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Kommentar Macron gerät durch die Corona-Proteste unter Druck – und hat beim Impfpass Fehler gemacht

Die wachsenden Proteste gegen die neuen Corona-Regeln werden für den französischen Präsidenten knapp ein Jahr vor den Wahlen zur politischen Gefahr.
02.08.2021 - 15:39 Uhr 2 Kommentare
Die Härte der Auseinandersetzungen nimmt zu. Quelle: Polaris/laif
Proteste gegen Corona-Politik in Paris

Die Härte der Auseinandersetzungen nimmt zu.

(Foto: Polaris/laif)

Der Gesundheitspass, mit dem die Franzosen in der Pandemie bei Restaurantbesuchen oder Zugfahrten ihren Impfstatus belegen sollen, spaltet die Gesellschaft. In die Debatte schaltete sich sogar die ehrwürdige Académie Française ein, die sich seit fast 400 Jahren um die Pflege der französischen Sprache kümmert. Die Dichter und Philosophen bemängelten die anfangs auch von der Regierung verwendete Schreibweise „pass sanitaire“. Man möge doch bitte den Anglizismus „pass“ vermeiden und stattdessen das französische Wort „passe“ verwenden.

Für Emmanuel Macron sind die Einwände der Sprachwächter das geringste Problem. Acht Monate vor der Präsidentschaftswahl braut sich eine Protestbewegung zusammen, die sich nicht nur gegen die Corona-Maßnahmen richtet. Sie bietet wie schon zuvor die Gelbwesten-Demonstrationen gegen höhere Preise von Benzin und Diesel all jenen ein Ventil, die ihren Ärger über die Politik des französischen Staatschefs auf die Straße tragen wollen. Bei seinem Bemühen, die Bürger zu einer Impfung gegen das Coronavirus zu drängen, agierte Macron zuletzt nicht immer glücklich.

Mehr als 200.000 Menschen beteiligten sich am vergangenen Wochenende landesweit an den Protesten. Die Teilnehmerzahl stieg im Vergleich zu den Wochenenden davor weiter an, und die Auseinandersetzung nimmt an Härte zu. Es gab Festnahmen und Verletzte, bei der Demonstration in Paris setzte die Polizei Wasserwerfer und Tränengas ein.

Die Gegner von Macrons Kurs in der Pandemie sind eine lautstarke Minderheit, die sich nicht in ein einfaches politisches Schema einordnen lässt. Unter den Demonstranten sind Impfskeptiker, Verschwörungstheoretiker, Überbleibsel der Gelbwesten-Bewegung – aber auch Bürger, die angesichts der weitreichenden staatlichen Eingriffe um ihre Freiheiten besorgt sind. Politiker vom rechten Rand treten als Wortführer der Kritiker auf, ebenso wie der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon. In Paris marschierten Rechte und Linke am Wochenende in zwei getrennten Protestzügen – geeint sind sie aber in ihrer tiefen Ablehnung der Politik des Präsidenten.

Macron steht in diesen Wochen vor einem Dilemma: Einerseits steigen die Neuinfektionen in Frankreich wieder deutlich an. Die Regierung spricht bereits von einer „vierten Welle“ – auch wenn sich die Entwicklung dieses Mal kaum in den Krankenhäusern niederschlägt, weil vor allem jüngere Menschen betroffen sind und bei einem Teil der Bevölkerung schon ein Impfschutz vorhanden ist. Dennoch ist die Sorge groß, dass das Infektionsgeschehen die wieder anlaufende Wirtschaft vor der Präsidentschaftswahl erneut abwürgen könnte.

Ein Sommer der Unzufriedenheit

Andererseits wählte Macron mit dem „Sommer der Impfmobilisierung“ einen durchaus ruppigen Ansatz, um die Impfquote zu erhöhen. Der französische Präsident versucht, den Alltag für alle Ungeimpften so ungemütlich wie möglich zu machen. Für die Teilnahme am öffentlichen Leben ist künftig in vielen Bereichen ein Nachweis über Impfung oder Genesung, mindestens aber ein aktuelles negatives Testergebnis erforderlich. Die kostenlosen Tests werden nach dem Sommer abgeschafft. Ab Mitte September soll eine Impfpflicht für Gesundheitsberufe gelten.

Zwar gelang es Macron, die Impfkampagne zu beleben. Doch die zentrale Rolle, die der Gesundheitspass künftig spielt, befeuerte auch die aktuelle Protestbewegung. Alles andere als hilfreich waren dabei die handwerklichen Fehler des Élysée-Palastes. Die weitreichenden Ankündigungen von Macron schienen im Detail nicht wirklich durchdacht. Die Informationslage, was beim Gesundheitspass ab wann gelten soll, änderte sich in den vergangenen Wochen ständig.

Gastronomen rätselten, wie sie den Betrieb aufrechterhalten sollen, wenn die Angestellten ab Anfang August geimpft sein müssen. Familien fragten sich, ob sie ihre ungeimpften jugendlichen Kinder im Sommerurlaub mit ins Restaurant nehmen können.

Arbeitsrechtler zweifelten, ob mangelnder Impfschutz überhaupt ein rechtlich zulässiger Entlassungsgrund ist. Der Gesundheitspass sollte erst auch für Einkaufszentren gelten, dann wieder nicht.

Pandemie lähmt den Reformeifer des Präsidenten

Die Regierung besserte nach, verschob Deadlines, auch das Parlament änderte die Vorgaben. Derzeit prüft das Verfassungsgericht das Gesetz, die Entscheidung wird am Donnerstag erwartet.

Der anhaltende Krisenmodus in der Pandemie verhindert, dass Macron Akzente setzen kann. Ein für den Sommer anvisierter neuer Anlauf bei der Rentenreform wurde wieder verschoben.

Für große Vorhaben fehlt dem Präsidenten in der gespaltenen Gesellschaft zunehmend das politische Kapital. Zumindest die Umfragen geben dem Präsidenten etwas Sicherheit: Dort liegt er noch vor der Konkurrenz.

Mehr: So erhöhen Europas Regierungen und Unternehmen den Druck auf Impfverweigerer

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2 Kommentare zu "Kommentar: Macron gerät durch die Corona-Proteste unter Druck – und hat beim Impfpass Fehler gemacht"

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  • Keine Illusionen.
    Wenn Europas Bürger der EU, EZB und UN nicht bald und nachhaltig den Stecker ziehen, haben wir Hongkong, China, Nordkorea und deren Überwachungssysteme am Hals. Die ex-DDR haben wir schon lange hinter uns gelassen, Mielke, Honecker, "Mischa" Wolf, von Schnitzler könnten heute von Deutschland lernen, wie man Bürger nach allen Regeln der Kunst in die Knie zwingt, vor allem auch finanziell.
    Die "Politik" der EU, EZB sowie UN dienen der latenten Destabilisierung des EU-Raums und wird für jeden täglich sichtbarer. Destabilisiert heißt keinen Widerstand mehr zu leisten gegen rechtswidrige Entscheidungen der EU, EZB, UN.
    Aber wenn die Deutschen endlich aufwachen, ist es zu spät. Hatten wir schon mal.

  • In Frankreich wird gerade die westliche Welt verteidigt: Kommt dort der Impfpass, kommt er vermutlich innerhalb der EU.

    Auch wenn die - per Heute aktuell Geimpften - es vielleicht als „stimmig“ und „gerecht“ empfinden könnten, die „ anders Überzeugten“ zu nötigen: Der Anspruch, eine durchgängige Zugangskontrolle für die Teilhabe am öffentlichen Leben zu Installieren, bricht mit dem freiheitlichen Selbstverständnis im Westen. Und diese verlorene Freiheit kriegt über die Jahre JEDER schmerzlichst zu spüren.

    Heute bedarf es eines „2-Fach geimpft“ für ein „grün“, doch was ist es morgen? Da kommt dann die dritte Auffrischung, dann schon die nächste Pandemie. Dann vielleicht wie in China das gesamte Social-Scoring, das die Bundesregierung gerade auch für Deutschland hat untersuchen lassen.

    Das erpresserische Potential dieses System - von Job über Grundversorgung (man achte auf Makrons: auch Supermärkte) über Bildung über soziale Begegnung - ist unermesslich, ein Herrschaftsinstrument, um die Einwohner gemäß der jeweiligen Bedingungslage gefügig zu pressen.

    Mir schauert‘s, wie naiv und gutgläubig viele Unkritischen hier nicht sehen wollen, was die Stunde geschlagen hat.

    Beten wir für die französische Protestbewegung.

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