Leserdebatte: Wird VW mit dem Sparpaket zukunftsfähig?

Deutschlands größter Autobauer ist „zu langsam, zu träge, zu kompliziert“, sagt VW-Pkw-CEO Thomas Schäfer. Ein milliardenschweres Sparpaket soll Abhilfe schaffen.
Mit einem Zehn-Milliarden-Sparpaket soll der Autobauer VW saniert werden. Das Management will die Einsparungen unter anderem über den Vertrieb, Personalkosten und Preiserhöhungen einfahren. Wir haben die Handelsblatt-Leserschaft gefragt, ob das der richtige Ansatz ist, um den Autokonzern für die Zukunft und den Wettbewerb zu wappnen.
Die Leserschaft ist sich einig: Bei VW gibt es viele Baustellen. So seien zum Beispiel die Preise unangemessen: „Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt nicht“, schreibt ein Leser. Ein anderer Leser findet die Autos „für den Gegenwert überteuert“. Zusätzlich sollte die Modellpalette überarbeitet werden, denn sie sei „langweilig“, so ein weiterer Leser. Das Design sei zudem „unattraktiv“, bemängelt ein anderer.
Kritik gibt es nicht nur für das Erscheinungsbild, auch die Qualität der Technik habe deutlich nachgelassen. VW produziere „nur noch technisch und innovativ zweit- beziehungsweise drittklassige“ Autos, findet ein Leser. Auch ein anderer Leser beschreibt die Autos als „qualitativ unterdurchschnittlich“.
VW müsse sein Augenmerk nun darauf legen, wieder „Autos für den Markt“ zu entwickeln, rät ein Leser. Dabei muss sich VW seines Namens „wieder bewusst“ werden, ergänzt ein weiterer. Das aktuelle Angebot gehe „vorbei am Geschmack der teils doch eher konservativen Stammkundschaft“, daher rät ein Leser dringend zur „Rückbesinnung auf frühere Tugenden und die Produktion von zeitgemäßen ‚Volks-Wagen‘“. Dem stimmt ein weiterer Leser zu: VW solle „doch bitte Volkswagen bauen. Und das schnell“.
Grund zur Eile und für einen längst überfälligen Kurswechsel sehen auch andere Leser. So rechnet ein Leser ab 2026 mit einer „ Schwemme chinesischer Elektroautos zu Niedrigpreisen, die jedem europäischen Autohersteller das Fürchten lehren muss.“ Auch ein anderer Leser rät zu einer möglichst zeitnahen Sanierung, da man „schon jetzt von der Konkurrenz aus Grünheide und China nur noch die Rücklichter“ sehe.
Uneinigkeit herrscht bei der Leserschaft jedoch darüber, ob Sparmaßnahmen den gewünschten Erfolg bringen. Denn auch Sparen will gelernt sein: „Wenn man das Eingesparte“ an falscher Stelle einsetze, so ein Leser, „dann rutscht man gleich in die nächste Sparrunde“. Ein Leser meint, Sparmaßnahmen können höchstens „ein Teil der Lösung sein“, ein anderer Leser rät ganz davon ab. Es brauche vielmehr „Investitionen in Batteriezelltechnologie und deutlich effizientere Autowerke“.
Für die aktuelle Ausgabe unseres Leserforums haben wir aus den unterschiedlichen Zuschriften eine Auswahl für Sie zusammengestellt.
Sparmaßnahmen bringen nichts
„Die von VW geplanten Sparmaßnahmen werden den Konzern sicherlich nicht auf Renditekurs bringen, sondern das genaue Gegenteil bewirken. Statt Einsparungen braucht es hohe Investitionen in Batteriezelltechnologie und deutlich effizientere Autowerke, um die Kosten pro Fahrzeug zu senken und Rendite zu erhöhen. Die Zukunft in der Automobilbranche gehört jenen Unternehmen, die es schaffen, günstige Elektroautos mit hoher Reichweite für die breite Masse zu produzieren.
Also doch bitte Volkswagen bauen. Und das schnell, weil man schon jetzt von der Konkurrenz aus Grünheide und China nur noch die Rücklichter sieht.“
Maximilian Fröhlich
Verkaufskanonen durch Künstliche Intelligenz ersetzen
„Ja, die größten Chancen auf Erlöse bringen Einkauf und Buchhaltung. Der Vertrieb, davon hat er mich aktuell überzeugt, schafft sich momentan zum Großteil selbst ab. Vielleicht fehlt es an Expertise, vielleicht wird es so vorgelebt. However, Volkswagen wäre gut beraten, seinem Namen wieder bewusst und gerecht zu werden. Das erfreut dann Anleger wie Kunden gleichermaßen. Die derzeitigen Verkaufskanonen können größtenteils bereits heute durch Künstliche Intelligenz ersetzt werden. Und wer weiß, vielleicht muss dann zur Steigerung der Marge gar nicht mehr so viel gespart werden.“
Thilo Holzgrebe
Weg mit dem VW-Gesetz
„Wichtig wäre, dass endlich das VW-Gesetz fällt, damit VW zum ‚normalen‘ Großunternehmen wird.
Mit einem ‚normalen‘ Einfluss von Politik und Gewerkschaft und nicht wie heute auf dem Chefsessel derselben.“
Ludwig Börmann
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Importiert VW bald die in China produzierten Fahrzeuge?
„Was der VW-Vorstand als Sparmaßnahmen bezeichnet, ist nichts anderes als die Streichung von Kosten, die außer Verhältnis zu der damit bewirkten Produktivität stehen.
Dieses Missverhältnis bestand zwar schon in Zeiten der Volumenproduktion von Verbrennerfahrzeugen. In diesen guten Zeiten störte sich allerdings niemand daran, dass in Wolfsburg weltweit unter allen Autoherstellern pro Kopf am wenigsten gearbeitet und die höchsten Löhne gezahlt wurden, weil sich absolut (und nicht pro Fahrzeug) aufgrund der hohen Stückproduktion immer noch ein hoher Konzerngewinn ausweisen ließ. Jetzt droht ab 2026 die Schwemme chinesischer Elektroautos zu Niedrigpreisen, die jedem europäischen Autohersteller das Fürchten lehren muss.
Spannende Frage am Rand: Wird VW dann seine in China produzierten Fahrzeuge in Deutschland importieren und seinen Produkten made in Germany zusätzliche Konkurrenz machen? Einzige Hoffnung für die VW-Mitarbeiter: Vielleicht eröffnet Rheinmetall demnächst sein neues Werk in Wolfsburg.
Willkommen in der Realität des 21. Jahrhunderts.“
Christoph Priebe
Es war mal das Maß der Dinge
„Es gab Zeiten, da waren der VW Golf oder Audi A4/A6 in jeder Hinsicht das Maß der Dinge. Solange der VW-Konzern aber nur noch technisch und innovativ zweit- beziehungsweise drittklassige, für den Gegenwert überteuerte und qualitativ unterdurchschnittliche Autos in unattraktivem Design herstellt, die Kleinwagen-Klasse komplett vernachlässigt und den eigenen Fortschritt ausschließlich in neuen LED-Leuchten feiert, so lange machen Koreaner und Chinesen gute Geschäfte.“
Thomas Schüller
Sparen kann nur ein Teil der Lösung sein
„Die Marke Volkswagen ist auch im Wettbewerb der VW-Marken ‚unter die Räder‘ gekommen. Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt nicht, die Modellpalette ist langweilig, die Marke VW ein Synonym für Behäbigkeit. Sparmaßnahmen können nur ein Teil der Lösung sein, verbesserte und schnellere Prozesse verbunden mit höheren Investitionen für mehr Innovation müssen der Schwerpunkt sein.“
Holger Rabbe
Prüfung der Boni und Spitzengehälter
„Es ist für Außenstehende naturgemäß schwer zu beurteilen. Aber fangen wir mit der Prüfung bei den Boni und bei den Spitzengehältern an. Hier lässt sich mit Sicherheit etwas einsparen. Und eventuell verlegt man den Start der Elektroautos auf einen späteren Zeitpunkt. Die Technik und hauptsächlich die Verfügbarkeit von Ladestationen ist noch nicht wirklich alltagstauglich. Hier muss mit der Zeit noch verbessert werden. Auch eine Entbürokratisierung ist hilfreich, Steuersenkungen auf allen Ebenen sollten zusätzlich Kaufkraft freisetzen. Eine überschaubare Produktpalette und günstige Einstiegspreise bei den kleinen Modellen runden das Bild ab.“
Thomas Lamberty
Autos am Markt vorbeientwickelt
„Wann lernen deutsche Unternehmen, dass man maximal nur 100 Prozent einsparen kann?
Solange das Programm unter ‚Kostenreduzierung‘ und nicht unter ‚Steigerung der Agilität und Wettbewerbsfähigkeit‘ läuft, wird es schwer umzusetzen sein. Bottomline soll das Ebit (earnings before interest and taxes) um drei Prozent gesteigert werden (3,5 > 6,5 Prozent), wozu eine Kostenreduzierung von 20+ Prozent notwendig ist.
Das gleiche wirtschaftliche Ziel ist erreichbar, indem man Autos für den Markt entwickelt und nicht daran vorbei, diese mit erkennbarem Mehrwert verkauft und damit die Topline lediglich um drei Prozent steigert.
Wenn der Kunde genau bekommt, was er möchte, und den Mehrwert erkennt, dann kauft er auch für drei Prozent mehr.“
Siegfried Kreuzer
Es ist fraglich, ob die Preiserhöhung es bringt
„In einem Großkonzern kommt es immer zu Ausgaben, die nicht sein müssen. Also richtig sparen, wo es nur geht. Wenn man das Eingesparte jedoch an der falschen Stelle einsetzt, ist das nicht so prickelnd, dann rutscht man gleich in die nächste Sparrunde.
Ob eine Preiserhöhung es bringt, ist meines Erachtens fraglich. Das ist ein alter Controlling-Vorschlag, der erst einmal greifen muss, denn es ist ein Kunde zu finden, der den erhöhten Preis zahlt, und so toll sind die Autos von VW wohl, außer von der Chefetage gedacht, nicht.“
Klaus-Peter Berger
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Es braucht mal wieder einen richtigen Volkswagen
„Bis 2015, so hatte ich den Eindruck, befand sich VW unumstößlich auf dem Weg zum weltweiten Autobauer Nummer eins.Dann der unsägliche Dieselskandal, der meines Erachtens übereilte Strategiewechsel weg vom Verbrenner, damit leider auch verbunden die freiwillige Aufgabe der bis dahin weltweit geschätzten
konzerneigenen Dieseltechnologie, das
Milliarden-Software-Experiment Cariad, mit Software überfrachtete neue Modelle vorbei am Geschmack der teils doch eher konservativen Stammkundschaft und dazu kostspielige Personalrochaden im Topmanagement.
Man suche den Fehler, warum die Rendite dabei auf der Strecke bliebt. Vielleicht wäre eine Rückbesinnung auf frühere Tugenden und die Produktion von zeitgemäßen ‚Volks-Wagen‘ zielführend und hilfreich.“
Richard Rainer
Das Design hat keine Zukunft
„Als passionierter VW Fahrer (Käfer, Golf, Passat, Touareg) bin ich erschüttert über das einfältige Design der ID-Modelle.
Damit hat VW keine Zukunft. Nicht bei mir. Und nicht in der Allgemeinheit.“
Hans Mittmann


Zu viele Modelle mit zu vielen Extras
„VW sollte seine vielen Modelle reduzieren, dadurch werden auch die Produktionskosten weniger. Auch finde ich, dass die einzelnen Modelle zu viele Extras anbieten, die dann der Kunde zahlen muss. Warum können nicht die Extras gleich in die Basismodelle integriert werden, auch wenn dadurch die Modelle teurer werden?
Ich finde, dass drei Modellvarianten ausreichend sind, und in diesen können dann die vielen Extras (Sonderpreis) eingefügt werden. Dies würde auch zur Kostenminderung des Unternehmens beitragen.“
Reiner Roßmann
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Mehr: Wo der Bürokratieabbau am nötigsten ist, darüber diskutierte die Handelsblatt-Leserschaft in der vergangenen Woche.





