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Kommentar In der Bafin-Drohung könnte für N26 die Rettung stecken

Eine Wachstumsbeschränkung klingt für Start-ups wie ein Todesurteil. Für N26 könnte sie eine Notbremse sein – wenn der Firma nicht zu schnell das Geld ausgeht.
20.08.2021 - 04:09 Uhr Kommentieren
Die Bafin hatte bereits 2019 nach einer Sonderprüfung bei der N26 Bank gravierende Mängel festgestellt und das Institut ermahnt, diese zeitnah abzustellen. Quelle: Reuters
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Die Bafin hatte bereits 2019 nach einer Sonderprüfung bei der N26 Bank gravierende Mängel festgestellt und das Institut ermahnt, diese zeitnah abzustellen.

(Foto: Reuters)

Ein Start-up muss wachsen. Drang und Druck zu Umsatz- und Kundenwachstum stecken praktisch in der DNA dieser Jungunternehmen. Und es ist der wichtigste Deal zwischen Wagniskapitalgebern und Gründern: Ihr werbt so aggressiv wie nötig und verkauft so viel wie möglich. Wir zahlen eure Verluste. Der Fall der Neobank N26 zeigt, wie schnell dieser kalkulierte Größenwahnsinn das Management eines jungen Unternehmens um den unternehmerischen Verstand bringen kann.

Ausgerechnet das primäre Selbstverständnis als Wachstumsunternehmen gefährdet jetzt die Existenz des lange umjubelten Berliner Fintechs. Der Fokus auf Wachstum hat N26 jahrelang davon abgehalten, sich um die wichtigsten Themen einer Bank zu kümmern: um Sicherheit, um Verlässlichkeit, um Glaubwürdigkeit bei bestehenden wie potenziellen neuen Kunden – und bei der Finanzaufsicht. Jetzt droht der Neobank eine Wachstumsbeschränkung durch die Bafin. Und so eine Maßnahme kann für ein noch unprofitables Start-up ein Todesurteil sein.

Die meisten Start-ups können sich Fehler leisten. Sie müssen nur schnell daraus lernen, den Service verbessern und ab und zu einen Gutschein zur Wiedergutmachung verschenken. Kunden, die bei Start-ups etwa viel billiger als anderswo eine Taxifahrt buchen oder eine Pizza bestellen können, nehmen auch mal in Kauf, dass es etwas länger dauert.

Aber „Sorry, dein Geld ist leider weg“ ist keine akzeptable Entschuldigung für eine junge Bank, die Gehalt und Vermögen ihrer Kunden verwalten will. Bei N26 fiel dem sogenannten „Kunden-Support“ nach Phishing-Attacken 2019 trotzdem nicht viel Besseres ein. Kein Wunder, dass viele Kunden bei N26 nur ein Zweitkonto eröffnet haben, um beim Geldabheben im Ausland Geld zu sparen. Geldverdienen lässt sich damit für N26 allerdings auch langfristig nicht.

Das gilt ja auch für die von Betrügern eröffneten Konten, die bei der Neobank zwar oft schrecklich spät, aber irgendwann doch auffallen – und mit viel Ärger wieder geschlossen werden müssen.

Im Bankensektor zieht das typische Start-up-Kalkül nicht

Dass nicht einmal Ermahnungen der Finanzaufsicht Bafin vor gut zwei Jahren das Management zur Besinnung brachten, ist eigentlich unfassbar. Das typische Start-up-Kalkül geht im Bankensektor nicht auf. Danach ignorieren die jungen Unternehmen erst einmal jede Regulierung und setzen darauf, dass sich Gesetze und Regeln auch ändern lassen, wenn ihr Produkt sich durchgesetzt hat und öffentlicher Druck entsteht.

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Aber beim Geld ist das Thema Sicherheit und Prävention nicht verhandelbar. Schon gar nicht nach dem Fall Wirecard. Einen zweiten Fauxpas – im Gründerdeutsch unmissverständlich „Fuck up“ genannt – kann sich die Bafin nicht leisten. Zwar sind die drohenden Maßnahmen noch nicht beschlossen. Aber ein Auge zudrücken wird bei der Behörde sicher niemand mehr.

All das hätten die Gründer ebenso erkennen müssen wie ihre Investoren. Noch ungeklärt ist die Rolle der größten Anteilseigner bei den strategischen Entscheidungen des Start-ups, das Wachstum wichtiger zu nehmen als die Kritik der Bafin.

Ob die N26-Wagniskapitalgeber die ausgegebenen Wachstumsziele bis zur nächsten Finanzierungsrunde reduziert hätten, um der Firma mehr Zeit für die Behebung ihrer massiven Probleme rund um Betrug und Geldwäsche einzuräumen, ist unklar.

Dass die Finanzaufsicht mit der Notbremse drohen muss, schadet dem Ansehen der gesamten Gründerszene

Doch die drohende Beschränkung beim Neugeschäft durch die Finanzaufsicht könnte eine rettende Notbremse sein. N26 hat damit die Chance, ohne jede Ablenkung erst einmal seine Probleme zu lösen. Die Firma könnte sich dann einerseits darauf konzentrieren, die Betrugsmuster in den bestehenden Märkten zu identifizieren und Gegenmaßnahmen zu implementieren. Und sie könnte sich um die bereits existierenden Kunden kümmern. Das Unternehmen braucht sowieso ein besseres und ertragreicheres Angebot für seine Bestandskunden. Sonst trägt sich das Geschäftsmodell langfristig nicht.

Es ist aber schlimm für das Ansehen der gesamten Gründer- und Wagniskapitalszene, dass diese Notbremse wohl nicht von der Firma selbst gezogen wird, sondern möglicherweise von der Finanzaufsicht.

Und eine Chance durch eine Wachstumsbeschränkung der Finanzaufsicht wäre nur denkbar, wenn die Firma kurzfristig auf Profitabilität umschalten kann – Unternehmenskreisen zufolge durchaus möglich. Oder aber wenn es der Firma trotz allem gelingt, relativ schnell eine neue Finanzierungsrunde abzuschließen.

Um eine weitere Wagniskapitalfinanzierung gibt es schon seit Wochen Gerüchte. Die diskutierte Bewertung von bis zu elf Milliarden Dollar, also mehr als neun Milliarden Euro, erscheint im Lichte der aktuellen Geschehnisse allerdings vorerst völlig vermessen. Fantasien sind bei Start-up-Bewertungen zwar erlaubt. Aber mit den Illusionen sollte im Fall von N26 jetzt endgültig Schluss sein.

Mehr: N26 droht neuer Ärger mit der Finanzaufsicht Bafin

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