Kommentar: Peking ist doch nicht so mächtig wie gedacht


Chinas fortwährende Deflation zeigt die Machtlosigkeit der politischen Führung in Peking, die trotz vielfältiger Versuche kaum Erfolge im Kampf gegen diese bedenkliche Entwicklung aufweist. Die Verbraucherpreise für Waren und Dienstleistungen sind im September erneut um 0,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat gesunken, die Produzentenpreise sogar um 2,3 Prozent. Die Preise für Wohnungen fielen so stark wie seit fast einem Jahr nicht mehr.
Eine Entspannung der Lage ist nicht in Sicht, Monat für Monat wird ein Trend fortgeschrieben, der Gift für Chinas Wirtschaft und damit für die Gesellschaft ist. Auch Chinas Wachstum fiel im dritten Quartal deutlich schwächer aus. Die Ursachen sind vielschichtig und vielfach beschrieben: Überkapazitäten in der Industrie, eine kriselnde Immobilienbranche und ein stagnierender Konsum. Viel Gesprächsstoff für die wichtige Sitzung der Kommunistischen Partei in dieser Woche.
Chinas Regierung hat zahlreiche Gegenmaßnahmen ergriffen, die für sich genommen sinnvoll sind. Subventionen für Privatleute sollen den Konsum ankurbeln, Hilfen etwa für junge Familien die Kaufkraft stärken. Die Politik hat erkannt, dass die Preiskriege im Automobilsektor und anderswo die Margen ruinieren, doch der Ruf, es besser zu machen, verpufft angesichts eines Markts, der auch in einer Staatswirtschaft stärker ist als der Appell.
Der Kern des Übels ist die Immobilienkrise
Die Zentralbank hat die Geldpolitik gelockert in der Hoffnung, mit Zinssenkungen Investitionen und Konsumlaune anzutreiben. Gleichzeitig wird der Export gefördert, um wenigstens international Impulse zu setzen und die Schwäche des Binnenmarkts abzufedern.
Der Kern des Übels aber bleibt die Immobilienkrise. Jetzt rächt sich, dass die Regierung die Folgen einer kontrollierten Abkühlung des Sektors unterschätzt hat. Investitionen und Umsätze im Immobiliensektor fallen weiter, und das Vertrauen der Bevölkerung in stabile Jobs und Einkommen ist erschüttert.
Auch eine Maßnahme wie die Anhebung des Rentenalters ist für sich genommen richtig, sie wirkt aber wie eine zusätzlich verordnete staatliche Bürde einer ohnehin prekären Altersversorgung. Das treibt die Menschen zum Sparen. Internationale Turbulenzen und anhaltende Handelskonflikte mit den USA belasten die Exportwirtschaft zusätzlich, neue Zölle und Unsicherheiten schmälern den Spielraum für Reformen.
Die Ohnmacht in Peking ist offensichtlich: Alle Gegenmaßnahmen wirken bestenfalls punktuell, oft bleibt der Effekt aus. Die strukturellen Ursachen – ein Überangebot an Waren, geringe Konsumbereitschaft und eine wachsende Sparneigung angesichts wirtschaftlicher Unsicherheit – lassen sich kurzfristig nicht beheben.
Während die Deflation den Unternehmen Margen raubt und Investitionsbereitschaft schwächt, fehlt ein konsequenter Kurswechsel, etwa durch radikale Einkommenssteigerungen im Mittelbau der Arbeitnehmer oder massive Sozialreformen. Der Staatsapparat reagiert, aber er wirkt inkonsistent. Leuchtturmprojekte reichen nicht, und auch kein Appell an die Leidensfähigkeit der Chinesen.




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Erstpublikation: 17.10.2025, 20:40 Uhr.






