Globale Trends: Die neue Industriepolitik der G7 wird zum Bumerang

Handelsblatt-International-Correspondent Torsten Riecke analysiert jede Woche in seiner Kolumne interessante Daten und Trends aus aller Welt. Sie erreichen ihn unter riecke@handelsblatt.com
London. . Als sich die Regierungschefs der sieben führenden Industrienationen (G7) ein halbes Jahr nach dem Mauerfall 1990 in der amerikanischen Großstadt Houston trafen, sah die auf den Kopf gestellte Welt aus, als gäbe es kein Morgen. Der damals im vollen Gang befindliche Zusammenbruch der Sowjetunion schien das „Ende der Geschichte“ anzukündigen.
Beim G7-Gipfel am Wochenende im japanischen Hiroshima kommt es 33 Jahre danach zur Gegenrevolution. Das Verblüffende daran: Die Konterrevolutionäre von heute sind die vermeintlichen Sieger der Geschichte von gestern. Ihr Erfolg ist dabei genauso ungewiss wie damals.
In der „Houston Economic Declaration“ wurde die weltweite „Verbreitung von Demokratie und Rechtsstaat“ gefeiert. „Das offene Welthandelssystem ist für den wirtschaftlichen Wohlstand unerlässlich“, schrieben die Staatschefs und forderten insbesondere freie Fahrt für ausländische Direktinvestitionen. Dem damaligen russischen Präsidenten Michail Gorbatschow versprachen die G7-Nationen ihre Unterstützung.
Seitdem hat sich nicht nur das geopolitische Umfeld, sondern vor allem auch die wirtschaftspolitische Agenda der G7 dramatisch verändert. Damals steuerte der sogenannte „Washington-Konsens“ die Weltwirtschaft auf einen marktliberalen Kurs. Der Name war insofern Programm, als dass die USA die allein dominierende Kraft für diesen wirtschaftspolitischen Mix aus Freihandel, Globalisierungshype und Marktvertrauen waren.





