Rente: Ich habe mehr Angst vor dem Sparen als vor Altersarmut

Ich habe gehört, dass ich nun schon im mittleren Alter für die Rente planen soll. Selbiges nicht zu tun bedeute vielleicht Armut im Alter. Altersarmut ist offenbar das Schlimmste, was man sich heute in der Gesellschaft vorstellen kann.
Aber ist es nicht auch schlimm, wenn man das ganze Leben lang spart, und in Bescheidenheit verbringt, damit man im Alter sorgenfrei sein kann?
Ich hatte einen Onkel, er ist leider mittlerweile verstorben, der lebte das ganze Leben in höchster Bescheidenheit, ja Strenge. Er aß vor allem Schwarzbrot mit Margarine, fuhr kein Auto und heizte kaum. Tatsächlich hatte er im Alter ein kleines Vermögen zusammengespart. Das gab er dann aus, um Kreuzfahren zu machen.
Leider fiel ihm dann auf, dass er auf Kreuzfahrten, die über die Decks flanierenden, laut schwatzenden und trinkenden Passagiere nicht ertragen kann. Also musste er noch viel mehr zahlen, damit er abgelegene Kabinen buchen konnte, wo er weitgehend ungestört blieb.
Ich denke mir manchmal: Hätte er schon in jüngeren Jahren mehr Geld in Geselligkeit investiert, hätte er vielleicht später selbst einer der fröhlich quatschenden Passagiere sein können – und sich in einer günstigeren Kabine wohlgefühlt.
Rente: Lieber alt und arm als jung und arm
Überhaupt ist es nicht einsichtig, warum Armut im Alter schlimmer sein soll als in anderen Lebensphasen. Am schlimmsten ist Armut bestimmt in der Jugend, wenn man anderen dabei zuschauen muss, wie sie ständig neue Smartphones und Turnschuhe zur Schau stellen.
Es ist besonders schmerzhaft, wenn man als junger Mensch feststellen muss, dass andere, die dafür nichts getan haben, eine einfachere Startposition im Leben haben. Und damit auch noch angeben.
Wenn man älter ist, blickt man manchmal versöhnlicher auf das eigene Leben. Und hat verstanden, dass jene mit dem neuen Smartphone und den neuesten Schuhen später gar nicht unbedingt glücklicher geworden sind.
Wer älter wird, hat ohnehin nicht mehr so viele Gelegenheiten, über die Stränge zu schlagen. Der Wein schmeckt nicht mehr so gut und überhaupt muss man doch früh ins Bett. Man könnte die These mal prüfen, ob 86-jährige Milliardäre tatsächlich so vieles anders machen als 86-jährige Normalrentner.
Angeblich werden ja Menschen im Alter tendenziell zufriedener. Vielleicht nicht nur, weil sie den Sparplan eingehalten haben. Aber vielleicht sage ich das auch nur, weil es mir selbst sehr unangenehm ist, mich mit Altersvorsorge auseinanderzusetzen.
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In der Zeitung stand, wer gerne mit 63 statt mit 67 Jahren in Rente gehen wollte, müsse mitunter mit hohen Abschlägen rechnen. Und man sollte, um die auszugleichen, schon vorher Zahlungen machen – bis zu 100.000 Euro. Die man aber auf keinen Fall auf einmal zahlen soll, weil dann wiederum Abschläge warten.

Wo überhaupt sollte ich 100.000 Euro herbekommen, wo doch ohnehin alle immer Geld von mir haben wollen? Das wäre dann das Tröstende an der eigenen Altersarmut. Wenn man nichts mehr hat, kann einem immerhin nichts mehr weggenommen werden.
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Erstpublikation: 02.05.2024, 22:21 Uhr.






