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Banken Großaktionär Cerberus attackiert Commerzbank

Der Finanzinvestor fordert zwei Sitze im Aufsichtsrat und droht mit einer Aktionärsrevolte. In der Bank sorgt besonders der Zeitpunkt des Vorstoßes für Unverständnis.
10.06.2020 Update: 10.06.2020 - 14:16 Uhr 1 Kommentar
Das Fenster für die Umstrukturierung der Bank schließe sich, so der Aktionär Cerberus. Quelle: dpa
Commerzbank

Das Fenster für die Umstrukturierung der Bank schließe sich, so der Aktionär Cerberus.

(Foto: dpa)

Frankfurt Der Großaktionär Cerberus hat den Kurs der Commerzbank scharf kritisiert und offen mit einer Aktionärsrevolte gedroht. Zudem fordern die Amerikaner in einem Brief an Chefkontrolleuer Stefan Schmittmann zwei Sitze im Aufsichtsrat des Frankfurter Geldhauses.

„Die Commerzbank befindet sich in einer außerordentlich schwierigen und verletzlichen Position“, heißt es in dem fünfseitigen Brief, der dem Handelsblatt vorliegt. Aufgrund seiner geringen Profitabilität befinde sich das Institut in der Coronakrise in einer „bedenklichen Situation“.

„Das Management und die Aufsichtsräte haben es versäumt, signifikante operationelle und technologische Initiativen zu ergreifen“, kritisiert Cerberus. Die Amerikaner hätten in über 70 Treffen mit Schmittmann, dessen Vorgänger Klaus-Peter Müller, Vorstandschef Martin Zielke und anderen Managern viele Vorschläge unterbreitet, um einen Mehrwert für alle Beteiligten zu schaffen. Diese seien jedoch nicht aufgegriffen worden.

Der Finanzinvestor sei „beunruhigt über die Weigerung des Vorstands und der Aufsichtsräte, den Ernst der Lage zur Kenntnis zu nehmen“ und angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um gegenzusteuern, heißt es in dem Schreiben, über das zuerst die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet hatte.

Das Institut habe sich zu lange auf unprofitables Wachstum fokussiert und die Kosten nicht entschieden genug gedrückt, erklärte der Finanzinvestor, der gut fünf Prozent an der Commerzbank hält. Eine große Mitschuld daran trage der Aufsichtsrat, der die letzten beiden Strategiepläne abgesegnet habe.

Cerberus mahnt deshalb in einem ersten Schritt Veränderungen im Kontrollgremium an. „Wir fordern den Nominierungsausschuss und den Aufsichtsrat auf, es in Betracht zu ziehen, gerichtlich zwei neue, hochqualifizierte Personen nominieren zu lassen, die wir auswählen.“ Der Finanzinvestor hat das Schreiben am 9. Juni verschickt und verlangt von der Commerzbank eine Antwort bis zum 12. Juni.

Cerberus habe eine „starke Präferenz“, mit der Bank konstruktiv zusammenzuarbeiten, erklären die Amerikaner am Ende des Schreibens. Doch dann folgt eine unverhohlene Drohung, notfalls auch mithilfe anderer Aktionäre den Druck zu erhöhen. „Wir sind nicht länger bereit, untätig dazusitzen, während das Unternehmen seinen verbliebenen Wert verschleudert“, schreibt Cerberus. „Wir vermuten, dass auch andere Aktionäre Anstrengungen unterstützen würden, signifikante Veränderungen im Aufsichtsrat, im Vorstand und am strategischen Plan des Unternehmens herbeizuführen.“

Unverständnis bei der Commerzbank

Die Commerzbank bestätigte den Eingang des Schreibens und betonte, den seit mehreren Jahren bestehenden Austausch „selbstverständlich in einem angemessenen Rahmen“ fortzuführen. Das Institut mache bei der Umsetzung seiner Strategie „Commerzbank 5.0“ gute Fortschritte. Zudem arbeite die Bank an einer Weiterentwicklung der Strategie.

„Den Gremien der Bank ist bewusst, dass die Wertentwicklung am Kapitalmarkt, in der sich vielfältige Einflüsse niederschlagen, nicht zufriedenstellend ist“, erklärte das Geldhaus. „Meinungsäußerungen von Aktionären – auch kritischer Art – nimmt die Bank sorgfältig auf und wird diese auch künftig in interne Erörterungen und in den Dialog mit ihren Eigentümern einfließen lassen.“

Innerhalb der Commerzbank kam das Schreiben von Cerberus und insbesondere der Zeitpunkt des Vorstoßes bei vielen Beteiligten jedoch nicht gut an. Dass der Finanzinvestor gerade in der Coronakrise den Druck erhöhe, in der Liquiditätshilfen für in Bedrängnis geratene Firmenkunden oberste Priorität hätten, sei unangemessen. Zudem arbeite die Bank bereits an einer Verschärfung ihres Sparkurses.

Finanzchefin Bettina Orlopp hat angekündigt, Details dazu bei der Vorlage der Halbjahreszahlen am 5. August bekanntzugeben. Innerhalb der Bank gehen viele davon aus, dass das Institut mehr Filialen schließen wird als bisher angekündigt. Insgesamt wird Finanzkreisen zufolge über zusätzliche Einsparungen in einer Größenordnung von rund 500 Millionen Euro diskutiert.

Damit würde die Bank ihre im September 2019 vorgelegte Strategie „Commerzbank 5.0“ deutlich verschärfen. Sie sah vor, die Kosten bis 2023 um 600 Millionen Euro auf unter 6,3 Milliarden Euro zu drücken. In drei Jahren peilte das Institut damit ursprünglich eine Eigenkapitalrendite von über vier Prozent an.

Viele Investoren und auch die Finanzaufsicht haben diese Ziele jedoch als wenig ambitioniert kritisiert. Die Bank erklärte daraufhin im Februar, dass sie im Rahmen der überarbeiteten Strategie eine höhere Eigenkapitalrendite anpeilt. Fondsmanager Andreas Thomae von der Deka fordert mindestens sechs Prozent.

Aktuell ist das Geldhaus, das in diesem Jahr seinen 150. Geburtstag feiert, von solchen Werten weit entfernt. Im ersten Quartal machte die Bank wegen einer steigenden Risikovorsorge für ausfallgefährdete Kredite einen Verlust von 295 Millionen Euro. Auch im Gesamtjahr könnte die zweitgrößte deutsche Privatbank erstmals seit 2012 wieder rote Zahlen schreiben. Das ursprüngliche Ziel, 2020 einen Gewinn auszuweisen, sei angesichts der Coronakrise „sehr ambitioniert“, warnte die Bank.

Streit um Beratertätigkeit

Das Schreiben von Cerberus dürfte am Mittwoch auch Thema auf einer Aufsichtsratssitzung der Commerzbank sein. Dass es dort zu weitreichenden Entscheidungen kommt, glauben mit dem Thema vertraute Personen allerdings nichts.

Einige sehen im Brief von Cerberus eine Retourkutsche dafür, dass sich die Commerzbank geweigert hat, den Finanzinvestor auch als Berater anzuheuern. Bei den Gelben sah man darin einen Interessenkonflikt. Beim Nachbarn Deutsche Bank, an der Cerberus mit mehr als drei Prozent beteiligt ist, erhielten die Amerikaner über die Cerberus Operations Advisory Company (COAC) dagegen Mitte 2018 einen Beratervertrag. In ihrem Brief an die Commerzbank erneuert Cerberus sein Angebot, mit der COAC zusammenzuarbeiten.

Für Irritation sorgt bei der Commerzbank, dass sich Cerberus nicht vor der Hauptversammlung am 13. Mai mit dem Wunsch nach Aufsichtsratsmandaten an das Institut gewendet hat, sondern erst gut einen Monat danach.

Manche halten die Forderung nach zwei Aufsichtsratsmitgliedern zudem für unangemessen. Die Bundesregierung, die nach der staatlichen Rettung in der Finanzkrise noch gut 15 Prozent an der Bank hält, stellt schließlich auch nur zwei Mitglieder des Kontrollgremiums.

Neben Cerberus sind an der Commerzbank unter anderem die Fondsgesellschaft Blackrock mit gut drei Prozent sowie die Investmentgesellschaft Capital Group mit mehr als fünf Prozent beteiligt. Beide haben bisher keine Vertreter im Aufsichtsrat.

Volker Brühl, Geschäftsführer des Center for Financial Studies der Frankfurter Goethe-Universität, hält die Forderungen von Cerberus für „überzogen und unangemessen“. Cerberus bestimme nicht die Strategie, das sei Aufgabe des Vorstands. „Ein derart aggressiver Investor sollte im Aufsichtsrat nicht vertreten sein“, schrieb Brühl auf Twitter. „Das schadet langfristig der Wertsteigerung.“

Das Schreiben von Cerberus zeigt, wie groß der Frust der Amerikaner über ihr Engagement bei der Commerzbank ist. Der nach dem dreiköpfigen Höllenhund aus der griechischen Mythologie benannte Finanzinvestor war im Sommer 2017 bei der Commerzbank eingestiegen. Die Aktien des Instituts haben seitdem deutlich an Wert verloren. Im vergangenen Jahr platzte zudem die Fusion mit der Deutsche Bank, die Cerberus unterstützte.

Mit seiner Kritik steht Cerberus allerdings keineswegs allein da. Die EZB-Bankenaufsicht hatte die geringe Profitabilität und die wenig ambitionierten Ziele der Commerzbank bei einer Aufsichtsratssitzung im Dezember 2019 mit ungewohnt deutlichen Worten kritisiert und Nachbesserungen gefordert. Auch in Berlin sind viele unzufrieden mit der Entwicklung des Instituts. Die Finanzagentur, die die Beteiligung für den Bund verwaltet, hat die Commerzbank deshalb von der Beratungsgesellschaft BCG durchleuchten lassen.

BCG hat Insidern zufolge mehrere Szenarien durchgespielt, welche zusätzlichen Sparmaßnahmen bei der Commerzbank möglich wären. Darüber hinaus hat die Bank selbst mit Bain und McKinsey zwei Berater an Bord, um sich bei der Überarbeitung ihrer Strategie unterstützen zu lassen. Auf Cerberus setzt sie dabei bisher jedoch ganz bewusst nicht.

Mehr: Aktivistische Investoren können nach dem Kursrutsch an den Aktienbörsen bei Konzernen günstig einsteigen. Deutschland bietet besonders viele Ziele.

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1 Kommentar zu "Banken: Großaktionär Cerberus attackiert Commerzbank"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • „Meinungsäußerungen von Aktionären – auch kritischer Art – nimmt die Bank sorgfältig auf und wird diese auch künftig in interne Erörterungen und in den Dialog mit ihren Eigentümern einfließen lassen.“

    Ein Witz... oder ? Hauptsache die Boni stimmen.Selbstbedienungscharakter bei gleichzeitigen Versagen. Und bei der CoBa stimmt das Verhältnis Aktionärswert und Vorstandsvergütung eben nicht.

    Siehe misslungener Verkauf der MBank.Die Perle Comdirect wird im Sumpf ders "Beamtentums" der CoBa leider versinken.

    Zwanzig verschenkte Jahre auf Kosten der Aktionäre.Herr Zielke gehört dem AltMüllerzirkel an.
    Ein schneller Wechsel tut Not.

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