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RenteChina steht vor einem schwierigen Systemwechsel

Die westlichen Staaten schlagen sich vergleichsweise gut, wenn es um den demografischen Wandel geht. Anders sieht es in China aus.Thomas Hanke 18.01.2023 - 11:34 Uhr Artikel anhören

Handelsblatt-Autor Thomas Hanke analysiert in der Kolumne interessante Daten und Trends aus aller Welt.

Foto: Klawe Rzeczy

Die Reform der Rentenversicherung treibt die Franzosen auf die Straße. Am 19. Januar rufen alle großen Gewerkschaften zum Streik gegen das Vorhaben der Regierung auf, die meisten Franzosen zwei Jahre länger arbeiten zu lassen, wenn sie das volle Altersgeld beziehen wollen.

Von einer „brutalen Reform“ ist im Streikaufruf die Rede. Franzosen setzen andere Prioritäten als Deutsche: Bei uns hat ein niedriger Beitrag und damit die Sicherung der Kaufkraft der Aktiven hohen Stellenwert, in Frankreich dagegen eine möglichst kurze Lebensarbeitszeit bei möglichst hoher Rente. Dafür nehmen die Franzosen in Kauf, dass die Beitragsbelastung hoch ist, zumal es keine Beitragsbemessungsgrenze wie in Deutschland gibt. In der Berechnung der OECD gibt Frankreich mit knapp 14 Prozent der Wirtschaftsleistung (BIP) für seine Alterssicherung drei Punkte mehr aus als die Bundesrepublik.

Trotz aller Gefühlswallungen in Frankreich: Insgesamt gehört in den westlichen Volkswirtschaften – anders als in China – die laufende Anpassung der Rentensysteme an höhere Lebenserwartung und sinkende Geburtenraten zum politischen Tagesgeschäft. Und sie schlagen sich vergleichsweise gut, wenn es um die Anpassung an den demografischen Wandel geht.

Der Wandel ist seit Jahrzehnten ein Thema, und von mehr Einwanderung bis zu besserer Beschäftigung der Senioren versuchen die OECD-Länder, viele Hebel in Bewegung zu setzen, um den wachsenden Anteil älterer Menschen bewältigen zu können. Vor allem haben sie verstanden, dass ihre Gesellschaften bei einem schrumpfenden Anteil der Aktiven an der Gesamtbevölkerung nur dann leistungsfähig bleiben können, wenn die Arbeitnehmer besser qualifiziert und damit produktiver werden.

Völlig anders ist die Lage in China. Dort trifft die Alterung der Bevölkerung das Land, das einen globalen Führungsanspruch hat, mit ungebremster Wucht. Noch vor Kurzem herrschte trügerische Ruhe: 2020 machten die Rentner nur gut 18 Prozent der Menschen im erwerbstätigen Alter aus. Auf einen Ruheständler kamen also fünf Aktive. Doch schon in zweieinhalb Jahrzehnten werden es über 47 Prozent sein, jeweils zwei Aktive müssen dann also einen Rentner finanzieren.

Keine von Chinas Optionen ist mit dem Ehrgeiz des Staatsführers zu vereinbaren

Die Relation wird damit deutlich schlechter sein als in den USA. Mit fünf Prozent der Wirtschaftsleistung – dem aktuellen chinesischen Aufwand für das Rentensystem – wird sich das nicht mehr bewältigen lassen.

Die regierungsamtliche Zeitung „China Today“ klagte vor sechs Monaten über „die Dringlichkeit und Schwere der chinesischen Bevölkerungsentwicklung, die durch sinkende Geburtenraten, eine schrumpfende Erwerbsbevölkerung und eine zunehmende Alterung der Bevölkerung gekennzeichnet ist“.

Eine Lösung zeichnet sich nicht ab, sieht man von der Zulassung privater Pensionsfonds ab, die allenfalls ein Angebot für die Mittelschicht sind. Und während die westlichen Gesellschaften seit Jahrzehnten rund fünf Prozent des BIP für staatliche Bildung aufwenden, sind es in China weniger als vier Prozent. Nach einem raschen Anstieg zu Beginn des neuen Jahrtausends sind die Ausgaben in den vergangenen Jahren wieder gesunken.

In den nächsten Jahren hat das von der Covidkrise und abnehmendem Wachstum erschütterte Land nur die Wahl zwischen mehreren schwierigen Lösungen: eine grassierende Altersarmut hinnehmen, die aktive Generation deutlich stärker belasten, sich mit weniger Wachstum begnügen oder innerhalb des Staatshaushalts umschichten und andere Ausgaben wie die für die rasante Aufrüstung bremsen.

>> Lesen Sie hier auch: Das verdrängte Problem – Rentenpolitik braucht mehr Realitätsbewusstsein

Dann müsste es bei seiner aggressiven Außenpolitik zurückstecken. Keine dieser Optionen ist mit dem Ehrgeiz des Staatsführers Xi Jinping zu vereinbaren.

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Zynisch gesehen hat die Volksrepublik nur einen Vorteil im Vergleich zu ihren westlichen Systemkonkurrenten: In China können keine Gewerkschaften zum Streik aufrufen.

Mehr: Flucht vor der Inflation – In diesen acht Ländern bekommen Rentner viel für ihr Geld

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