Kommentar: Energiekonzerne bereichern sich auf dem Rücken ihrer Kunden

Das alte Vorurteil vom profitgierigen Energiekonzern hatte zunehmend an Kraft verloren. Denn viele Energieversorger richteten sich in den vergangenen Jahren neu aus – hin zu erneuerbaren Energien und einer stärkeren gesellschaftlichen Verantwortung. In der Energiekrise wurde das besonders deutlich, als es nicht mehr um Gewinne, sondern um Stabilität und Versorgungssicherheit ging.
Aber jetzt verhalten sich viele Gaslieferanten ungerecht. Sie behalten Geld ein, das ihnen nicht zusteht. Wegen der Energiekrise waren sie eine Zeit lang angehalten, eine Extra-Umlage von ihren Kunden zu erheben: die RLM-Bilanzierungsumlage. Die Abkürzung RLM steht für registrierende Leistungsmessung für Großverbraucher. Das Geld sollte sicherstellen, dass der Gasmarkt auch in volatilen Zeiten ausgeglichen bleibt.
Doch die Milliarden, die die Gasversorger von ihren Kunden einsammelten, wurden nicht gebraucht. Jetzt liegt ein großer Teil der Summe auf den Konten der Energieunternehmen – und fließt nicht an jene zurück, die es ursprünglich bezahlt haben.
Dass die Gasversorger das Geld nicht zurückzahlen, hat mutmaßlich vor allem einen Grund: Sie kommen damit durch. Gaskunden, die nicht aktiv nach dem Geld fragen, das ihnen zusteht, gehen in vielen Fällen leer aus. Und selbst wer fragt, muss seinem Recht oft mit Anwaltsschreiben oder gar Klagen Nachdruck verleihen, um das zu erreichen, was selbstverständlich sein sollte: dass das Geld dorthin zurückfließt, wo es herkommt.
Das Verhalten der Gasversorger ist unverständlich. Sie sind oftmals mit soliden Zahlen aus der Energiekrise herausgekommen. Die starken Schwankungen an den Strom- und Gasmärkten haben Händlern sogar genützt und Zusatzprofite eingebracht.
Unpassender Zeitpunkt
Die energieintensiven Gaskunden hingegen leiden bis heute unter den Folgen der Energiekrise und dem gestiegenen Preisniveau. Meldungen über schließende Produktionsanlagen und Investitionsverlagerungen in andere Länder häufen sich. Nun müssen die Gaskunden teils um Millionenbeträge kämpfen, die ihnen eigentlich zustünden.
Der Zeitpunkt, um Geld an diese Gruppe nicht zurückzuzahlen, könnte nicht unpassender sein. Die Folge sind unnötige Rechtsstreite, Frust bei Energiekunden und eine Image-Verschlechterung für Energieunternehmen.
Klar kann man jetzt sagen: Das ist die freie Wirtschaft. Die Energieunternehmen begehen keinen Rechtsbruch, und sie handeln im Interesse des eigenen wirtschaftlichen Erfolgs. Dann muss aber auch klar sein: Bekundungen, dass man im Sinne des Standorts Deutschland agiere und am Wohlergehen der eigenen Kunden interessiert sei, wirken unglaubwürdig. Ist es das wirklich wert?