1. Startseite
  2. Meinung
  3. Kommentare
  4. Leserdebatte: Wie lässt sich die Haushaltskrise lösen?

DebatteWie lässt sich die Haushaltskrise lösen? – der Blick der Leserschaft

Das Haushaltsproblem der Bundesregierung beschäftigt diese Woche auch die Handelsblatt-Leserschaft. Welche Lösungsvorschläge sie präferieren, lesen Sie hier in einer Auswahl der Kommentare. 23.11.2023 - 13:16 Uhr Artikel anhören

Christian Lindner, Robert Habeck und Olaf Scholz stehen vor der Aufgabe, die immer größere Finanzierungslücke im Haushalt zu schließen.

Foto: dpa

Das Finanzierungsproblem der Bundesregierung wird immer größer: Nach dem Urteil zu der verfassungswidrigen Umwidmung der Coronagelder in den Klimafonds schließt die Bundesregierung auch den Wirtschaftsstabilisierungsfonds.

Insgesamt stehen nun schuldenfinanzierte Ausgaben von über 100 Milliarden Euro als potenziell verfassungswidrig zur Disposition. Vor diesem Hintergrund haben wir die Leserschaft gefragt, wie das Haushaltsproblem aus ihrer Sicht gelöst werden könnte.

Die Meinungen gehen auseinander. So sehen einige Leser in der Schuldenbremse die Lösung. „Für das laufende und das nächste Jahr wird der Ampelkoalition gar nichts anderes übrig bleiben, als die Schuldenbremse auszusetzen“, so ein Leser. Auch ein anderer Leser schreibt vom Aussetzen oder Ausweiten der Schuldenbremse und begründet: Die „massiven Krisen“ dieser Zeit wie der Klimawandel oder Krieg verlangen „allesamt erhebliche finanzielle Anstrengung“.

Ein anderer Leser rät ebenfalls, die Schuldenbremse „zu modifizieren“, um notwendige Investitionen und Subventionen durchführen zu können. Nötig seien die insbesondere im Bereich der „Infrastruktur“, „Bundeswehr“, „Stromkosten“, „Brücken“ und „Krankenhäuser“, zählt ein Leser auf.

Einige Leser sehen es völlig anders: Der Bund müsse in Momenten knapper Kasse mit der „Gegenfinanzierung“ aufhören und endlich sparen lernen, wie eben jeder „Privatmann“, schreibt ein Leser. Einsparungen wären denkbar bei der „überbordenden Bürokratie“ oder bei „überflüssigen Bauten“, zählt er auf. Dem fügt ein weiterer Leser unter anderem die „Subvention von E-Mobilität“ und „Dienstwagen-Förderung“ hinzu. Ein Leser schlägt vor, „fossile Subventionen abzubauen“.

Einige Leser befürchten, dass das aktuelle Finanzierungsproblem vor allem „die AfD stärken“ werde. Ein Leser sieht es daher als besonders brenzlig, die „Sozialausgaben zu kürzen“, und schreibt: „Die AfD und das neue Bündnis Sahra Wagenknecht werden der Ampel im Hinblick auf die kommenden Wahlen zu Dank verpflichtet sein.“

Für die aktuelle Ausgabe unseres Leserforums haben wir aus den unterschiedlichen Zuschriften eine Auswahl für Sie zusammengestellt.

Es gibt keine andere Option, als die Schuldenbremse auszusetzen

„Für das laufende und das nächste Jahr wird der Ampelkoalition gar nichts anderes übrig bleiben, als die Schuldenbremse auszusetzen, auch wenn die nächste Klage vor dem Bundesverfassungsgericht für den Fall schon angekündigt ist. Langfristig müssen die Sozialausgaben anteilig sinken; es ist ja schon lange bekannt, dass die Investitionen in die Infrastruktur viel zu niedrig sind.

Wir haben eine Bundeswehr, die nicht verteidigungsfähig ist, eine Bahn, die unpünktlich ist, wenn sie überhaupt fährt, absurde Stromkosten, marode Brücken en masse, bankrotte Krankenhäuser und, und, und. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die CDU jetzt zwar eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gewonnen hat, damit aber letztlich nur die AfD stärken wird.“ 
Roland Stamm

Auch der Bund muss sparen lernen

„Bisher wurde immer nur Geld ausgegeben, probates Mittel der Gegenfinanzierung war eine Erhöhung und/oder Kreierung neuer Steuern.

Wenn dem Privatmann das Geld ausgeht, muss er sparen. Und der Bund? Will immer so weitermachen. Es ist jetzt zwingend geboten, dass die politische Kaste lernt, dass man auch mal sparen kann: an überbordender Bürokratie (sprich Personal, das abgebaut werden kann), an Klientel gerichteten Subventionen, an überflüssigen Bauten (Bundeskanzleramt!) und vielem mehr.“
Henry von Moltke

Privatisierung wie in Griechenland

„Schulden lassen sich auch durch Privatisierungen tilgen – die Griechen machen es uns ja gerade vor!

Der Staat besitzt in Deutschland viel zu viele Firmenbeteiligungen und macht somit seinen eigenen Bürgern privatwirtschaftliche Konkurrenz – das sollte sowieso dringend geändert werden.“
Benedikt Schramm

>> Lesen Sie auch: Finanzministerium will Krisenfonds WSF vollständig auflösen

Schuldenbremse modifizieren

„In einem parteiübergreifenden Schulterschluss gilt es, die Schuldenbremse so zu modifizieren, dass investive Aktivitäten, die auf zukünftige volkswirtschaftliche Nutzenwirkungen zielen, schuldenfinanziert aufgesetzt werden können.

Die deutschlandweit extrem unbefriedigende Infrastruktur – inklusive der privaten Strom- und Wärmesysteme – erfordert immense sofortige und kontinuierliche Investitionen. Zur Schuldenfinanzierung gehört selbstverständlich auch die Zins- und Tilgungskonzeption, die nachhaltig im Haushaltsrecht zu verankern und an einem Staatsverschuldungskorridor in Relation zur gesamtwirtschaftlichen Leistung zu orientieren ist.

In diesem Kontext wird es auch um den Abbau beziehungsweise die Umschichtung von Subventionen gehen – diese sollten sich an der Schaffung von zukunftsweisender Infrastruktur mit dem Ziel ökologischer, ökonomischer und sozialer Nachhaltigkeit orientieren.“
Harald Bürkle

Das Wort Sondervermögen ist eine Zumutung

„Zunächst sollten sich die Politiker daran gewöhnen, nicht mehr von Sondervermögen zu sprechen, wenn es sich in Wirklichkeit um neue Schulden handelt. Das Wort Sondervermögen ist in diesem Zusammenhang eine Zumutung für jeden ehrlichen Menschen. Die laufenden Ausgaben müssen durch den aktuellen Haushalt gedeckt sein. Für investive Ausgaben der Zukunft sollte die Haushaltsbremse gelockert werden, sonst wird die deutsche Wirtschaft international noch weiter abgehängt.“
Friedrich Wilhelm Krummenerl

Auf keinen Fall noch mehr Schulden aufnehmen

„Spätestens nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts sollte jedem Mitglied der Bundesregierung, welches noch den feucht fröhlichen Traum der Zukunftskoalition durch die Talkshows trägt, klar sein, dass die Ampel nur als bestenfalls mittelmäßiger Krisenmanager in die Geschichte der Republik eingeht. Jeder, der jetzt noch eine Abkehr von der Schuldenbremse fordert, hat den Warnschuss nicht gehört, es wäre nur ein weiteres Symbol für die Blindheit der Ampel.

Wer dieser Tage weitere Schulden aufnehmen will, hat kein Recht, das Wort Zukunft guten Gewissens in den Mund zu nehmen. Die Bundesregierung muss anfangen zu verstehen, dass Politik keine Erziehungsfrage ist, sondern auf den Konsens der Gesellschaft angewiesen ist.

Die Klimapolitik sollte dementsprechend nicht das Zentrum aller haushaltspolitischen Überlegungen sein und das Feld für die kränkelnde Wirtschaft räumen, die uns den Luxus Klimapolitik erst ermöglicht.“
Franz Hugo Schwade

Chance auf Neubesinnung der Prioritäten

„Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ermöglicht eine völlige Neubesinnung der Prioritäten.

Die Parteien in der Regierung vertreten die Bandbreite der demokratischen Ideen in Deutschland.

Da keine der Parteien ihre Prioritäten mehr mit Geld durchsetzen kann, sind sie jetzt gezwungen, einander zu überzeugen. Dabei kann und muss ein Neuanfang herauskommen.“
Martin Bickeböller

Was wird denn jetzt aus den 60 Milliarden Euro?

„Ich verstehe trotz aller Hochachtung vor der Kompetenz des Bundesverfassungsgerichts nicht,warum sollten die frei werdenden 60 Milliarden Coronarücklage nicht anderweitig umgewidmet werden? Das ist doch ein üblicher buchhalterischer Vorgang. Was wird denn jetzt aus den 60 Milliarden Euro?“
Joachim Löhr 

AfD und Wagenknecht werden danken

„Wenn ich mir den Umgang der Ampelkoalition mit Geld so ansehe, fällt mir immer der Spruch eines bekannten TV-Schuldenberaters ein: ‚Man muss es sich halt auch leisten können!‘

Zudem frage ich mich, ist die Schuldenbremse nicht ohnehin bereits durch die Coronahilfen, das Bundeswehr-Sondervermögen und Ukrainehilfen und so weiter außer Kraft gesetzt ?

Nun die Sozialausgaben zu kürzen, ich denke die AfD und das neue Bündnis Sahra Wagenknecht werden der Ampel im Hinblick auf die kommenden Wahlen zu Dank verpflichtet sein.

Also bleibt nur übrig, wie jeder andere x-beliebige Bürger und Wähler auch, dort einzusparen und besser hauszuhalten, was gegebenenfalls Luxus ist (Subvention von E-Mobilität, Dienstwagen-Förderung, Transformation von Heizungen, aber auch die Unterstützung von jammernden Großkonzernen mit Milliardengewinnen beim Umbau ihrer Geschäftsmodelle) oder was einen zeitlichen Aufschub (leider) dulden muss!

In diesem Zusammenhang sei die Frage erlaubt, bei wie vielen Menschen wird Weihnachten dieses Jahr weniger opulent ausfallen als zuletzt ?“
Richard Rainer

>> Lesen Sie auch unseren Kommentar: Die Finanzpolitik der Ampel erfordert einen Neustart

Fossile Subventionen runterfahren

„Ich fände es sinnvoll, fossile Subventionen abzubauen etwa beim Dieselpreis, beim Kerosin oder dem Dienstwagenprivileg.

Das Umweltbundesamt kommt hier regelmäßig auf 50 bis 60 Milliarden Euro pro Jahr. Passt also für Klimaschutz und den Haushalt. Und wäre im Sinne der FDP (weniger staatliche Eingriffe in den Markt).“
Julian Mertens

Es ist egal, wer uns das eingebrockt hat

„Es ist egal, wer uns die aktuelle Situation eingebrockt hat. Wichtig ist, dass jetzt von den Grünen bis zur Union alle ihre gemeinsame Verantwortung verstehen und wahrnehmen. Das bedeutet auch, althergebrachte Positionen zu überdenken, um Staat und Demokratie nicht zu gefährden.“
Koray Özbagci

Massive Krisen verlangen eine erhebliche finanzielle Anstrengung

„Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist an einer entscheidenden Stelle nicht nachvollziehbar: Es fehlen Übergangsfristen, obwohl es dafür gute Gründe gegeben hätte.

Verwandte Themen AfD Sahra Wagenknecht Bundeswehr FDP Bundesverfassungsgericht Deutschland

Wir durchleben aktuell massive Krisen (zum Beispiel den Klimawandel, die Notwendigkeit zur Transformation, Krieg in Europa), die allesamt erhebliche finanzielle Anstrengungen verlangen.

Wenn nichts anderes möglich ist, muss die Schuldenbremse vorübergehend ausgeweitet oder gar ausgesetzt werden, wobei zu befürchten ist, dass die Opposition im Bundestag – zusammen mit der FDP in der Regierung –, statt Verantwortungsbewusstsein zu zeigen, nur auf Krawall setzt.
Letztlich werden die Bürger und Bürgerinnen die Zeche zahlen müssen – und die AfD wird sich ins Fäustchen lachen.“ 
Thomas Reiners

Wenn auch Sie sich im Forum zu Wort melden möchten, schreiben Sie uns per E-Mail an forum@handelsblatt.com oder auf Instagram unter @handelsblatt.

Mehr: Ob VW mit seinem neuen Sparpaket zukunftsfähig wird, darüber debattierte die Leserschaft in der vergangenen Woche.

Johanna Müller
Mehr zum Thema
Unsere Partner
Anzeige
remind.me
Jetziges Strom-/Gaspreistief nutzen, bevor die Preise wieder steigen
Anzeige
Homeday
Immobilienbewertung von Homeday - kostenlos, unverbindlich & schnell
Anzeige
IT Boltwise
Fachmagazin in Deutschland mit Fokus auf Künstliche Intelligenz und Robotik
Anzeige
Presseportal
Direkt hier lesen!
Anzeige
STELLENMARKT
Mit unserem Karriere-Portal den Traumjob finden
Anzeige
Expertentesten.de
Produktvergleich - schnell zum besten Produkt