechend ausgerichteten Indexfonds machen hier viele neue Angebote. Nach Daten von Lyxor flossen im ersten Quartal 28,6 Milliarden Euro netto in nachhaltige ETF. Das ist nicht nur viermal so viel wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Die Netto-Anlagen machen auch über die Hälfte der gesamten ETF-Käufe aus. Scharl von Blackrock bestätigt, wie dominant der Trend ist: „Es gibt praktisch kein anderes Thema mehr.“ Für Amundi-Mann Guignard scheint klar: „Nachhaltigkeit wird der neue Standard für unsere Kunden sein.“

Es ist durchaus denkbar, dass der europäische ETF-Markt weiter zusätzlich aus dem Ausland angeheizt wird. Einige hier aufgelegte Produkte sind auch in asiatischen und lateinamerikanischen Ländern für dort ansässige Investoren zugelassen.

Der Grund: Die europäische Regulierung genießt dort hohes Ansehen; außerdem sind die Angebote im Vergleich zu denen am sehr viel größeren ETF-Markt in den USA steuerlich interessanter. Zwar ist der Anteil ausländischer Investoren am Kapital der in Europa aufgelegten Produkte unklar. Doch Fuhr schätzt ihn auf über 100 Milliarden Euro. „Nachhaltigkeit ist in Europa populärer als anderswo, deshalb könnten auch diese Produkte gut ankommen“, vermutet die Analystin.

Risiken rücken in den Hintergrund

Bei so viel positiven Ausblicken bleibt die Frage nach den Risiken. Die Angst vor fragilen Finanzmärkten durch steigende Anteile passiver Investments ist etwas in den Hintergrund gerückt. Ein Grund liegt im Überwinden des extremen Börseneinbruchs im vergangenen März, als Aktien teilweise nicht mehr handelbar und insbesondere manche Anleihemärkte völlig ausgetrocknet waren.

Die ETF kamen glimpflich durch das Beben. „Jetzt haben wir wohl den größten denkbaren Stress erlebt – und wir haben den Test bestanden“, resümierte damals Blackrocks ETF-Chef Salim Ramji gegenüber dem Handelsblatt.

Daher schauen die Protagonisten optimistisch nach vorn. Am europäischen Fondsmarkt haben die passiven Produkte, inklusive der nicht börsengehandelten Indexfonds, laut Refinitiv Lipper derzeit einen Anteil von rund einem Viertel. Analyst Glow bleibt gelassen: „Die Branche dürfte ihren Anteil weiter deutlich ausbauen.“ Analystin Fuhr sieht das ähnlich: „Der Markt ist noch in einem frühen Stadium.“

Anlegern kann die Entwicklung nur entgegenkommen. Eine Konsolidierung unter den Unternehmen verkleinert zwar die Auswahl an ETF-Anbietern. Der wachsende Konkurrenzkampf um Größenvorteile sorgt jedoch für weiter hohen Druck auf die Gebühren – und bewahrt so weiter den wichtigsten Vorteil der passiven Produkte.

Mehr: Das Sparen mit günstigen Produkten hat seine Vorteile

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