Kommentar: Der Ausgang der US-Wahl zeigt, wie wenig die Europäer die USA verstehen

Amerika hat gewählt – aber noch keine Wahl getroffen. Es wird möglicherweise noch Tage, vielleicht sogar Wochen dauern, bis feststeht, wer der nächste Präsident der USA wird. Doch eines ist bereits mehr als deutlich geworden: Wieder einmal haben sich die Demoskopen geirrt, die einen recht klaren Sieg Joe Bidens prognostizierten. Wieder einmal wurden Donald Trump und seine Fähigkeit unterschätzt, seine Basis zu mobilisieren. Wieder einmal wähnten die Europäer leichtfertig und auch ein wenig selbstgerecht eine Wiederwahl im Bereich des Unmöglichen.
Und das vielleicht Überraschendste dieser epochalen Wahl: Das fatale Corona-Krisenmanagement des Präsidenten hat für den amerikanischen Wähler offensichtlich keine große Rolle gespielt. Ausschlaggebend war offensichtlich die Tatsache, dass es den US-Bürgern vor Ausbruch der Pandemie wirtschaftlich gutging. Den ökonomischen Einbruch, der folgte, rechneten die Amerikaner einem aus China stammenden Virus zu – und nicht dem zeitweise irrlichternden Kurs ihres Präsidenten.
All jene, die mit einem deutlichen Sieg Bidens gerechnet haben, müssen sich nun fragen, ob sie das Land wirklich kennen – allen voran jene hier in Europa, wo auch vor vier Jahren die Abneigung gegenüber Trump den klaren rationalen Blick auf die realen Verhältnisse vernebelte. Amerika ist eben nicht New York, Boston oder Los Angeles.





