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KommentarKeiner will in Deutschland investieren? So ließe sich das ändern

Friedrich Merz will wieder mehr Geld aus dem Ausland anziehen. Plötzlich wird Frankreich zum Vorbild – dabei hat unser Land selbst viel zu bieten. Es fehlt nur ein entscheidender Antrieb.Thomas Sigmund 19.05.2025 - 04:00 Uhr
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Friedrich Merz: Der neue Bundeskanzler will Deutschland wieder attraktiver für ausländische Investoren machen. Foto: Jacob Schröter/dpa

Friedrich Merz will als Bundeskanzler Deutschland wieder attraktiver für ausländische Investoren machen – ein ambitioniertes Vorhaben in schwierigen Zeiten. Die Fakten sind ernüchternd: Die Zahl ausländischer Direktinvestitionen in Deutschland sinkt seit Jahren. 2024 zählte die Bundesrepublik lediglich 608 Investitionsprojekte aus dem Ausland – ein Rückgang von 17 Prozent und der niedrigste Wert seit 2011. Gleichzeitig verlagern deutsche Unternehmen zunehmend ihre Aktivitäten ins Ausland.

Währenddessen gibt Frankreich das Musterbeispiel für Investorenwerbung. Präsident Emmanuel Macron empfängt internationale Investoren am Montag zum achten Mal im prunkvollen Schloss Versailles. Unter dem Motto „Choose France“ rollt der ehemalige Investmentbanker den roten Teppich aus – mit Erfolg: 2024 sammelte er rund 15 Milliarden Euro an Investitionen von Konzernen wie Microsoft, Amazon und Pfizer ein. Ein starkes Signal: Werbung um Investoren ist Chefsache – und zwar mit allem, was ein Land zu bieten hat.

Auch Großbritannien positioniert sich erfolgreich: mit dem Finanzplatz London, wettbewerbsfähigen Steuern und neuerdings wieder enger Anbindung an das Weiße Haus unter Präsident Trump. Und Deutschland? Gilt wieder als der „kranke Mann Europas“. Hohe Energiepreise, lähmende Bürokratie, Fachkräftemangel, Reformstau – das Land steuert auf das dritte Rezessionsjahr in Folge zu.

Investitionen

„Wir werden abgehängt“ – Ausländische Firmen investieren in Deutschland so wenig wie zuletzt 2011

Von der einstigen „Apotheke der Welt“ ist kaum noch etwas übrig. Die Autoindustrie verliert an Boden, ein digitales Ökosystem nach dem Vorbild des Silicon Valley ist nicht in Sicht. Deutschland ist kein Billiglohnland. Aber wenn es Hochlohnstandort bleiben will, muss es auch Hochleistungsstandort sein – mit Innovationskraft, Verlässlichkeit und klarer wirtschaftspolitischer Führung.

Für 2026 plant die neue Bundesregierung deshalb eine große internationale Investorenkonferenz. Gut so. Denn 90 Prozent der Investitionen kommen aus der Privatwirtschaft. Öffentliche Mittel allein reichen nicht.

Investoren wollen Planungssicherheit

Doch bis dahin zählt vor allem eines: liefern. Der US-Konzern Dow erwägt, zentrale Anlagen der Chemieindustrie in Ostdeutschland zu schließen. Nun hat der Bundeskanzler den Dow-Chef persönlich kontaktiert und wirbt für ein Umdenken.

Merz, Wirtschaftsministerin Katherina Reiche und Finanzminister Lars Klingbeil müssen konkrete Verbesserungen vorweisen. Investoren verlangen Planungssicherheit, eine funktionierende digitale Verwaltung, wettbewerbsfähige Steuern und bezahlbare Energie. Internationale Fachkräfte wollen willkommen geheißen und nicht durch Fremdenfeindlichkeit abgeschreckt werden.

Deutschland hat nach wie vor viel zu bieten: seine logistisch günstige Lage, hohe Lebensqualität und ein hohes Maß an öffentlicher Sicherheit. Der laufende Transformationsprozess eröffnet gewaltige Chancen – bei der Energiewende, der Digitalisierung, der Modernisierung maroder Infrastruktur und der Stärkung der Verteidigungsfähigkeit. Städte wie Berlin zeigen, was im Kleinen möglich ist: eine lebendige Start-up- und Innovationskultur. Doch ohne strukturelle Reformen bleibt dieses Potenzial brachliegen.

Oberste Handelsvertreter der Republik

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Merz, Reiche und Klingbeil sollten sich daher als oberste Handelsvertreter der Republik verstehen. Dieses Trio muss raus in die Welt – ins Silicon Valley, nach Singapur, Tokio und Riad – und zeigen: Deutschland ist wieder offen für Geschäfte. Und zwar jetzt. Denn je länger gezögert wird, desto mehr Kapital, Know-how und Talente fließen woanders hin.

Merz sollte nichts unversucht lassen. Und wenn es am Ende eine Investorenkonferenz auf Schloss Neuschwanstein ist – warum nicht? Bayerns Ministerpräsident Markus Söder könnte Investoren auf dem Kutschbock durch die bayerischen Alpen chauffieren, während Friedrich Merz als Investitions-Charmeur in der Kutsche Platz nimmt. Klingt überzogen? Vielleicht. Aber genau das bleibt hängen – bei Entscheidern, die schon hundert Investorenkonferenzen in anonymen Hotelsälen hinter sich haben und austauschbar sind. Die Botschaft muss lauten: Willkommen in einem Land, das sich wieder etwas zutraut.

Mehr: Die 70:30-Formel des Friedrich Merz

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