Homo oeconomicus: Warum Europas Währung Verteidigung braucht
Als vor über drei Jahrzehnten mit dem Maastrichter Vertrag der Weg zur Europäischen Währungsunion geebnet wurde, konzentrierten sich die Sorgen der Ökonomen vor allem auf die fehlende politische Union. Der Krönungstheorie folgend, sollte die gemeinsame Währung die volle wirtschaftliche und politische Integration in der EU abschließen, während die Lokomotivtheorie in der Währungsintegration den entscheidenden Katalysator erkannte.
Im Lichte der seit Beginn der Währungsunion mit der Festsetzung der Wechselkurse zum 1. Januar 1999 gemachten Erfahrungen lassen sich beide Theorien nicht bestätigen.
Es gibt – so hat der Sachverständigenrat es im Jahresgutachten 1992 formuliert – „keine Stabilitätsgarantie. Es gibt freilich auch nicht das Umgekehrte, die Sicherheit des stabilitätspolitischen Misserfolgs“. Anders gewendet: „Der Vertrag von Maastricht beinhaltet Risiken, sein Scheitern aber auch.“ Genau das ist in der Staatsschuldenkrise mit ihrem Höhepunkt im Jahr 2015 deutlich geworden.
Stabilitätspolitisches Verhalten muss eingeübt werden, wo es keine Tradition hatte; genau das fand statt und nicht das Gegenteil. Politische Anstrengungen müssen unternommen werden, wenn die institutionellen Bedingungen unzureichend sind.
Genau das wurde auf europäischer Ebene geleistet, beispielhaft mit der Etablierung des Europäischen Stabilitätsmechanismus und des Einheitlichen Abwicklungsmechanismus (für Finanzinstitute).
Ebenso konnte das von manchen Auguren vor zehn Jahren dem Untergang geweihte Griechenland durch umfangreiche Reformen im Bereich der Staatstätigkeit, öffentlichen Verwaltung sowie für Marktöffnung und Wettbewerb die Staatsfinanzen sanieren und an den Kapitalmärkten Glaubwürdigkeit gewinnen.
Die Schwäche der Leitwährung US-Dollar
Heute stellt sich unter veränderten Bedingungen die Frage, was der Euro auf mittlere Sicht für politische Flanken benötigt. Mit der unter Donald Trump kultivierten Infragestellung der Leitwährungsfunktion des US-Dollars ergeben sich internationale Marktpotenziale für den Euro. Diese werden sich jedoch nur mobilisieren lassen, wenn die Europäer die Währungsunion mit einer politischen Potenz rahmen. Dass es absehbar eine politische Union geben wird, ist allerdings angesichts der eher auseinanderstrebenden Kräfte in der EU höchst unwahrscheinlich.
Die geopolitische Lage und die sicherheitspolitischen Risiken, die sich direkt aus der russischen Bedrohung mittels hybrider Kriegsführung und indirekt aus der Abwendung der USA von der gemeinsamen Nato-Sicherheitsarchitektur ergeben, verlangen aber eine geschlossene europäische Antwort.
Und die kann nur in einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft liegen, mit einheitlichen Kommandostrukturen, straffen Beschaffungsverfahren und einer systematischen Finanzierung über Steuern. Europäische Stärke würde international durch zwei Zweckverbände signalisiert, die sich gegenseitig verstärken. Die Verteidigungsunion sichert den Euro.