Analyse Realitätscheck für die deutsche Corona-Politik: Das sind die größten Fehler im Krisenmanagement
Deutschland galt in der Pandemie vor gar nicht allzu langer Zeit als Vorbild. Im vergangenen Frühjahr und Sommer schien die Bundesrepublik das neue Coronavirus gut im Griff zu haben, zumindest im internationalen Vergleich.
Gesundheitsminister Jens Spahn sagte damals, Kollegen aus anderen Staaten wollten von ihm wissen, wie Deutschland eine Überlastung seines Gesundheitssystems verhindert habe. Der CDU-Politiker gab im US-Fernsehen Interviews, für die französische Zeitung „Le Monde“ schrieb er einen Gastbeitrag mit dem Titel: „Warum Deutschland diese Krise relativ gut überwindet“.
Gastbeiträge, in denen Spahn oder andere Mitglieder der Bundesregierung über Erfolge beim Kampf gegen Corona sprechen, sind in der jüngeren Zeit nicht erschienen. Unwahrscheinlich ist auch, dass ausländische Regierungen bei diesem Thema gegenwärtig ihren Rat suchen.
Viel zu lange hat sich Deutschland der Illusion hingegeben, man sei beim Krisenmanagement in der Pandemie im Großen und Ganzen auf dem richtigen Weg.
Inzwischen muss man sagen: Das Gegenteil ist richtig. Die Liste der Versäumnisse ist inzwischen lang. In der Pandemie entfällt ein großer Teil der Toten auf Alten- und Pflegeheime. Die große Gefahr des Virus für Hochbetagte war lange bekannt. Doch spezielle Schutzmaßnahmen standen bei den Entscheidungsrunden von Bund und Ländern nie im Mittelpunkt.
Halbherzige Planungen, verschobene Ankündigungen, bürokratisches Vorgehen
Und erst kurz vor Beginn des Winters kam man auf die Idee, kostenlose FFP2-Schutzmasken an Risikogruppen zu verteilen. Doch mit diesem Versprechen wirkte das Bundesgesundheitsministerium überfordert. Der Start verschob sich von Anfang auf Mitte Dezember, als sich die betroffenen Bürger immerhin drei Masken in Apotheken abholen konnten.
Für den Großteil der Gratismasken sollten die Krankenkassen fälschungssichere Gutscheine der Bundesdruckerei verschicken, die allerdings erst ab Januar in den Briefkästen landeten. Dabei hätte die Regierung schon im Sommer eine Maskenversorgung für die kalte Jahreszeit angehen können, in der Infektionskrankheiten wie Covid-19 stärker auftreten.
Halbherzige Planungen, verschobene Ankündigungen, bürokratisches Vorgehen – es ist ein Muster, das sich auch bei der Teststrategie zeigt. Erst Mitte Oktober schuf die Bundesregierung die rechtlichen Voraussetzungen für Antigen-Schnelltests, obwohl andere Länder diese bereits seit dem Sommer in der Pandemiebekämpfung einsetzten.
Zum Bestandteil einer Öffnungsstrategie machten Bund und Länder kostenlose Schnelltests für alle Bürger erst im Februar. Dann sollte es zwar besonders schnell gehen – doch zum vollmundig verkündeten Starttermin 1. März konnte Spahn das Vorhaben nicht umsetzen. Der Minister weist darauf hin, dass sich die Bundesregierung für dieses Jahr eine halbe Milliarde Schnelltests gesichert habe. Unklar ist, ob ab sofort eine ausreichende Menge für Massentests zur Verfügung steht.

Bei den Impfstoffen lautet die offizielle Formulierung ebenfalls, man habe sich „mehr als genug“ Impfstoffdosen über den gemeinsamen Beschaffungsweg in der Europäischen Union gesichert. Doch noch ist Impfstoff knapp, die Lieferengpässe der ersten zwei Monate wurden mit fehlenden Produktionskapazitäten begründet.
Verlust des Vertrauens in die Pandemiefähigkeit der Politik
Auch hier stellen sich unbequeme Fragen für die Regierung: Warum hat sie sich in der EU nicht dafür eingesetzt, mehr Dosen vom Biontech-Vakzin zu bestellen? Warum wurde nicht seit dem Sommer stärker in den Ausbau oder Aufbau von Produktionsanlagen in Deutschland und Europa investiert?
Die Terminvergabe und die Abläufe in den Impfzentren laufen holprig. Nun ruht die Hoffnung darauf, dass im April die Hausärzte breit in das Impfen einsteigen – während sich andere Staaten außerhalb der EU dann auf dem Weg zur Herdenimmunität befinden dürften.
Seit ihren ersten Corona-Beschlüssen vor rund einem Jahr erklären Bund und Länder, dass die Gesundheitsämter gestärkt und digitalisiert werden müssten. Es wurde ein milliardenschweres Paket für den öffentlichen Gesundheitsdienst geschnürt, im Alltag scheint sich aber kaum etwas getan zu haben.
Kanzlerin Angela Merkel gibt die Belastungsgrenze für die Ämter weiter bei einer Inzidenz von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen an. In vielen Ämtern kommt die Digitalisierung bestenfalls langsam an, das zeigt insbesondere der lückenhafte Einsatz der „Sormas“-Software zur Kontaktnachverfolgung.
Der Verlust des Vertrauens in die Pandemiefähigkeit der Politik wird in diesen Tagen noch durch persönliches Fehlverhalten vergrößert. Der Eindruck, dass sich Volksvertreter mit Maskendeals bereichern, ist fatal. Auch wenn es sich – nach allem, was man weiß – nur um eine sehr kleine Minderheit handelt.
Die Verantwortung für die Fehler im Krisenmanagement liegt bei der Bundesregierung und den Landesregierungen. Besonders im Visier befindet sich aktuell Spahn. Doch in einer Ausnahmelage wie der Pandemie liegt die Zuständigkeit letztlich bei der Kanzlerin, sie kann sich nicht hinter dem Ressortprinzip verstecken. Und Merkel schien zu lange vor allem damit beschäftigt zu sein, welche Lockdown-Maßnahmen erforderlich sind.
Mehr: Korruption, Impfdesaster und Testdebakel – vor den Landtagswahlen herrscht in der Union Unruhe.
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Ich versuche es mal anders auszudrücken. Mir und wahrscheinlich vielen in der Gesellschaft fehlt ein in sich schlüssiges, transparentes und nachhaltiges (Zukunfts-) Strategiekonzept. In der Pandemie hat man sehr gut sehen können, dass die aktuelle Regierung eine Politik des "einfach mal drauf los Regierens" betreibt. Es existieren keine Pläne für die Zukunft! Geschweige denn eine Agenda! Der Bürger bzw. die Gesellschaft wird bewusst im Unklaren bzw. im Dunkeln gelassen. Denn wenn er nicht weiß was der Plan ist und es keine festgeschriebenen Ziele gibt, dann kann auch die Politik nichts falsch machen...
Anfangs war ich noch ein großer Fan der Merkel Politik. Doch die letzten 2-3 Amtszeiten zeigten mehr und mehr, dass zwar viel verhandelt und debattiert wurde, aber keine konkreten Pläne und Ziele vereinbart wurden. Sei es bei:
- Der Ausstieg aus der Atomkraft ohne richtige Alternativen
- Das gleiche gilt für die Stromerzeugung mittels Kohle
- Schwarze Null - und dann?
- Flüchtlingswelle, wir schaffen das - aber wie?
- Der Staat als Schützer und Retter in der Pandemie - Ja, klar.
Frau Merkel versteht es bestens entweder abzuwarten um die Lorbeeren einzuheimsen oder abzuwarten um sich aus der Verantwortung zu schleichen.
PS: Im Sinne der Demokratie gehören mehr als 2 Amtszeiten verboten!!
Vor dem Wagen kommt das Wägen, hat Stratege Clausewitz treffend formuliert. In "normalen" Zeiten ist das Wagen in unserem Land sehr unbeliebt. Unsere Gesellschaft will, dass jede Entscheidung hundertprozentig abgesichert ist. In Pndemiezeiten ist das fatal! Hinzu kommt, dass unere Presse sich selten die Mühe macht zu unterscheiden, wer wofür eigentlich verantwortlich ist. Hier ist leider mehr Wagen als Wägen anzutreffen. Und von der Seitenlinie melden sich leider viel zu viele Experten. Die ständige Impfkomission, der Ethikrat und andere Gremien sollten daran denken, dass sie beratenden Funktion haben. Für Entscheidungen sind sie durch nichts legitimiert. Wenn die Landesregierungen entscheiden, Lehrer und Polizisten beim Impfen vorzuziehen, ist das ihr gutes Recht. Sie sind durch Wahlen legitimiert. Abgesehen davon hat mir vorher schon nicht eingeleuchtet, warum ein 70-jähriger Rentner höher priorisiert wird, als ein 6o Jahre alter Lehrer. Der Rentner kann sich im Zweifel schlicht dadurch schützen, dass er Kontakte meidet. Lehrer und Polizist werden an die "Front" geschickt.
Bei all den vielen regierungsseitigen Missständen möchte ich aber auch mal den Blick
auf die vielen Journalisten, Medienmacher und Kritiker wenden. Es ist leicht von seinem
Schreibtisch aus im nachhinein alles zu kritisieren und in Frage zu stellen, wenn man
keinerlei Verantwortung dafür trägt.
Man denke an Boris Johnson der jahrelang als Journalist gearbeitet hat und natürlich alles besser wusste. Später als er dann als Politiker mitgestalten durfte , merkte er dann wie
schwierig es sein kann, gute und glaubwürdige Entscheidungen zu treffen.
Haben sie schon mal schnelles Arbeiten bei den Behörden gesehen.
Langsames hinaus schieben, liegenlassen und übersehen, dies sind die Vokabeln in der öffentlichen Hand seit mind. 40 Jahren.
Es gibt nicht einen oder zwei oder drei Verantwortliche.
Das ganze Verwaltungssystem ist marode und wird es auch bleiben.
Wir müssen mit allen deutschen "Gutmenschen", militanten Naturschützern usw. weiterhin zufrieden sein, bis wir ALLE pleite sind.
Ausgenommen sind Milliardäre und Multimillionäre, die ihr Kapital schon langr nicht mehr in Deutschland oder Europa deponiert haben.
Also weiter machen.
the stuod german
Sorry, aber Jens Spahn ist ein Versager. Mit seiner "Maskenbeschaffungsoffensive" zu Beginn der Pandemie, hat er die Tür geöffnet, für allerlei schmieriges Marketendergesindel. Seine Warnapp ist ein Totalausfall. Es ist wirklich verrückt, daß ein deutscher Rapper, das bislang beste Tool für die Beherrschung der Pandemie entwickelt hat. LUCA wird allerdings geflissentlich von der Politik ignoriert. Spahns Fehleinschätzungen vor der 2.Welle haben Leben und Existenzen gekostet. Er agierte Inkompetent, als endlich geimpft wurde. Das Schneckentempo beim Impfen ist beschämend. Keinerlei Pragmatismus. Reines abarbeiten der Liste. Eine STIKO die er nicht im Griff hat und die in der Bevölkerung für Verwirrung sorgt.
Kein Wunder das jeder macht was er will.
Spahn hat die Mentalität eines Sachbearbeiters, und er hat, dementsprechend, zu keinem Zeitpunkt das Wesen seiner Aufgabe erfasst.
Tatsache ist aber auch: Spahn ist nur ein Symptom. Welche gut ausgebildete Topkraft, geht denn heute noch in die Verwaltung oder die Politik? Es ist also kein Zufall, daß sich dort die "Restware" sammelt und für allerlei "Entertainment" sorgt.
Der Autor hat leider einen der grössten Fehler übersehen, nämlich die Verzögerung des 2ten lockdowns. Wenn wir wissen, dass bei einem exponentiellen Anstieg jeder Tag zählt, und das die Gefährdung einer zweiten Welle besteht, dann ist es in meinen Augen schwer fahrlässig nicht nur nicht vorbereitet auf so ein Szenario zu sein (abgesehen vom kompletten lockdown natürlich) , sondern auch noch wenn man spät auf die steigende Belegung der Intensivbetten reagiert. Aber natürlich werden Verantwortliche wie in jeder Krise nicht zur Rechenschaft gezogen und Schäden vergemeinschaftet. Und als i Tüpfelchen meinen ein Teil von jenen Verantwortlichen auch noch SIe müssten sich persönlich dabei bereichern, was auch keine rechtlichen Konseqenzen nach sich zieht.
Sorry, Herr Waschinski, Frau Merkel ist nicht die Königin von Deutschland. Infektionsschutz ist im Kern nun einmal Länderkompetenz, und da musste sie oft genug erleben, dass dort jede(r) das eigene Süppchen kocht. Die Politik von Herrn Spahn ist gewiss nicht das Gelbe vom Ei. Aber wie wäre es denn, wenn Sie den Job mal nur ein paar Monate machen? Natürlich wissen wir als treue Leser seit langer Zeit, dass Ihnen der Lockdown nicht passt, wofür man Gründe anführen kann. Aber (alt)kluge Kommentare von der Seitenlinie kennen wir aus dem Amateurfußball genug, davon ist noch kein Spiel besser geworden. Sie haben den unschätzbaren Vorteil, dass Ihre Rezepte auf den Praxistest verzichten dürfen.
Die Erfolgsgeschichte (?) der Corona Warnapp fehlt noch
Der Autor hat recht. Und mancher der Kommentare zu diesem Artikel sind aus meiner Sicht nicht geeignet eine wertschätzende, durchaus streitbare Diskussion zu führen. Die Regierung macht manches gut in den Bereichen lockdown, Aufruf zu Solidarität etc. Jedoch wenn es um aktives, entschlossenes Handeln geht, wird gezögert, verwaltet und gewartet. Daher waren wir am Anfang, als Vorsicht das beste Mittel war, erfolgreich und sind nun, da schnelles Handeln gefragt ist, hintendrein. Beispiel: Da jeder Tag zählt ist es eben nicht sinnvoll auf die EMA-Zulassung von Impfstoffen zu warten, wenn diese in den USA zugelassen sind. Schnelles Handeln hiesse in der Pandemie die Zulassung der FDA aus den USA zu übernehmen, ohne Verzögerung.
Bei der ersten Welle hatte die Regierung wahrscheinlich einfach nur großes Glück, dass die Welle flacher ausfiel, als erwartet und so konnte sie ein Stück weit blind darauf vertrauen, noch genügend und mehr Intensivbetten pro Kopf frei zu haben, als in vielen anderen Ländern.
Die Pause im Sommer 2020 hätte Merkel nutzen können, um wesentliche Vorbereitungen zu treffen.
Dazu zählt z. B. der Impfstoff-Einkauf. Merkel wollte den Impfstoff aber nicht direkt in Deutschland beim Hersteller einkaufen, obwohl der Staat am Produzenten (Biontech) beteiligt ist, sondern sie zwang den Gesundheitsminister Spahn, den Impfstoff äusserst umständlich über die EU zu bestellen.
Gleiches gilt wohl für die Schulen. Es gab Vorschläge, Schulen mit Luftfilteranlagen nachzurüsten, um auch in Corona-Zeiten Präsenzunterricht an Schulen zu ermöglichen. Eine solche Nachrüstung hätte z. B. in den Sommerferien 2020 gut durchgeführt werden können. Dies wäre in Hinblick auf die 2. Welle im Herbst 2020, mit welcher die Regierung schon rechnete, sinnvoll gewesen.
Ähnliches gilt für die Kliniken. Viele Kliniken hielten wegen Corona Betten frei, verschoben OPs und erlitten dadurch z. Teil heftige Einbussen. Was tat die Regierung? Sie knauserte bei den Kompensationen und brachte manche Kliniken in eine existenzbedrohende Lage. Dabei wäre es durchaus im Sinne der Bürger gewesen, einen grösseren Puffer von Intensiv-Betten samt Personal vorzuhalten. Wie das Handelsblatt einmal schrieb, hätte es dafür ca. 1-2 Mrd. Euro/pro Monat benötigt. Doch die Regierung sparte auch hier an der falschen Stelle.
Merkel versucht mit falschen Rezepten, die Krise in den Griff zu bekommen:
zentrale Lösungen und noch mehr Bürokratie. Sie setzt unrealistische Ziele und wendet die falschen Mittel an (Dauer-Lockdown). Kurskorrekturen sind dabei nicht vorgesehen.
Ein Dauer-Lockdown, also chronische Perspektivlosigkeit, ist aber kein realistisches Konzept.
Trotzdem scheint es so, als wolle Merkel einfach so weitermachen...