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GastkommentarTrump unterminiert die Basis der Demokratie

Ein neues Amtsenthebungsverfahren gegen den scheidenden US-Präsidenten würde die Lebendigkeit demokratischer Abwehrkräfte beweisen.Peter Zolling 12.01.2021 - 08:53 Uhr Artikel anhören

„Wie der Rechtsextremist Hitler, attackiert und unterminiert auch der Rechtsextremist Trump mit Hilfe einer unablässig aufgepeitschten Massenbasis die Legitimität und die Grundlagen der parlamentarisch-demokratischen Ordnung.“

Foto: dpa

Am Mittag des 9. November 1923 marschierte eine Kolonne von rund 2.000 Männern vom Münchener Bürgerbräukeller in Richtung Feldherrnhalle. Viele waren in Kampfmontur und schüchterten mit gezückten Pistolen Passanten ein.

Mit „Heil-Hitler-Rufen“ stachelten die Aufrührer sich und applaudierende Zuschauer zum Umsturz der Weimarer Demokratie auf. Die Situation eskalierte, Schüsse fielen. Bald darauf machte eine Einheit der bayerischen Landespolizei mit Gewalt dem Spuk ein Ende. Die Bilanz: 18 Tote, darunter vier Polizisten.

Als gescheiterter erster Versuch einer Machtergreifung durch die Nationalsozialisten grub sich der sogenannte „Hitler-Putsch“ leider nicht nachhaltig ins historische Gedächtnis der Deutschen ein.

Werden die zutiefst verstörenden Bilder fanatisierter Stoßtrupps eines aufgeputschten Mobs, die am 6. Januar 2021 das Kapitol – die Herzkammer der amerikanischen Demokratie – belagerten und vorübergehend besetzten, mehr emblematische Kraft entfalten? Erst einmal scheint die Bürgerkriegssaat aufzugehen als Vermächtnis des Ideologen der radikalen Rechten, Steve Bannon, einst Paladin von Donald Trump.

Trump, der abgewählte US-Präsident, verschanzt sich im Weißen Haus, von wo aus er seit Wochen rhetorisch Fantasien eines Staatsstreichs befeuert. Und er, der noch immer als Populist verniedlicht wird, löst ein, was er versprochen hat: sich an demokratische Regeln nur zu halten, solange sie ihm nutzen.

Darin eifert er seinem Archetypus Hitler nach, der mit einer scheinbaren Legalitätstaktik Konsequenzen aus dem fehlgeschlagenen Putsch zog und fortan das verhasste „System“ doppelt in die Zange nahm – durch destruktiven Aktionismus in Parlamenten und Institutionen sowie brutalen Terror auf den Straßen.

Niemand würde Hitler als Populisten verharmlosen

Eine ähnliche Doppelstrategie verfolgen auch Trump, seine glühende Anhängerschaft und Teile der Republikanischen Partei. Niemand käme auf die Idee, Hitler als Populisten zu verharmlosen.

Und auch ohne das beispiellose Menschheitsverbrechen der Schoah und die Entfesselung des Zweiten Weltkriegs war Hitler ein rechtsextremistischer Polit-Gangster, der Demokratie und Rechtsstaat zerstörte.

Vergleiche fördern Ähnlichkeiten und Unterschiede zutage. Trump ist nicht Hitler. Aber wie der Rechtsextremist Hitler attackiert und unterminiert auch der Rechtsextremist Trump mithilfe einer unablässig aufgepeitschten Massenbasis die Legitimität und die Grundlagen der parlamentarisch-demokratischen Ordnung, die Gewaltenteilung, die Freiheit und Unabhängigkeit der Medien.

Parallelen zu Hitler zu ziehen, ist immer heikel. Aber es gibt sie durchaus. Wie der Nationalsozialist ist auch Trump getrieben vom Wunsch nach Gleichschaltung von Staat und Gesellschaft und wie Hitler ist Trump getrieben vom Wahn, pluralistische Lebensformen zu zerstören – als Ausdruck eines psychopathologischen, krankhaft übersteigerten Narzissmus.

Dr. Peter Zolling ist Historiker, Publizist und Kommunikationsberater. Zuletzt erschien von ihm „Deutsche Geschichte von 1848 bis zur Gegenwart – Macht in der Mitte Europas“ (Carl Hanser Verlag).

Foto: mediacompany.com

Wenn jetzt, im letzten Akt des Trump'schen Schmierentheaters, wieder einmal Gedankenspiele einer Amtsenthebung zirkulieren, trägt das dieser Einsicht zwar Rechnung, kommt aber viel zu spät.

Wünschenswert wäre es gleichwohl. Zum einen, weil es die Lebendigkeit demokratischer Abwehrkräfte beweisen würde – das Funktionieren der Checks und Balances um fünf vor zwölf. Zum anderen, weil eine vorzeitige Entfernung aus dem Präsidentenamt einen erneuten Anlauf Trumps auf das Weiße Haus 2024 unterbinden könnte.

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Denn nimmt man den historisch geschulten Beobachter Karl Marx beim Wort, wonach sich Geschichte allenfalls als Farce wiederholt: Wer oder was garantiert denn, dass eine Farce nicht in eine Tragödie umschlagen kann? Faschismus, schärft uns die vor den Nazis geflohene ehemalige US-Außenministerin Madeleine Albright ein, ist nicht so sehr eine einmalige historische Ideologie, sondern eine Methode, Macht zu erringen und sie nicht mehr abzugeben.

Mehr: Nancy Pelosi will Vizepräsident Pence per Resolution zum Handeln zwingen.

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