Asia Techonomics: Deutsche Firmen in China: vom Gejagten zum Jäger
Peking. Deutsche Ingenieurskunst genießt in China nach wie vor einen hervorragenden Ruf. Deutlich machen das nicht nur die Lobeshymnen vieler Chinesen auf deutsche Autos oder Maschinen. Auf der Alibaba-Onlinehandelsplattform Taobao zieren kleine Deutschlandflaggen die Seiten vieler Händler, auch wenn die angepriesenen Produkte keinerlei Bezug zu deutschen Herstellern haben. Es steht als Symbol für Qualität.
Lange herrschte in deutschen Wirtschaftskreisen die Überzeugung, chinesische Unternehmen könnten nur kopieren, nicht aber selbst Innovationen hervorbringen. Doch insbesondere in der einst so stolzen deutschen Autoindustrie ist der langjährige Hochmut inzwischen einer neuen Demut gewichen. Von China-Speed ist neuerdings oft bewundernd die Rede und von der notwendigen Aufholjagd. Der deutschen wohlgemerkt.
Eine am Mittwoch veröffentlichte Geschäftsklimaumfrage der deutschen Handelskammer in China (AHK) unter ihren Mitgliedsunternehmen ergab, dass elf Prozent der Firmen in der Autoindustrie schon jetzt die chinesische Konkurrenz als technologisch führend sehen. 58 Prozent glauben, dass die Wettbewerber aus China innerhalb von fünf Jahren zum Innovationsführer in ihrer Industrie aufsteigen.
Doch nicht nur in der Autoindustrie wächst die Sorge, technologisch abgehängt zu werden. Fast die Hälfte der 566 teilnehmenden Unternehmen geht davon aus, dass sich chinesische Firmen in ihrem Segment zum Innovationsführer entwickeln. „Chinesische Wettbewerber haben während Covid nicht gepennt“, sagt Jens Hildebrandt, AHK-China-Geschäftsführer. Sie hätten ihre Forschung und Entwicklung stark vorangetrieben.
Die deutschen Firmen vor Ort ziehen nun nach. Mehr als die Hälfte plant, in den kommenden zwei Jahren in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt zu investieren. Die große Mehrheit hält den Schritt für notwendig, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Deutsche Firmen in China sehen Lichtblicke
Das Umfrageergebnis steht im Kontrast zum Rückgang der ausländischen Direktinvestitionen in China im vergangenen Jahr – erstmals seit 2012. Auffällig ist auch, dass die deutschen Unternehmen ihre Geschäftsaussichten 2024 trotz der aktuellen Wachstumsschwäche, zunehmender politischer Kontrolle und geopolitischer Spannungen positiver einschätzen als bei der Umfrage im Vorjahr.
Zwar glauben mehr als 80 Prozent der befragten Unternehmen, dass sich die chinesische Wirtschaft abwärts entwickle. Allerdings erwarten fast genauso viele in den kommenden fünf Jahren in ihrer Branche ein kontinuierliches Wachstum. Um daran teilzuhaben, wollen die deutschen Firmen ihre Innovationskraft mit Investitionen vor Ort stärken.
Als Fitnesscenter für globale Unternehmen hat Jörg Wuttke, der frühere Chef der europäischen Handelskammer, den chinesischen Markt einst bezeichnet. Die Metapher ist längst zum geflügelten Wort unter deutschen China-Managern geworden.
Denn sie müssen nicht nur auf dem riesigen chinesischen Markt mit den lokalen Wettbewerbern mithalten. Chinesische Auto- und Industriekonzerne drängen zunehmend auch auf internationale Märkte und machen dort den deutschen Unternehmen Konkurrenz. Das gilt umso mehr, je schwächer sich die Binnennachfrage in der Volksrepublik selbst entwickelt. Weltweit wächst deshalb bereits die Sorge, dass chinesische Unternehmen schon bald mit billigen Batterien, E-Autos, Solarzellen und Windturbinen die Weltmärkte fluten.





Diese Industrien hat die chinesische Staatsführung als neue Wachstumstreiber auserkoren. Statt in die Bauwirtschaft, die jahrzehntelang der Garant für hohe chinesische Wachstumsraten war, fließen die staatlich gelenkten Investitionen nun in Zukunftsindustrien. Im vergangenen Jahr hat China bereits Japan als größten Exporteur von Fahrzeugen abgelöst. Und BYD läuft und läuft und läuft auf dem wichtigen chinesischen Markt an Volkswagen vorbei.
In der Kolumne Asia Techonomics schreiben Sabine Gusbeth, Dana Heide, Martin Kölling und Mathias Peer im Wechsel über Innovations- und Wirtschaftstrends in der dynamischsten Region der Welt.
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