Geldpolitik Inflation: EZB-Chefvolkswirt Lane sieht keinen Grund zum Handeln – Ratsmitglied Knot warnt vor Risiken

Der Chefvolkswirt der EZB erkennt noch keinen „Auslöser für geldpolitisches Handeln“.
Amsterdam Der aktuelle Inflationsschub im Euro-Raum zwingt die Europäische Zentralbank (EZB) aus Sicht ihres Chefvolkswirts Philip Lane nicht zum handeln. Bei den Dienstleistungen sei der Preisanstieg schwach, gleiches gelte auch für das Wachstum der Löhne, sagte Lane am Montag bei einem Auftritt auf einer Veranstaltung des Institutes of International Finance (IIF).
„Der Auslöser für geldpolitisches Handeln ist nicht vorhanden“, sagte der Ökonom. Damit der Anstieg der Preise dauerhaft sei, müsse er sich erst von den Güterpreisen auf die Dienstleistungen und die Löhne hin ausbreiten. Daher sei es schwierig dafür zu argumentieren, dass der Anstieg nachhaltig sei.
Die Inflation im Euroraum war im September mit 3,4 Prozent so hoch ausgefallen wie seit 13 Jahren nicht mehr. Ein Großteil des derzeitigen Preisauftriebs ist nach Ansicht der EZB aber nur vorübergehend und durch die Folgen der Coronakrise bedingt. Die EZB strebt mittelfristig zwei Prozent Inflation an. Bislang geht die Notenbank davon aus, dass die Teuerung 2022 wieder unter der Zielmarke liegen wird.
Lane hatte zuvor in einer Eröffnungsrede zu einer Konferenz die Justierung der Anleihenkäufe als ein wichtiges Werkzeug bezeichnet, um die Inflation in Richtung ihrer Zielmarke zu bewegen. Neben dem Zinsausblick könne die Geldpolitik dadurch hinreichend konjunkturstützend gehalten werden.
So werde sichergestellt, dass das mittelfristige Inflationsziel erreicht werde. Lane zufolge könnten mit der Kalibrierung die Kreditkosten in der Euro-Zone niedrig gehalten werden. Die Justierung spiele eine wichtige Rolle für die Festlegung der längerfristigen Anleiherenditen, sagte er.
Knot erkennt „gegenwärtigen Risikoappetit an den Börsen“
EZB-Ratsmitglied Klaas Knot hingegen hat Investoren an den Finanzmärkten vor den Gefahren einer hohen Inflation gewarnt. Es gelte sich dieser Risiken bewusst zu sein, um plötzliche Korrekturen zu vermeiden, sagte der Notenbankchef der Niederlande am Montag.
„Der gegenwärtige Risikoappetit an den Börsen kann nur mit einer niedrigen Inflation und niedrigen Zinsen beibehalten werden“, erläuterte Knot. Er rechne zwar immer noch damit, dass der derzeitige Inflationsanstieg größtenteils vorübergehend sei. Aber es müssten auch andere Szenarios betrachtet werden. Ansonsten könne das in Zukunft zu schockartigen Kursrückgängen führen.
Knot zufolge könnte es allerdings auch sein, dass sich die globalen Lieferengpässe in einem gewissen Ausmaß nicht nur als vorübergehendes Phänomen erweisen. „Sie könnten durch eine Neujustierung des internationalen Handels verursacht sein“, sagte der Notenbanker mit Blick auf sich verändernde Lieferketten.
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