Kommentar: Kindergrundsicherung: Denkbar schlechtes Prozedere, aber ein Einstieg


Für bedürftige Familien soll es künftig einfacher werden, Hilfsleistungen für ihre Kinder zu bekommen.
Die unterschiedlichen Milliardenbeträge, die zwischenzeitlich für die Kindergrundsicherung kursierten, sprechen nicht unbedingt für ausgereiftes Politmanagement. Schon gar nicht die Tatsache, dass eine Ministerin das dringend notwendige Wachstumschancengesetz blockierte, um noch ein paar Milliarden rauszuschlagen.
Aber auch diese politischen Scharmützel können nicht darüber hinwegtäuschen: Es ist gut, dass es für bedürftige Familien künftig einfacher werden soll, Hilfsleistungen für ihre Kinder zu bekommen.
Es ist einer reichen Volkswirtschaft wie der deutschen nicht würdig, dass derzeit nur 35 Prozent der berechtigten Familien mit geringem Einkommen den Kinderzuschlag erhalten, weil die restlichen Eltern an bürokratischen Hürden und komplizierten Anträgen scheitern oder gar nicht wissen, dass ihnen die Leistung überhaupt zusteht.
Darum gibt es beim Kompromiss nun durchaus eine Liste mit positiven Aspekten: Es gibt bald eine Kindergrundsicherung, die Kindergeld, Kinderzuschlag und Leistungen aus dem Bürgergeld bündelt. Eine, die eine Anlaufstelle für alle bei der Bundesagentur für Arbeit schafft und den Datenabgleich zwischen verschiedenen Behörden ermöglicht. Eine, bei der über einen Kindergrundsicherungscheck automatisch die Ansprüche der Familien ausgerechnet werden. Das alles klingt nach einem modernen, unbürokratischen Staat. Da braucht es erst einmal auch nicht zwingend eine generelle Erhöhung der Leistungen.
Ob die Umsetzung wirklich gelingt, das muss sich erweisen. Die nötigen administrativen Veränderungen sind gewaltig. Und auch hier weckt die verschleppte Digitalisierung der Verwaltung Zweifel. Dabei muss die Reform rund 2,5 Millionen Kinder und Jugendliche erreichen.
Jedes fünfte Kind wohl von Armut bedroht
Laut Experten ist mehr als jedes fünfte Kind von Armut bedroht. Da macht es auch keinen Unterschied, ob es um Kinder von Zugewanderten geht. Kinder sind Kinder. Allerdings wird auch über Anreize für eine Erwerbsarbeit von Eltern zu sprechen sein. Denn Kinderarmut ist vor allem die Folge von Elternarmut.

Aus Sicht des Bundesfinanzministers handelt es sich erst mal um die „Kindergrundsicherung light“: Statt der zunächst von der Familienministerin geforderten zwölf Milliarden Euro sind nun für das Startjahr 2025 nur 2,4 Milliarden Euro vorgesehen – auch wenn die Regierung mit Blick auf den Koalitionsfrieden brav vorrechnet, dass in der laufenden Legislatur bereits sieben Milliarden Euro in höheres Kindergeld und den Kinderzuschlag geflossen sind.
Mit den künftigen Kosten der Kindergrundsicherung wird sich indes die nachfolgende Bundesregierung befassen müssen: Würden 2028 nur zehn Prozent mehr der berechtigten Familien die Leistungen beantragen und bekommen, schlüge das mit rund sechs Milliarden Euro zu Buche. Ein gesetzlicher Anspruch, der finanziert werden muss.





