Kommentar: Die Debatte um Spahns Kanzlerkandidatur schwächt dessen Tandem-Partner Laschet

Kandidiert er oder kandidiert er nicht? Die Debatte um die Ambitionen des Bundesgesundheitsministers ist in vollem Gange.
Berlin. Eine Woche vor dem digitalen Parteitag lässt Jens Spahn dementieren, dass er Kanzlerkandidat der Union werden möchte. Was er nicht von sich weist: Er steht in regelmäßigem Austausch mit Parteifreunden, wie es offensichtlich zwischen den Jahren geschehen ist. Alles andere befindet sich bislang im Reich der Spekulationen.
Es gibt aber durchaus Hinweise, die solche Ambitionen bestätigen. CDU-Übervater Wolfgang Schäuble hat jüngst öffentlich gemacht, dass er einen Unions-Kanzlerkandidaten für möglich hält, der nicht Parteichef der CDU oder CSU ist. Unions-Fraktionschef Ralf Brinkhaus pflichtete ihm bei. Jeder in der CDU weiß, dass Spahn ein Ziehsohn Schäubles ist. Er machte ihn zum parlamentarischen Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und half ihm beim Einzug ins Präsidium der CDU.
Mit Edmund Stoiber ist auch ein CSU-Veteran großer Spahn-Fan. Schon vor Jahren hielt er ihn für kanzlertauglich und versuchte, ihn in die erste Reihe zu schieben. Doch im Kampf um die Macht geht es nicht zuletzt um das richtige Timing. Die Spekulationen um Spahns Kanzlerkandidatur werden zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt publik.
Auch wenn Spahn dementieren lässt, schwächen die Berichte ein paar Tage vor dem Parteitag seinen Tandem-Partner Armin Laschet. Viele Parteifreunde hatten von Anfang an in diesem ungleichen Paar ein Zweckbündnis gesehen. Schon vorher war nicht ganz klar, wer von diesem Duo eigentlich strampelt und wer lenkt.
Ihr Motto lautete: Alles außer Merz. Auffällig ist, dass der nordrhein-westfälische Ministerpräsident in den vergangenen Tagen seinen Tandem-Partner nicht mehr erwähnte. Laschet ist sicherlich in der Partei besser vernetzt als Spahn.
Spahn hat sich seine Posten stets mit offenem Visier erkämpft
Ihm dürften die Spekulationen schon zu Ohren gekommen sein. Mehr als ein dürftiges „Wir tauschen uns regelmäßig aus“ war von Laschet nicht zu vernehmen. Das ist eine Formulierung, die in der Politik auf Eiszeit hindeutet.






Wolfgang Kubicki hat in den politischen Wortschatz das Bonmot vom „Karrierefeigling“ eingeführt. Das ist Jens Spahn nicht. Der Münsteraner hat sich seine Posten mit offenem Visier erkämpft.
Er entwand dem Merkel-Vertrauten Hermann Gröhe erst den sicher geglaubten Platz im CDU-Präsidium und dann das Gesundheitsministerium. Immer gegen den Willen der Kanzlerin. Dann warf Spahn anders als Laschet seinen Hut in den Ring, als es um den Parteivorsitz ging. Mehr als ein Achtungserfolg war für ihn allerdings damals nicht drin.
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