China: Schmuggel von Nvidia-Chips? Singapur drohen Sanktionen

Bangkok. Die umfangreichen Geschäfte, die Nvidia mit dem kleinen Stadtstaat Singapur macht, nähren bereits seit Längerem den Verdacht, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Im abgelaufenen Fiskaljahr machte der Chipkonzern 18 Prozent seiner Umsätze mit dem gerade einmal sechs Millionen Einwohner großen Finanzzentrum in Südostasien, wie das Unternehmen Ende Februar in seinem Jahresbericht mitteilte.
Singapur ist damit Nvidias zweitgrößter Markt weltweit. Nur in den USA verdiente der Konzern noch mehr Geld.
Spätestens seit dem rasanten Aufstieg des chinesischen Start-ups für Künstliche Intelligenz (KI) Deepseek mutmaßen US-Behörden jedoch, dass Singapur für viele der Chiplieferungen nicht die Enddestination ist – und Nvidia-Hochleistungschips von dort verbotenerweise an Chinas KI-Branche weitergereicht werden. Diese Vermutung scheint sich nun zu erhärten: Singapurs Behörden haben in der vergangenen Woche drei Personen angeklagt, denen vorgeworfen wird, beim Erwerb von Servern falsche Angaben über den wahren Endnutzer gemacht zu haben.
Singapurs Justizminister Kasiviswanathan Shanmugam sagte am Montag, es sei möglich, dass die Server leistungsfähige KI-Chips von Nvidia enthalten haben, die US-Exportrestriktionen unterliegen. Sie wurden nach Behördenangaben von Singapur nach Malaysia gebracht – und könnten von dort nach China weitergereicht worden sein. „Ob Malaysia die Enddestination war, können wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht sicher sagen“, fügte der Minister hinzu.
Nvidia erkennt keine Hinweise auf Unregelmäßigkeiten
Die US-Regierung verbietet angesichts des strategischen Wettbewerbs mit China, in dem Hochtechnologie eine Schlüsselrolle spielt, seit Ende 2022 die Lieferung der leistungsstärksten KI-Chips von Nvidia in die Volksrepublik. Medienberichten zufolge erwägt die Regierung von US-Präsident Donald Trump, die Chipbeschränkungen noch zu verschärfen.
Und Singapur muss nun fürchten, als mutmaßlicher Umschlagplatz der gefragten Halbleiter ebenfalls ins Visier der Amerikaner zu geraten. Nvidia begründet die auffällig hohen Umsätze in Singapur indes vor allem damit, dass viele Kunden dort ihre Rechnungsadresse haben. Unregelmäßigkeiten ließen sich daraus nicht ableiten, betont der Chiphersteller.
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Führende US-Kongressabgeordnete forderten dennoch bereits, Geschäfte mit dem Stadtstaat künftig stärker zu kontrollieren. Auch die EU verhängte in der vergangenen Woche Sanktionen gegen einen Chiphändler in Singapur, dem vorgeworfen wird, Russlands Rüstungsindustrie zu versorgen.
Singapurs Regierung will mit ihrer Offensive gegen unerlaubten Zwischenhandel wohl auch die Kritiker in Washington und Brüssel besänftigen. Insgesamt führten die Ermittler im Zusammenhang mit verdächtigen Chipgeschäften Razzien an 22 Orten durch.
Den drei Angeklagten, zu denen auch ein chinesischer Staatsbürger zählt, drohen im Fall einer Verurteilung bis zu 20 Jahre Haft. „Wir werden nicht dulden, dass Einzelpersonen und Unternehmen gegen unsere Gesetze verstoßen oder ihre Verbindung zu Singapur ausnutzen, um die Ausfuhrkontrollen anderer Länder zu umgehen“, betonte Justizminister Shanmugam.

Malaysias Behörden sind ebenfalls in Alarmbereitschaft
Auch in Malaysia sind die Behörden aufgeschreckt. Handelsminister Tengku Zafrul Aziz sagte am Dienstag, sein Land werde die „notwendigen Maßnahmen“ ergreifen, sollte sich der Verdacht einer Verwicklung in die unerlaubten Geschäfte mit Nvidia-Chips erhärten.
„Wir werden dies auf jeden Fall mit Singapur besprechen“, sagte der Minister in einem Interview mit dem TV-Sender CNBC. Die Unternehmen müssten dann von den zuständigen Behörden zur Rechenschaft gezogen werden.





Für Malaysia, das zuletzt zu den am schnellsten wachsenden Standorten für KI-Rechenzentren in Asien zählte, wären stärkere Kontrollen von Chiplieferungen ein schwerer Schlag. Verunsicherung macht sich bereits an der Börse des Landes breit. Als Reaktion auf die Ermittlungen in Singapur sackte der Kurs eines lokalen Hardwareherstellers, der KI-Server im Auftrag von Unternehmen wie Dell und Supermicro fertigt, am Montag innerhalb von 15 Minuten um 30 Prozent ab. Betreiber von Rechenzentren fürchten zudem, Großkunden aus Singapur zu verlieren, die vermutlich in Verbindung mit den dortigen Untersuchungen stehen.
Auch für China könnte die Entwicklung Konsequenzen haben. Sollten die Nachbarn in Südostasien nun wirklich effektiv gegen den Chipschmuggel vorgehen, könnte die Verfügbarkeit der leistungsstärksten KI-Chips in dem Land drastisch sinken.
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