Lars Felds Ordnungsruf: Jahreswechsel könnte zum Wendepunkt für die Finanzmärkte werden

Die letzten Zinsentscheidungen der Notenbanken in diesem Jahr stehen ab dem 10. Dezember an. Den Auftakt macht die Federal Reserve (Fed) in den USA am 10. Dezember, gefolgt von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) am 11. Dezember. Die Europäische Zentralbank (EZB), die Bank of England und die Bank of Japan folgen dann erst am 18. und 19. Dezember 2025.
Die Fed und die EZB werden den Rahmen für die Märkte vorgeben, während die Bank of England und die SNB daraus gezieltere Rückschlüsse für ihre jeweiligen Volkswirtschaften ziehen. Die Bank of Japan hingegen wird sich vor allem auf die Lage an den Finanzmärkten konzentrieren müssen.
Trotz der unterschiedlichen Mandate und der jeweils unterschiedlichen Gewichtung des Ziels der Preisstabilität werden alle fünf Notenbanken neben der Inflationsentwicklung und deren Prognosen auch die aktuelle Wirtschaftslage sowie die Bedingungen auf den Finanzmärkten berücksichtigen. Die Wechselwirkungen zwischen diesen Faktoren machen eine umfassende Analyse unerlässlich.
Die Fed ist in der schwierigsten Situation. Noch immer liegt die Inflation in den USA mit 2,7 Prozent relativ hoch. Der Beschäftigungsstand bleibt ebenfalls hoch, aber das Wirtschaftswachstum droht sich abzuschwächen – nicht zuletzt aufgrund der Zollpolitik von Donald Trump. Der US-Präsident übt zudem ständigen Druck auf die Fed und ihren Chairman Jerome Powell aus, die Leitzinsen zu senken.
Hintergrund seiner Angriffe ist die enorm hohe Staatsverschuldung der USA, die vergleichsweise kurzfristig finanziert ist, also stärker über T-Bills (Laufzeiten bis zu einem Jahr) als über T-Notes (bis zu zehn Jahre) oder Treasury Bonds (über zehn Jahre). Um die Tragfähigkeit dieser hohen Schulden zu sichern, ist ein niedriges Zinsniveau dringend erforderlich.
Die EZB steht einer heterogenen Wirtschaftsentwicklung im Euro-Raum gegenüber, mit aktuell schwachem Wirtschaftswachstum in Deutschland, Frankreich und Italien sowie kräftigerem Wachstum in Spanien. Die Inflationsrate im Euro-Raum liegt mit 2,1 Prozent etwas über der Zielgröße, die Kerninflation bleibt hartnäckig bei etwa 2,4 Prozent. Zugleich erwartet die EZB im kommenden Jahr ein kräftigeres Wirtschaftswachstum, angetrieben durch eine expansive Fiskalpolitik, insbesondere in Deutschland.
Dies könnte mit preissteigernden Effekten einhergehen. Im Unterschied zur Fed ist die Unabhängigkeit der EZB nicht gefährdet. Allerdings muss sie sich angesichts der unsoliden Finanzpolitik Frankreichs gegen fiskalische Dominanz ihrer Geldpolitik wappnen.
Die Bank of Japan sorgt sich wegen bestehender Inflationstendenzen, muss aber mit Blick auf die exorbitant hohe Staatsverschuldung in Japan verstärkt die Auswirkungen ihrer Geldpolitik auf die Anleihemärkte beachten. Bei weiter steigenden Zinsen am langen Ende des Marktes, bei den höheren Laufzeiten bis zu 30 Jahren, könnte das Vertrauen des Kapitalmarkts in die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen schwinden und zu einer weiteren Absetzbewegung aus dem Yen führen. Ein weiterer Wertverlust des Yens wäre die Folge.
Dies birgt das Risiko von Turbulenzen auf den Märkten, weil die sogenannten Carry-Trades, also eine in Yen lautende Kreditfinanzierung von höher rentierlichen Anlagen in anderer Währung, weiter unter Druck geraten würden. Während die Bank of England die Effekte der Haushaltsprobleme der Regierung Starmer auf die Anleihemärkte ebenfalls hoch gewichten muss, wird sich die SNB als einziger wirklich sicherer Hafen für Anleger um einen zu starken Wechselkurs des Frankens zu Euro und US-Dollar bemühen müssen.
Die wichtigsten Finanzmärkte der Welt stehen damit vor ähnlichen Problemen: Die hohe Staatsverschuldung treibt die Inflationserwartungen und die tatsächliche Inflationsentwicklung an und droht Turbulenzen auf den Anleihemärkten auszulösen. Zusammen mit der Überbewertung von Technologiewerten an den Aktienmärkten ergibt sich eine explosive Mischung. Die Jahresendrally dürfte noch andauern, doch mit Beginn des neuen Jahres ist erhöhte Vorsicht geboten.
Vor diesem Hintergrund erwarten die Märkte mit einer hohen Wahrscheinlichkeit eine weitere Zinssenkung in den USA um 25 Basispunkte, sodass die Leitzinsen in einem Korridor zwischen 3,5 und 3,75 Prozent zu liegen kommen. Die EZB wird vermutlich weiter abwarten und den Einlagenzins als wichtigsten Leitzins bei 2,0 Prozent, den Hauptrefinanzierungssatz bei 2,15 Prozent und den Spitzenrefinanzierungssatz bei 2,4 Prozent halten. Die Entscheidung der Bank of Japan steht in den Sternen.






In den USA wächst somit das Risiko steigender Inflation, während die Geldpolitik der EZB mehr oder weniger neutral bleibt. Der Rest der Welt wird sich daran anpassen müssen.






