Kommentar: BYD gönnt der deutschen Autoindustrie zu Hause nur eine kleine Verschnaufpause


Was wird das für ein hämisches Grinsen an einigen Kantinentischen in Wolfsburg, Stuttgart oder München geben: BYD, der mit Abstand größte Elektroauto-Angreifer aus China, hat Absatzprobleme in Deutschland. Und mehr noch: In einigen Exportfahrzeugen hatten die Asiaten bis zuletzt wohl sogar handfeste Schimmelprobleme.
Nun wäre es ein Leichtes, die Stromer-Schwemme aus Shenzhen leichtfertig abzutun. Schließlich wusste schon Shakespeare, dass aus Spöttern oft Propheten werden.
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Bei Licht betrachtet gönnt BYD den deutschen Autobauern BMW, Mercedes und VW zu Hause jedoch nur eine Verschnaufpause. In China ist der Konzern längst den Traditionalisten enteilt. Auch im Rest Europas läuft es für BYD insgesamt besser als im Vorjahr. Das zeigt die Stärke des Unternehmens - und den anhaltenden Druck auf die deutschen Hersteller.
Richtig ist, für BYD ist die Absatzflaute in Deutschland ein herber Rückschlag in Sachen Expansion – vor allem im Vorfeld der Fußball-EM, bei der man sich als Großsponsor präsentieren will. Richtig ist aber auch, dass die Anlaufschwierigkeiten im Heimatland des Automobils nichts sind, was die Chinesen nicht korrigieren könnten.
Plan für Europa-Einsteiger gibt es offiziell nicht
So dürfte der Druck auf die etablierten Europäer spätestens dann wieder steigen, wenn BYD – oder ein anderer China-Angreifer – mit einem günstigen Einstiegsmodell auf den Markt drängt. VW, Stellantis, Renault und Co. suchen noch immer händeringend nach einer gewinnbringenden Lösung für ein Einstiegsmodell unter 20.000 Euro.
Bei BYD hingegen ist die Technik schon da. Bereits heute verkauft der Konzern in China sein Modell Seagull für unter 10.000 Euro. In die Welt wird das Modell in erste Regionen – und zu deutlichen Aufpreisen – unter dem Namen Dolphin Mini verschifft. Einen Plan für einen Europa-Einsteiger gibt es offiziell noch nicht, aber im Hintergrund ist zu hören, dass BYD sich bereits das Timing überlegt. Dann könnte es ungemütlich werden und auch der Absatz in Deutschland dürfte wieder zulegen. Schließlich gilt der Markt als einer der preisbewusstesten überhaupt.
Was passieren kann, wenn ein Newcomer den richtigen Preispunkt trifft, lässt sich schon heute anhand von SAICs MG4 sehen. Der Kompaktwagen des chinesischen VW-Partners hatte sich in Europa jüngst besser verkauft als Volkswagens eigener ID.3 – nicht zuletzt dank aktuell 5000 Euro niedrigerem Listenpreis.






Aus Spöttern werden oft Propheten. Nur können die eben auch mal falschliegen. Deutschlands Autoindustrie sollte schleunigst ihre Hausaufgaben machen.
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Erstpublikation: 01.05.2024, 14:05 Uhr.





