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KommentarDie Digitalisierung der Industrie rollt an – und Deutschland muss sie anführen

Das Internet der Dinge vernetzt Maschinen statt Lichtschalter. Bei dieser zweiten Welle der Digitalisierung ist Deutschland klar im Vorteil. Larissa Holzki 21.01.2020 - 17:35 Uhr

Deutschland hat nicht nur gesunde Unternehmen, sondern praxiserprobte, weltberühmte Ingenieure.

Foto: dpa

Deutschland hat das Zeug zur Digitalmacht – auch wenn es auf den ersten Blick anders aussieht. Amerikaner und Asiaten mögen bessere Smartphones und soziale Netzwerke schaffen, die die Welt umspannen. Aber das ist nur die erste Welle. Die vergangenen 30 Jahre werden bald nur noch als Vorboten der Digitalisierung gelten – als jährlich ein neues Wunderphone vorgestellt wurde, mit Kamera, Touchscreen, Apps und Alexa.

Jetzt beginnt die Vernetzung von Fabriken und Produktionsanlagen. Es geht um Roboter, Blockchain und KI. Das Internet der Dinge vernetzt Maschinen statt Lichtschalter. Diese zweite Digitalisierungswelle wird den Kern der deutschen Wirtschaft treffen – und sie kann in München, Wolfsburg und Leverkusen besser ins Rollen gebracht werden als im Silicon Valley.

Es geht um gigantische Datenmengen und unvorstellbar viel Geld. Drei Billionen Dollar sollen mit digitalen Technologien weltweit in der Industrie gehoben werden können. Mit der Digitalisierung soll die individuelle Fertigung so einfach werden wie die Massenproduktion.

Maschinen sollen nie mehr kaputtgehen, weil sich Abnutzung voraussagen lässt. Arbeitsunfälle soll es nicht mehr geben, weil die vernetzte Produktionsanlage bei Gefahr automatisch stoppt.

Die Basis für den Erfolg der Deutschen in diesem Geschäft ist da. Um die Produktion zu digitalisieren, braucht es dreierlei: erstens die Daten der Unternehmen, zweitens Experten für Material und Maschinen und drittens neues Wissen über maschinelles Lernen.

Deutschland hat nicht nur gesunde Unternehmen, sondern praxiserprobte, weltberühmte Ingenieure. Die Technischen Unis haben einen sehr guten Ruf. Der US-Finanzdienst Bloomberg kürt Deutschland in seinem jüngsten Innovationsindex sogar zum Weltmeister, mit starken Bewertungen bei der Wertschöpfung in der Fertigung, Hightech-Dichte und Patentaktivität. Die USA landen nur auf Rang neun, China auf Platz 15.

Nun kommen Entwicklungen im Start-up-Sektor hinzu, die Mut machen. Man muss statt Einhörnern bloß die heimischen Hidden Champions zählen. Die Firma ZkSystems aus Berlin beispielsweise protokolliert per Blockchain die Abnutzung von Maschinen und ermöglicht neue Servicemodelle.

Bei DataGuard aus München können Unternehmen die Konformität mit der Datenschutz-Grundverordnung im Abo bestellen. Und das Münchener Start-up Konux sagt für die Deutsche Bahn den Reparaturbedarf von Weichen voraus.

Die Wagniskapitalgeber haben das Potenzial erkannt. Auf der gerade beendeten Münchener Innovationskonferenz DLD war das ein riesiges Thema. Der Investor Niklas Zennström hält deutsche Start-ups schon für spannender als solche im Silicon Valley, weil sie näher dran sind an den Maschinenräumen.

Firmen müssen selbst anpacken

Das Kalkül ist klar: Beim Geschäft mit Unternehmenskunden (B2B) ist viel mehr Geld zu holen als bei Uber-Mitfahrern, die kein Geld für ein Taxi haben. Und weil die genannten Firmen für Einsparungen bei den Kunden sorgen, werden sie sogar in einer Rezession gefragt sein.

Die neue Wette aufs B2B-Geschäft lässt sich auch bei Celonis sehen: Die junge Softwarefirma wird als das nächste SAP gehandelt. Sie bildet Geschäftsprozesse digital ab und analysiert Verbesserungen. Bewertung: 2,5 Milliarden Euro. Oder Scoutbee: Die Wiesbadener sammeln automatisiert Daten über Zulieferer und machen den Einkauf billiger. Dafür gab es gerade mehr als eine halbe Million Euro Kapital.

Auf EU-Ebene leistet Binnenmarktkommissar Thierry Breton Digitalisierungshilfe: Der Ex-Chef des französischen IT-Konzerns Atos will einen Datenpool bauen, in dem Branchen- und Behördendaten zusammengeführt werden. Mit dem regulierten Zugang sollen EU-Firmen zu Tech-Riesen aus den USA und China aufholen, die schon riesige Datenmengen haben. Doch die Zeit drängt. Auch Amazon und Co. sehen ihre Zukunft in der Industrie 4.0. Cloud-Chef Werner Vogels reist von einer Fabrik zur nächsten.

Klar ist: Jahrzehntealte Anlagen sind für die Datengenerierung nicht gemacht. Firmen müssen die Adaptionen selbst anpacken und in IT-Experten und Start-ups investieren. Dabei dürfen und müssen sie sicher vorsichtig agieren.

Verwandte Themen Deutschland DLD USA Europäische Union Digitalisierung SAP

Die Digitalisierung der Produktion ist eine Operation am offenen Herzen der Industrie. Wenn Facebook Nutzerdaten verliert, haben vor allem die Nutzer den Schaden. Für Traditionsunternehmen aber ginge es in einem solchen Fall um ihre Existenz.

Die typisch deutsche Vorsicht muss gepaart sein mit Tatkraft. Deutschland hat in der zweiten Welle der Digitalisierung große Vorteile und alle Chancen. Diese Trümpfe müssen jetzt, in der Stunde null dieser Entwicklung, ausgespielt werden. Es geht darum, die Stärken der Industrie mit denen der aufstrebenden heimischen Start-ups zu verknüpfen. Statt Anschlussangst ist Aufbruchstimmung gefragt.

Mehr: Die Kritik an US-Tech-Konzernen nimmt zu, das Netz braucht mehr Kontrolle – und Europa hat in der digitalen Welt eine historische Chance. Die DLD-Highlights im Überblick.

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