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BundestagswahlSteuerpolitisches Nichtstun ist keine Option mehr

Immer weniger Investitionen fließen nach Deutschland. Der Standort muss vor allem steuerlich dringend attraktiver werden, wenn sich das ändern soll, schreibt Lars Feld. 03.02.2025 - 13:47 Uhr Artikel anhören
Der Autor: Lars Feld ist Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg und Direktor des dort ansässigen Walter Eucken Instituts. Foto: Handelsblatt

Unternehmen investieren kaum mehr in Deutschland. Dies trifft auf international tätige Konzerne wie auf Mittelständler zu. Ausländische Direktinvestitionen in Deutschland fallen relativ gering aus. Wer von den einheimischen Unternehmen Erweiterungsinvestitionen vornimmt, tätigt diese lieber im Ausland. Es werden sogar bestehende Industrieanlagen in Deutschland abgebaut und im Ausland wieder aufgebaut.

Zielländer für Investitionen deutscher Unternehmen befinden sich in Europa, aber auch außerhalb der EU. Manche Unternehmen investieren in Asien, wobei China aufgrund der geostrategischen Rivalitäten an Attraktivität verliert. Vor allem investieren deutsche Unternehmen in den USA, die als Zielland für Investitionen besonders attraktiv sind, weil Arbeits- und Energiekosten, die Steuerbelastung und Regulierungskosten dort deutlich niedriger sind als in Deutschland.

Die steuerliche Attraktivität der USA geht auf den Tax Cuts and Jobs Act (TCJA) aus Trumps erster Amtszeit zurück. Olaf Scholz wies als damaliger Bundesfinanzminister eine Reduktion der Unternehmensteuerbelastung als Antwort auf den TCJA trotz der Empfehlungen seines Wissenschaftlichen Beirats zurück. Dies war ein Fehler.

Warum Deutschland so unattraktiv ist

Die deutsche tarifliche Steuerbelastung für Kapitalgesellschaften liegt, zusammen mit der japanischen, an der Spitze der G7-Staaten, die effektive Belastung zumindest in der Spitzengruppe der OECD-Länder. Bei der Einkommensteuer, welche die Gewinne von Personengesellschaften, Einzelunternehmern und Selbstständigen belastet, sieht es nicht besser aus. Und die USA schicken sich an, die Körperschaftsteuer auf 15 Prozent, also rund die Hälfte der deutschen Belastung, zu senken.

Steuerpolitisches Nichtstun ist daher keine Option mehr. Gleichwohl stellt sich die Frage nach den richtigen Maßnahmen. Während CDU/CSU und FDP im aktuellen Wahlkampf für allgemeine Steuersenkungen werben, wollen SPD und Grüne eine Investitionsprämie für im Inland getätigte Investitionen einführen. Beides führt zu einer Reduktion der effektiven Steuerbelastung. Sinken die Sätze, reduziert sich die Belastung der Unternehmen, egal, ob diese ihre geringere Steuerbelastung dazu nutzen, hierzulande zu investieren oder nicht. Eine Investitionsprämie wirkt wie eine Sonderabschreibung, mit dem Unterschied, dass zudem Unternehmen mit Verlusten in den Genuss dieser Prämie kommen sollen.

Welche Steuerreformen jetzt helfen würden

Eine allgemeine Steuersatzsenkung kann bei entsprechender Gegenfinanzierung durch eine Reduktion der Ausgaben oder eine Streichung von Steuervergünstigungen von den Unternehmen als dauerhaft betrachtet werden. Sie werden ihre in aller Regel langfristigen Investitionspläne daran ausrichten. Investitionsprojekte, die zuvor eine zu geringe Rendite vor Steuern und Abschreibungen erzielten, um diese Steuerbelastung noch zu erwirtschaften, lohnen sich nun.

Dies gilt im Grundsatz bei einer Investitionsprämie genauso; allerdings ist unklar, wie lange diese gewährt werden soll. Während die SPD in ihrem Wahlprogramm keine Befristung nennt, fordern die Grünen eine Investitionsprämie von zehn Prozent für fünf Jahre. Dies würde die Investitionstätigkeit kaum stärken, sondern aufgrund des temporären Charakters nur zu Vorzieheffekten führen.

Gastkommentar

Konsumgutscheine wie in den USA helfen nicht weiter

Für diese Legislaturperiode war schon eine Investitionsprämie für Investitionen in den Klimaschutz geplant. Begründet wurde diese Beschränkung mit den beihilferechtlichen Vorgaben der EU. Insbesondere die Auszahlung einer allgemeinen Prämie sogar an Unternehmen, die Verluste haben, dürfte erneut europarechtlich problematisch sein. Der DGB überbietet dies im Übrigen noch mit seiner Forderung, die Prämie nur an Unternehmen auszuzahlen, die einem Flächentarifvertrag unterworfen sind. Diese Beispiele illustrieren den Lenkungscharakter der Investitionsprämie.

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Es bleibt der Vorwurf fehlender Zielgenauigkeit bei allgemeinen Steuersenkungen. Die überwältigende Mehrheit der finanzwissenschaftlichen Literatur belegt das Gegenteil: Unternehmen investieren dort, wo ihre Steuerbelastung gering ist. Sinkt die Steuerbelastung um einen Prozentpunkt, erhöhen sich die Investitionen um gut zwei Prozent. Dies gilt für einheimische Unternehmen wie für ausländische Direktinvestitionen. Nicht zuletzt reduzieren niedrigere Steuerbelastungen den Anreiz, Gewinne ins Ausland zu verlagern, was einen unmittelbaren Gegenfinanzierungseffekt hat.

Im aktuellen Standortwettbewerb mit den USA scheint eine allgemeine Steuersenkung wegen ihrer erwarteten Dauerhaftigkeit und der nennenswerten Investitionseffekte somit günstiger.

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