Kommentar Osteuropa zeigt den richtigen Umgang mit Chinas Staatswirtschaft

Die Bedingungen des Investitionsabkommens sind bis heute umstritten.
Meist lohnt es sich, mal die Perspektive zu ändern. In Westeuropa herrscht die Meinung vor, die Osteuropäer hätten sich seit Jahren China an den Hals geworfen und würden so zur Gefahr für den Zusammenhalt der EU werden. US-Medien wie das „Wall Street Journal“ sehen das anders: Demnach hätten die Osteuropäer Sorge, dass vor allem die großen EU-Staaten eine eigene Chinapolitik machen und sie davon vereinnahmt werden – vor allem von Berlin.
Tatsächlich hat die Bundeskanzlerin Angela Merkel während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2020 ein Investitionsabkommen mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping im Grundsatz durchgepeitscht. Nun wird es von den EU-Staaten in seine Einzelteile zerpflückt.
Es sind gerade osteuropäische Länder wie Rumänien und Litauen, die hart gegen die Volksrepublik China vorgehen. Seit Jahren wurden sie für ihre zu große Nähe zu Peking gescholten, vor allem wegen des sogenannten 17+1-Forums mit China. Reihenweise werden in Europas Osten nun an chinesische Staatskonzerne vergebene Aufträge für große Infrastrukturprojekte gestrichen. Einige EU-Länder wollen Pekings staatlich gepäppelte Riesen sogar ganz von Ausschreibungen öffentlicher Aufträge ausschließen.
Der Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen ist nur ein konsequenter Schritt. Denn Chinas aggressive Eroberung der Märkte ist nicht nur in Afrika kritikwürdig. Das Land sichert sich dort Rohstoffe, vergibt überteuerte Kredite nur für Bauvorhaben chinesischer Firmen und setzt chinesische Arbeitskräfte ein statt Arbeitsloser vor Ort. Auch in Osteuropa haben Chinas Staatsfirmen inzwischen einen zweifelhaften Ruf von Dumping, miserabler Qualität und Unzuverlässigkeit erlangt.
Der Ausschluss ist auch aus einem zweiten Grund richtig: Dass die Länder die Reißleine ziehen, bietet die Chance, das anvisierte Investitionsabkommen der EU mit der Volksrepublik neu zu verhandeln. Es geht um einen fairen Marktzugang und gemeinsame Standards.
Es braucht konstruktiven Dialog
Denn Marktwirtschaft heißt auch im Umgang mit der größten Staatswirtschaft der Welt, dass auf beiden Seiten gleiche Bedingungen für den Zugang zu Staatsaufträgen und Märkten geschaffen werden müssen. Wer gegenüber dem Reich der Mitte nur buckelt, wird dieses Ziel nicht erreichen.
Es bleiben jedoch große Fragen: Kann die in dieser Woche begonnene Spirale von Sanktionen und Gegensanktionen noch gestoppt werden? Kann ein konstruktiver Dialog über die Ausgestaltung des bilateralen Investitionsabkommens noch möglich sein? Dringend nötig wäre es.
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