Kommentar: Die FDP sollte auf Kurs bleiben


Die FDP sollte den Konflikt nicht scheuen und weiterhin bei ihrer harten Haltung bleiben.
Politischer Streit ist elementar für die Demokratie. Insofern war die Klausurtagung in Meseberg von SPD, Grünen und FDP ein voller Erfolg. Bundeskanzler Olaf Scholz hat viel von Zuversicht und Veränderungswillen gesprochen. Das passte nicht so recht zu der Tatsache, dass man vor allem bei den Koalitionspartnern, den Grünen und den Liberalen, längst nicht mehr von einem Miteinander sprechen kann.
Aber ist das wirklich so schlimm? Jahrelang wurde bemängelt, wie müde und matt die großen Koalitionen von Union und SPD wirkten und dass alle Konflikte stets dadurch gelöst wurden, dass es einfach mehr Geld gab. Und die selbst ernannte Fortschrittskoalition ist vor allem deshalb gewählt worden, weil viele es leid waren, sich mit anzusehen, wie sich der Mehltau über das Land legte.
Nach der Schockstarre von Corona und dem Beginn des Ukrainekriegs vor einem Jahr passiert nun das, was für die Erneuerung des Landes nötig ist. Es wird wieder über den richtigen Weg gestritten und nicht auf die Alternativlosigkeit hingewiesen, an die ohnehin nie einer wirklich glaubte. Man kann also die FDP nur ermutigen, den Konflikt nicht zu scheuen – und bei ihrer harten Haltung zu bleiben. Dabei geht es nicht nur um die Streitkultur, sondern auch um Inhalte.
Die FDP hat gute Argumente in den strittigen Fragen in der Steuerpolitik, beim Verbrenner-Aus oder beim überstürzten Verbot von Öl- und Gasheizungen. Jeder kann ja mal ein Gedankenexperiment starten und sich kurz vorstellen, was eine rot-grüne Regierung nach der vom Bundeskanzler ausgerufenen Zeitenwende beschlossen hätte.
Die Schuldenbremse wäre längst abgeräumt, die Leistungsträger müssten höhere Steuern zahlen, und es hätte nicht einmal zu einer Laufzeitverlängerung für die drei am Netz verbliebenen Atomkraftwerke gereicht. Die Folge wären noch höhere Energiepreise gewesen.
Gute Gründe für die FDP-Einwände gegen das Verbrenner-Aus
Schuldenbremse, höhere Steuern oder auch mehr Verschuldung auf europäischer Ebene. Das mag aus Sicht so mancher Ökonomen der richtige Weg aus der Krise sein, doch es gibt viele treffende Argumente dagegen. Das gilt auch für die Einwände der FDP gegen das Aus von Verbrennermotoren ab dem Jahr 2035.
Es stimmt, der Einspruch der FDP kommt sehr knapp. Aber warum sträubt sich eigentlich gefühlt ganz Brüssel dagegen, bei den E-Fuels technologieoffen zu forschen. Das hat nichts mit einem „Fetisch E-Fuels“ zu tun.
Autohersteller wie Porsche tun das, auch wenn es Stand heute sehr teuer ist. Aber wenn es klappt, ist es gut. Wenn nicht, dann eben nicht. Und zugesagt war es von der EU-Kommission auch.
>> Lesen Sie hier: Kabinettsklausur in Meseberg: Diskussion um Verbrennermotor geht weiter
Das Gleiche gilt im Streit um die europäische Antwort auf den Inflation Reduction Act, mit dem die USA grüne Technologien subventionieren. Als Antwort kamen reflexhaft die Forderungen nach neuen eigenen milliardenschweren Subventionstöpfen für die europäischen Unternehmen.

Politischer Streit ist elementar für die Demokratie. Demnach war die Klausurtagung der Ampel-Regierung in Meseberg ein voller Erfolg.
Auch hier hat Bundesfinanzminister Christian Lindner berechtigte Einwände. Es sollte sich herumgesprochen haben, dass ein Subventionswettlauf um Zukunftstechnologien am Ende nur Verlierer kennt. Geld ist eben nicht alles. Europa muss zuallererst wieder eine kluge Standort- und Handelspolitik betreiben.
Politische Ziele sind das eine, Lebensrealität das andere
Damit hängt der Steuer- und Haushaltsstreit in Deutschland eng zusammen. Der einfachste Weg wäre es natürlich, bei denen „da oben“ abzuschöpfen, wie es Grüne und SPD-Linke wollen. Das würgt im Hochsteuerland Deutschland aber die nötigen Auftriebskräfte nur weiter ab.






Die Liste der Unterschiede in der Koalition ließe sich fortsetzen, bis hin zur Erneuerung der Öl- und Gasheizungen ab 2024. Dass Deutschland seine Klimaziele erreichen soll, steht außer Zweifel. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck muss aber den Bürgern Verlässlichkeit bieten, wenn sie im fünfstelligen Bereich investieren sollen. Politische Ziele sind das eine, die Lebensrealität und ein Kredit für eine neue Wärmepumpe das andere.
Die Liberalen werden derzeit als Partei der Neinsager bezeichnet oder als SUV-Bonzen beschimpft. Es wäre aus Sicht der FDP vielleicht einfacher, den Koalitionsfrieden zu wahren und allem zuzustimmen. Doch dem Land würden sie damit keinen Dienst erweisen.
Mehr: Scholz schlägt sich immer wieder auf Lindners Seite – zum Ärger der Grünen





