Dax-Umfrage Anleger sind bereit für eine Jahresendrally – doch noch müssen Investoren mit Ausverkäufen rechnen

Die aktuelle Konsolidierung am Aktienmarkt hatte sich lange angekündigt.
Düsseldorf War der Ausverkauf am vergangenen Montag ein sogenanntes „reinigendes Gewitter“, das den Weg für wieder höhere Kurse geebnet hat? Wohl eher nicht. Denn für den Sentimentexperten Stephan Heibel steht nach Auswertung der Handelsblatt-Umfrage Dax-Sentiment und weiterer Indikatoren fest: „Anleger sollten weiterhin vorsichtig bleiben.“
Auch der Ausverkauf vor einer Woche, als der Dax kurzzeitig unter die Marke von 15.000 Punkten abrutschte, hat nicht zu Panik unter den Anlegern geführt. Für den Sentimentexperten ist deswegen weiterhin fraglich, ob bereits alle „schwachen“ Hände aus dem Markt geschüttelt wurden.
Panik gilt laut Sentimentanalyse als Kontraindikator, weil dann vereinfacht viele Anleger verkauft haben und anschließend wenige Käufe ausreichen, um die Notierungen wieder nach oben zu treiben. Doch der aktuellen Umfrage zufolge hat sich die Stimmung nach dem Ausverkauf am Montag wieder verbessert.
Was ebenfalls für bald wieder schwächere Kurse spricht: Zwei Probleme für den Aktienmarkt sind nicht gelöst. Zum einen hohe Energiepreise in Europa, die auch steigende Inflation bedeuten dürften. Zum anderen wieder höhere Corona-Infektionsraten in einigen Teilen der Welt, die für Probleme in den Lieferketten sorgen.
Außerdem stehen Quartalszahlen an. Am Mittwoch machen die Finanzriesen Blackrock und JP Morgan Chase den Anfang. „Eine ganze Reihe von Unternehmen wird ihren Ausblick vorsichtig formulieren, solange die beiden genannten Probleme keine Entspannung zeigen“, vermutet Heibel, Inhaber des Analysehauses AnimusX. Er erwartet deshalb von der Berichtssaison keine neuen Impulse für eine Wiederaufnahme der Rally.
Das Dax-Sentiment bietet auch positive Nachrichten
Sollten Anleger angesichts der negativen Vorzeichen alle Aktien verkaufen? „Nein“, meint Heibel. „Wer sich derzeit vollständig aus dem Markt zurückzieht, läuft Gefahr, eine irgendwann anlaufende Rally zu verpassen.“
Denn das Dax-Sentiment bietet auch positive Nachrichten. Beispielsweise ist seit mehreren Wochen der Zukunftsoptimismus der Anleger hoch. Offenbar erwarten viele eine Jahresendrally. Gepaart mit einer hohen Investitionsbereitschaft ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass weitere Ausverkäufe frühzeitig gestoppt werden können. Dieses Szenario herrschte bereits in der vergangenen Woche vor, der Rutsch unter die Marke von 15.000 Zählern dauerte nur ein paar Stunden.
Auch der fünfwöchige Sentimentindikator (siehe Grafik) ist mittlerweile deutlich ins Minus gerutscht. Daraus lässt sich ableiten, dass die derzeitige Konsolidierung nicht erst am Anfang steht, sondern bereits seit mehreren Wochen läuft. Die Grafik zeigt auch: Größere Trendwenden wurden immer durch einen extremen Negativwert eingeleitet. Beispielsweise das Ende des Corona-Crashs Ende März 2020 oder das Ende des miserablen Börsenjahres 2018 mit einem Minus von mehr als 18 Prozent für den Leitindex. Im Jahr 2019 stieg anschließend der Dax um mehr als 25 Prozent.
In der jetzigen Situation muss dieser Indikator nicht auf einen Extremwert fallen, um beispielsweise eine Jahresendrally einzuläuten. Auch zum Startschuss der sogenannten Impfstoffrally Anfang November des vergangenen Jahres, als der Dax von 11.450 Punkten auf 16.030 Zähler kletterte, zeigte dieser Kontraindikator keinen Extremwert. Die positive Nachricht: Von einem Wert wie im November 2020 ist das fünfwöchige Sentiment nicht mehr weit entfernt.
Aktuelle Umfragedaten
Trotz des Ausverkaufs am vergangenen Montag lag der deutsche Leitindex auf Wochensicht sogar 50 Punkte im Plus. So hat sich das Anlegersentiment wieder erholt: Nach einem extremen Stimmungseinbruch auf minus 4,7 vor einer Woche stieg der Indikator wieder auf einen Wert von minus 1,7 an. Auch die hohe Verunsicherung aus der Vorwoche mit einem Wert von minus 4,4 ist nahezu verflogen, der Indikator ist auf minus 1,3 gestiegen.
Der ohnehin hohe Optimismus für die Dax-Entwicklung in drei Monaten hat nochmals zulegen können, inzwischen zeigt der Wert mit 5,1 bereits seit drei Wochen in Folge eine extrem optimistische Zukunftserwartung an. Sogar die Investitionsbereitschaft zieht an, der Wert stieg auf 3,4. So hoch war die Kauffreude zuletzt im November des Vorjahres.
Das Euwax-Sentiment der Börse Stuttgart, an der Privatanleger handeln, ist auf einen Wert von zwei zurückgekommen und zeigt eine neutrale Verfassung an. In den Depots der Privaten überwiegen weder Call- noch Put-Produkte in größerem Maße.
Jenseits des Atlantiks ist das Put/Call-Verhältnis an der Chicagoer Terminbörse CBOE auf 0,5 angestiegen und zeigt einen Rückgang der Long-Spekulationen an. Die Investitionsquote der US-Fondsmanager ist leicht auf 69 Prozent angestiegen.
Das Bulle/Bär-Verhältnis der US-Privatanleger zeigt mit einem Wert von minus elf Prozent eine Dominanz der Bären an. Doch der Wert täuscht darüber hinweg, dass sowohl viele Bullen als auch viele Bären ihre jeweiligen Lager verlassen haben: 38 Prozent aller Anleger sind derzeit neutral gestimmt. Der anhand technischer Marktdaten berechnete „Angst-und-Gier-Indikator“ der US-Märkte zeigt mit einem Wert von 32 Prozent nur leichte Angst an.
Hinter Erhebungen wie dem Dax-Sentiment mit mehr als 6000 Teilnehmern stehen zwei Annahmen: Wenn viele Anleger optimistisch sind, haben sie bereits investiert. Dann bleiben nur wenige übrig, die noch kaufen und damit die Kurse in die Höhe treiben könnten. Umgekehrt gilt: Wenn die Anleger pessimistisch sind, haben sie mehrheitlich nicht investiert. Dann können nur noch wenige verkaufen und damit die Kurse drücken.
Sie wollen an der Umfrage teilnehmen? Dann lassen Sie sich automatisch über den Start der Sentiment-Umfrage informieren, und melden Sie sich für den Dax-Sentiment-Newsletter an. Die Umfrage startet jeden Freitagmorgen und endet Sonntagmittag.
Mehr: Wie Anleger mit pseudogrünen Investments hintergangen werden.
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