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Kolumne Homo OeconomicusMartin Schmalz: Vermögensverwalter werden die Probleme der Welt nicht lösen

Es sind hehre Ziele: Statt Politikern sollen Kapitalsammelstellen und Zentralbanken für Klimarettung und die Lösung sozialer Herausforderungen sorgen. Das wird schiefgehen. 20.11.2020 - 09:52 Uhr Artikel anhören

Martin Schmalz ist Professor für Finanzwissenschaft an der Universität Oxford. Er bloggt unter viewfromoxford.com.

Foto: Handelsblatt

Das Klima wandelt sich: Großunternehmen machen Rekordgewinne, die Ungleichheit nimmt zu. Schuldige sind schnell gefunden: Manager und Investoren, die nach immer höheren Profiten streben, ohne Rücksicht auf Arbeiter, Umwelt und Allgemeinheit.

Einfache Lösungen sind auch schnell parat: ein „corporate social purpose“, für alle Unternehmen! Governance durch die großen Vermögensverwalter! Diese seien schließlich als in allen großen Unternehmen engagierte „universelle Investoren“ interessiert am Wohlergehen der Gesamtwirtschaft.

Anleger sollen auf Nachhaltigkeit getrimmte, sogenannte ESG-Fonds kaufen – von den schon genannten Vermögensverwaltern. Wenn das nicht reicht, soll die Europäische Zentralbank grüne Schuldverschreibungen kaufen. Auch das wieder unter Federführung von Blackrock und Co. Das gemeinsame Motto: Alles, bloß keine Regulierung! Das wird nicht gut gehen.

Klar ist: Die Kombination aus egoistischen, profitgetriebenen Individualinteressen und existierendem Regelwerk funktioniert nicht gut genug. Doch wenn die Geschichte ein Leitfaden ist, darf man sicher sein: Der Ansatz, Individualinteressen zu ignorieren und auf Altruismus zu setzen, wird scheitern.

Regulierungsfragen an nicht demokratisch legitimierte Zentralbanken, Manager und Vermögensverwalter auszulagern ist zwar politisch einfach, führt aber zu unklarer Verantwortungszuweisung. Das wahrscheinliche Resultat, auf schwäbisch: Keiner macht was. Wenn was gemacht wird, dann wahrscheinlich das Falsche, weil die Anreize dieser Akteure nicht mit dem Allgemeininteresse übereinstimmen.

Ich fürchte: Viele Ökonomen verleihen dem verwirrten Diskurs über drittklassige Lösungen Glaubwürdigkeit, indem sie daran teilnehmen, ohne klar dazu zu sagen, dass keine davon ein äquivalenter Ersatz für gute Marktregeln ist. Wir lassen Politikern und Aufsichtsbehörden damit ein Schlupfloch, um sich guten Gewissens aus der Verantwortung zu stehlen.

Streben nach dem Besseren: Nicht das Problem, sondern Teil der Lösung

Es ist Zeit für einen Kontrapunkt. Die Alternative ist, das unabänderliche menschliche Streben nach mehr und Besserem nicht als Problem, sondern als Teil der Lösung zu verstehen. Die Regeln so zu verändern, dass egoistische Individualinteressen durch wettbewerbliche Märkte effektiv kanalisiert werden, mit dem Resultat: Wohlstand der Nationen.

Wenn CO2-Emissionen effektiv bepreist sind, haben profitorientierte Unternehmen beste Anreize, klimafreundliche Innovationen voranzutreiben. Wenn Arbeits- und Produktmärkte wettbewerblich sind, werden auch keine Arbeiter und Konsumenten ausgenutzt. Dann sind die Löhne gerecht und die Preise niedrig. Die Wirtschaftsleistung steigt, und Vermögenspreise fallen.

Wir müssen mit der angenehmen und populären Vorstellung aufräumen, man könne den Klimawandel ebenso gut durch den beherzten Kauf grüner Fonds aufhalten oder dass entsprechende Käufe der Zentralbank keine Ressourcen konsumieren würden. Und wir brauchen Druck auf die Politik – von der Zivilgesellschaft, nicht von Lobbyisten. Dann arbeiten auch die Märkte wieder für die Menschen.

Mehr: Eine Investorengruppe fordert Konzerne dazu auf, die Risiken des Klimawandels in ihren Jahresabschlüssen zu berücksichtigen.

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