Kommentar: Atom-Wumms von Scholz – Gewinner und Verlierer der Laufzeitverlängerung für AKWs

Die Mehrheit der Bevölkerung wollte, dass die drei Atomkraftwerke befristet am Netz bleiben.
Der Kanzler hat in letzter Minute die Kurve gekriegt. Mit einem Machtwort beendet Olaf Scholz den quälenden Streit zwischen FDP und Grünen über die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke. Auch das Kraftwerk Emsland soll bis 2023 laufen. Die Mehrheit der Bürger und die Wirtschaft hätten es nicht verstanden, wenn der Weiterbetrieb der noch verbliebenen Atomkraftwerke in einem Formelkompromiss von SPD, Grünen und FDP zerredet worden wäre.
Nach dem Doppel-Wumms des Kanzlers nun also der Atom-Wumms, der drei Gewinner und einen großen Verlierer kennt.
Zu den Gewinnern zählen erstens Wirtschaft und Bürger. Wenn vernünftige Krisenpolitik der Maßstab für gutes Regierungshandeln ist, muss die Koalition alles ans Netz bringen, was kein Gas verbraucht, aber Strom produziert. Nur so können die Unternehmen über den Winter kommen und Großstädte Blackouts vermeiden.
Gas einzusparen hilft vor allem Einkommensschichten, die sich die hohen Preise nicht leisten können. Die Mehrheit der Bevölkerung wollte ohnehin, dass die drei Atomkraftwerke befristet am Netz bleiben. Die Familienunternehmer gingen sogar dafür auf die Straße. Scholz hat nun auf die einfache wirtschaftliche Wahrheit Rücksicht genommen: Vorsätzlich teures Gas für die Stromproduktion zu verfeuern ist Unsinn.
Atomkraft: FDP-Wahlschlappen bewirkten ein Umdenken
Zweiter Gewinner ist FDP-Chef Christian Lindner – auch wenn der Bundesfinanzminister alle drei Atomkraftwerke sogar bis 2024 laufen lassen wollte. Der eigenen Basis hätte er nach vier Wahlschlappen in diesem Jahr kein weiter gehendes Zugeständnis mehr zumuten können. 300 Milliarden neue Schulden und dann auch noch mit den Grünen ein energiepolitisches Abenteuer einzugehen, das wäre zu viel gewesen.
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Der wiederholte Hinweis Lindners auf die staatspolitische Verantwortung, warum er den gesunden Menschenverstand in der Koalition nicht durchsetzt, wäre ausgereizt gewesen. Die Wirtschaft hat große Hoffnungen auf die FDP in der Ampel gesetzt. Offenbar hat der Rauswurf der Liberalen aus dem niedersächsischen Landtag ein Umdenken bewirkt.
Dritter Gewinner ist der Kanzler. Olaf Scholz erschien in der ganzen Zeit kraftlos. Nicht wie ein Regierungschef, der vor Kurzem noch die Zeitenwende und den Doppel-Wumms ausgerufen hat. Scholz behauptete: „Wer von mir Führung bestellt, kriegt sie auch.“ Mit der Klatsche für die Grünen hat er das erneut unterstrichen. Wie das vor allem bei den Grünen ankommt, werden die kommenden Tage und Wochen zeigen.
Grüne: Mit Geld und Waschlappen gegen die Energiekrise
Verlierer sind die Grünen, die ihre parteiinternen Interessen vor die des Landes stellen wollten. Mit dem Gebrauch der Richtlinienkompetenz ist der Grünen-Beschluss vom Wochenende, das AKW Emsland zum Jahresende abzuschalten, Makulatur.
Podcast: Haben die Grünen im AKW-Streit zu früh rote Linien gezogen?
Wirtschaftsminister Robert Habeck macht einen Bückling vor den Scheichs, verfeuert Braunkohle und Schweröl. Wenn es aber um einen Parteitagsbeschluss der Grünen geht, stoppt er abrupt den Weg in die Realität. Er empfiehlt den Bürgerinnen und Bürgern, lieber weiter kurz zu duschen oder, wie sein Grünen-Kollege Winfried Kretschmann, gleich den Waschlappen zu benutzen.
Mit Geld wird der Rest zugeschmissen, 2023 wollte der Nachfolger von Ludwig Erhard dann weitersehen. Einfach drei Atomkraftwerke, wie es Greta Thunberg empfiehlt, laufen zu lassen, schafften Habeck und die Grünen nicht. Es brauchte das mutige Machtwort des Kanzlers.






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Erstpublikation: 17.10.22, 20:00 Uhr.





