Gastkommentar: Das neue Kaufprogramm der EZB ist toxisch für die Währungsunion

Lars Peter Feld (links) ist Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg und Leiter des Walter Eucken Instituts. Clemens Fuest (Mitte) ist Präsident des Ifo-Instituts. Volker Wieland (rechts) ist Geschäftsführender Direktor des Instituts für Währungs- und Finanzstabilität an der Goethe-Universität in Frankfurt.
Vor dem Hintergrund rasant steigender Inflation hat die EZB beschlossen, ihre Kaufprogramme für Staatsanleihen Ende Juni 2022 einzustellen und den Bestand an Wertpapieren vorerst nicht weiter zu steigern. Außerdem hat sie höhere Leitzinsen in Aussicht gestellt.
Schon seit Ende vergangenen Jahres sind die Kapitalmarktzinsen, darunter auch die Zinsen auf Staatsanleihen, stark gestiegen. Investoren wollen für die erwartete Inflation kompensiert werden und preisen die Straffung der Geldpolitik bereits ein.
Mit den steigenden Zinsen haben zugleich die Zinsdifferenzen innerhalb der Euro-Zone zugenommen. Insbesondere in Staaten mit höheren Staatsschuldenquoten und potenziell schlechteren Wachstumsaussichten sind die Zinsen stärker gestiegen.
Während in Deutschland die Renditen auf Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit seit Anfang Dezember 2021 bis zum 21. Juni 2022 beispielsweise von –0,33 Prozent auf 1,75 Prozent gestiegen sind, erhöhten sich die Renditen auf italienische Anleihen von 1,02 Prozent auf 4,27 Prozent. Die Renditendifferenz hat also innerhalb kurzer Frist um 1,17 Prozent zugenommen.
In den vergangenen Jahren hat die EZB mehr Anleihen aufgekauft, als von den Staaten der Euro-Zone neu begeben wurden; dadurch hat sie die erhebliche staatliche Neuverschuldung indirekt finanziert. Da die EZB nun nicht mehr in großem Stil zusätzliche Anleihen aufkaufen wird, besteht erhebliche Unsicherheit darüber, zu welchen Zinsen private Investoren bereit sein werden, die Staatsanleihen zu erwerben.





