Kommentar Deutschlands Firmen sollten bei der Rückkehr ins Büro mehr Mut wagen

Das eigentliche Problem ist: Kaum eines der großen Unternehmen setzt Anreize zur Rückkehr ins Office.
Seitdem die Revolution der Arbeitswelt im März 2020 begonnen hat und die Arbeit im Homeoffice zur flächendeckenden Realität geworden ist, hat sich nicht mehr viel bewegt. Anderthalb Jahre nach Ausbruch der Pandemie stehen Deutschlands Büros noch immer leer.
Beispiel Allianz: 50 Prozent der Belegschaft könnten dank der Hygienemaßnahen ins Büro kommen, doch nur 20 Prozent tun es auch. Anderswo ist es ebenso verwaist, wie eine Handelsblatt-Umfrage unter den 30 Dax-Konzernen und großen Familienunternehmen gezeigt hat.
Im September 2021 wird deutlich: Die Rückkehr ins Büro fällt vielen Beschäftigten viel schwerer als der Schritt ins Homeoffice – sei es wegen der unsicheren Pandemielage oder aus Gewohnheit und Trott. Klar ist: Betriebe täten gut daran, ihren Beschäftigten mehr Anreize zu setzen, um sie zumindest tageweise in die Firma zu locken – zum Wohle des Unternehmens und der Angestellten.
Studien zeigen immer wieder, dass Beschäftigte unzufrieden, unproduktiv und unmotiviert werden, wenn sie nur in den eigenen vier Wänden arbeiten. Auch die Firmen klagen, dass die kreative Zusammenarbeit im Dauer-Homeoffice schwerfällt und es gerade neue Mitarbeiter schwer haben, sich von zu Hause aus einzuarbeiten. Schon ein Tag pro Woche im Büro würde viele Probleme lösen.
Das eigentliche Problem ist aber: Kaum eines der großen Unternehmen setzt Anreize. Es bedürfe keiner Lockmittel, teilt etwa Siemens mit. Eine bemerkenswerte Einschätzung, sind bei dem Industriekonzern doch nur fünf bis 15 Prozent der Arbeitsplätze belegt.
Besser macht es da Kärcher: Der Reinigungsgerätehersteller schmeißt eine Firmenfete, um den sozialen Austausch wieder ans Laufen zu bringen. Die Telekom lockt mit Diskussionsrunden, Henkel hat die Kantine modernisiert, die Deutsche Börse ihr Büro neu konzipiert.
Gute Beispiele, die Menschen dazu bringen, sich nicht nur im Homeoffice zu verkriechen. Auch Manager können dazu beitragen, etwa indem sie ein verpflichtendes Präsenzmeeting pro Woche mit ihrem Team festsetzen.
Die Infektionszahlen steigen zwar wieder und das oberste Ziel der Firmen ist die Gesundheit ihrer Beschäftigten. Doch das dauerhafte Homeoffice kann auch nicht die Lösung sein. Die Firmen haben schließlich ausgeklügelte Hygienekonzepte entwickelt, viele Mitarbeiter sind geimpft, alle tragen Maske. Zumindest tageweise ins Büro zurückzukehren ist nicht gefährlicher, als im Supermarkt einzukaufen.
Deutschlands Firmen sollten bei der Rückkehr ins Büro endlich mehr Mut wagen. Sonst laufen sie Gefahr, dass die Revolution der Arbeitswelt ein unglückliches Ende nimmt.
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