Kommentar: Der reichste Mann der Welt begeht öffentlich Vertragsbruch – und ramponiert seinen Ruf
Gegen den Tesla-Milliardär wurden bereits mehrere Klagen erhoben.
Foto: Getty ImagesElon Musk hat Großes geleistet. Er hat nicht nur den E-Autobauer Tesla aufgebaut und groß gemacht, sondern den gesamten Bereich der E-Mobilität neu belebt. Mit SpaceX hat er die kommerzielle Raumfahrt neu erfunden. Als reichster Mensch der Welt mit einem geschätzten Vermögen von 265 Milliarden Dollar scheint er jedoch die Bodenhaftung verloren zu haben.
Im April unterschrieb er einen rechtlich bindenden Vertrag zum Kauf des Kurzmitteilungsdienstes Twitter für 44 Milliarden Dollar. Wäre der Deals damals direkt abgeschlossen worden, hätte Musk auch finanziell dafür gefeiert werden können.
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Doch die Kräfte an den Aktienmärkten haben sich verschoben. Tech-Werte wurden abgestraft. Twitter-Rivale Snap hat seit Jahresanfang 65 Prozent an Wert verloren. Heute 44 Milliarden Dollar für Twitter zu zahlen, erscheint viel zu viel.
Aber: Deal ist Deal. Nur für Herrn Musk offenbar nicht. Der lässt über seine Anwälte ausrichten, Twitter habe das Ausmaß von Spam-Accounts auf der Plattform verschleiert.
Ein langwieriges Verfahren könnte Twitter lähmen
Dabei war bereits zum Kauf im April das Problem mit Spam-Accounts öffentlich bekannt und gut dokumentiert. Es ist offensichtlich, dass Musk hier eine Ausrede sucht, um aus einem für ihn finanziell nicht mehr lukrativen Kauf herauszukommen.
Faktisch begeht Musk damit Vertragsbruch. Die Details werden wohl vor Gericht entschieden werden. Ein langwieriges Verfahren könnte Twitter lähmen oder sogar das Ende der Plattform bedeuten – selbst wenn Musk am Ende eine hohe Entschädigungssumme zahlen müsste.
Bislang wurde Musk in den USA und insbesondere im Silicon Valley vieles verziehen. Jetzt droht die Stimmung zu kippen.
Wieder und wieder hat er offen US-Börsenregeln verletzt. Mit der Aufsicht SEC ficht er seit Jahren etliche Kleinkriege aus. Dabei muss klar sein: Regeln gelten für alle. Auch für den reichsten Mensch der Welt.
Von vorne herein Vorgaben verletzt
Schon bei der Anbahnung des Twitter-Deals verletzte Musk mehrere Vorgaben. Er hatte sich in verschiedenen Schritten mehr als neun Prozent der Anteile gesichert. Bei größeren Beteiligungen an US-Firmen gelten strikte Vorschriften: Wenn sie den Schwellenwert von fünf Prozent überschreiten, muss dies innerhalb von zehn Tagen per Pflichtmitteilung öffentlich gemacht werden.
Musk überschritt diese Frist jedoch. Schon das war falsch. Gegen ihn laufen bereits mehrere Klagen.
Wer soll in Zukunft noch Geschäfte mit Musk machen, wenn rechtlich bindende Verträge nicht mehr gelten? Mit dem jüngsten Rückzieher von Twitter macht sich Musk in der Geschäftswelt schlicht unglaubwürdig.