Homo oeconomicus: KI statt Verbrenner – die Politik muss Prioritäten setzen

Die deutsche Wirtschaft steckt in der Krise. Die konjunkturellen und strukturellen Probleme sind bekannt. Viel zu wenig diskutiert wird hingegen, dass wir das Rennen beim letzten Technologiesprung, der Digitalisierung und den digitalen Geschäftsmodellen, verpasst haben.
Unsere traditionellen Industrien wachsen langsamer als die Digitalbranchen. Und es steht zu befürchten, dass wir beim nächsten Game-Changer, der Künstlichen Intelligenz (KI), wieder hinterherfahren.
China ist mittlerweile einsame Spitze bei KI-Publikationen und greift die USA auch bei Patenten an, während die EU und Deutschland hinterherschauen. KI wird bei uns gerne als Lösung für die Beschleunigung von Verwaltungsprozessen diskutiert, nicht aber als Basis für neue Produkte der Industrie.
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Dabei könnte KI traditionellen Industrien wie der Krisenbranche Automobilwirtschaft auf die Sprünge helfen. Dreißig Prozent der Bevölkerung in Deutschland sind über 60 Jahre alt. Damit fehlen nicht nur Fachkräfte, auch die Bedarfe ändern sich. Besonders in ländlichen Regionen ist man auf ein eigenes Fahrzeug angewiesen. Autonomes Fahren könnte eine enorme Steigerung der Lebensqualität und Eigenständigkeit für die künftige ältere Bevölkerung bedeuten.
Wirklich autonomes Fahren ist in Deutschland noch Zukunftsmusik
Dank KI ist autonomes Fahren keine Zukunftsvision mehr, sondern Realität. In den USA und China bringen autonom fahrende Robotaxis die Fahrgäste sicher ans Ziel – ohne menschliches Eingreifen. Deutsche Hersteller sind bisher vor allem im automatisierten und vernetzten Fahren stark, bei automatisiertem Parken im Parkhaus oder Fahrunterstützung bei Staus auf der Autobahn.
Wirklich autonomes Fahren ist in Deutschland hingegen noch Zukunftsmusik. Die Hersteller fürchten die hohen Entwicklungskosten und Trittbrettfahrerverhalten von Konkurrenten. Und laufen so Gefahr, dass nicht sie, sondern die USA und China die Marktführer für diese Zukunftstechnologie sein werden, die mittelfristig die größten Wertschöpfungspotenziale in der Automobilindustrie verspricht.
Um das zu verhindern, braucht es einen klaren Fokus von Wirtschaft und Politik auf die Technologien der Zukunft. Statt Abwehrkämpfe gegen das Verbrenner-Aus zu führen, wäre das politische Kapital in Brüssel sinnvoller eingesetzt, um die Harmonisierung des EU-Marktes voranzutreiben.


Für den Markthochlauf von autonom fahrenden Autos braucht es einheitliche und unbürokratische Genehmigungsprozesse, Standardisierungen, eine flächendeckend digitale Infrastruktur, Rechenkapazität zu vertretbaren Strompreisen. Und es braucht Unternehmensführungen, die sich den entscheidenden Schritt in Richtung Tech-Neuheiten trauen.
Wie erfrischend wäre es, wenn die Parteien im Wahlkampf die über 60-Jährigen nicht mit Rentengeschenken, sondern mit Mobilitätsangeboten im Alter umwerben würden. Die den schönen Nebeneffekt hätten, auch noch das Wachstum zu steigern.
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