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KommentarRan an den Spac: Die Börsenmäntel sind eine Riesenchance für Deutschland

Das Börsenphänomen wird von vielen verteufelt, schon bevor es hier richtig angekommen ist. Dabei sollten Fehlentwicklungen in den USA nur eine Mahnung sein, es richtig zu machen.Larissa Holzki 15.04.2021 - 08:41 Uhr Artikel anhören

Dollarnoten vor einer Börsengrafik: Gründer suchen Kapital. Spacs sind eine interessante Option

Foto: Reuters

Die Nachricht vom zweiten Spac in Deutschland könnte Euphorie in der Start-up-Szene auslösen. Jahrelang schien das Problem des mangelnden Wachstumskapitals hierzulande und in ganz Europa unlösbar. Jetzt also liegen Hunderte Millionen Euro so gut wie abholbereit an der Frankfurter Börse: in Special Purpose Acquisition Companies – also Zweckfirmen –, die nur gegründet werden, um Start-ups zu übernehmen und ihnen schnell Zugang zum öffentlichen Kapitalmarkt zu geben. Diese Konstrukte bieten eine Riesenchance, eine breitere Investorenbasis zu erreichen.

Und die Branche? Glaubt wohl, es müsste mit dem Teufel zugehen. Das Instrument wird kaputtgeredet, schon bevor es überhaupt richtig am deutschen Finanzmarkt angekommen ist.

Finanzexperten sagen, Spacs seien nichts für Privatanleger, sondern vor allem ein tolles Instrument für die Spac-Initiatoren, ein schnelles Geschäft auf Kosten der Start-ups zu machen. Investoren, die bereits in Gründerfirmen engagiert sind, favorisieren herkömmliche IPOs, an denen sie nicht zuletzt auch selbst mehr verdienen. Und selbstbewusste Gründer protzen im Hintergrund schon, Spacs seien wohl eher ein Instrument für Start-ups, die den Börsengang aus eigener Kraft nicht schaffen.

All das schafft unnötige Hürden für diejenigen, die sich das Spac-Modell unbedingt einmal anschauen sollten. Wer nach einem Spac Ausschau hält, gilt in manchen Kreisen schon als Schwächling – ein furchtbares Signal auf dem Markt, auf dem es neben tatsächlicher Entwicklungsleistung eben auch um die Show geht, die Investoren anzieht. Und der Aktienkurs des ersten Spacs in Frankfurt ist nach dem Start im Februar um etwa 15 Prozent eingebrochen. Seitdem dümpelt er um die zehn Euro.

Richtig ist, dass die Ekstase in den USA, wo der Spac-Boom 2020 begann, inzwischen einer Ernüchterung gewichen ist. So gibt es erste aufsehenerregende Fälle von Betrug, bei denen die übernommenen Start-ups etwa Rechtsstreitigkeiten verschwiegen haben. Mit der „Due Diligence“, also der eingehenden Prüfung vor dem Kauf von Unternehmen, scheinen es manche Spacs nicht so genau zu nehmen. Zudem deutet sich an, dass es schwierig ist, die Stimmung an der Börse dauerhaft hochzuhalten, wenn es um junge Firmen mit noch sehr langen Entwicklungszeiten geht.

Schieflage von Angebot und Nachfrage schafft Probleme

Spacs müssen binnen 24 Monaten ein sogenanntes „Target“ finden, also ein Start-up, das gekauft werden möchte. Wenn zu viele Spacs zu wenig potenziellen Übernahmekandidaten gegenüberstehen, bekommen auch Firmen eine Chance, die an der Börse nichts zu suchen haben. Zumal – und das ist tatsächlich ein Problem – sich das Geschäft für die Spac-Initiatoren immer lohnt. Sie kassieren in der Regel pauschal einen Anteil von etwa sieben bis 20 Prozent am IPO-Erlös – egal, wie sich das Start-up anschließend entwickelt.

Die ganze Angelegenheit wird so schon zum „Börsenquickie“ stilisiert. Die Beteiligten verteidigen sich, es gehe ihnen nicht um ein schnelles „Rein-und-raus“, und die Unbeteiligten sagen hinter vorgehaltener Hand, die Sache mit den Spacs sei nicht ganz anständig.

Schluss mit der Verdammung: Es gibt viel mehr Gründe, Spacs in Deutschland auszuprobieren.

Bei 50, 60, 70 Millionen Euro geht den deutschen Wagniskapitalgebern das Geld aus. Wenn ein europäisches Start-up einen Scheck über 100, 200 oder 300 Millionen Euro braucht, ist es auf einen großen Fonds aus den USA oder Asien angewiesen. Und das ist eine heikle Situation für ein Start-up.

Sie brauchen Geld für das weitere Wachstum. Ihnen fehlt oft erfahrenes Personal und die Kraft, neben dem Tagesgeschäft souverän einen Börsengang zu stemmen. Und je nach Geschäftsmodell ist die Auswahl an internationalen Kapitalgebern knapp. Spacs können ein dritter Weg sein. Mehr Optionen zu haben ist in der Wirtschaft immer besser – auch für diejenigen, die dadurch einfach nur Macht am Verhandlungstisch mit abgezockten Fondsmanagern gewinnen.

Natürlich müssen sich die Gründer genau überlegen, auf wen sie sich einlassen. Je abgegraster der US-amerikanische Start-up-Markt wird, desto mehr Start-up-Unternehmer in Deutschland dürften in den kommenden Monaten auch von US-Spacs angesprochen werden. Das muss nichts Schlechtes sein. Aber die alte Mahnung, man solle keine Süßigkeiten von Fremden annehmen und schon gar nicht mit fremden Leuten mitgehen, kommt auch nicht von ungefähr.

Deutsche Start-ups sollten keine Berührungsängste haben

Was die Spacs neben dem Kapitalzugang bieten müssen, ist auf jeden Fall ein loyales, erfahrenes Team an Unternehmern und Experten, die mit ihrer Erfahrung über die nächsten Jahre hinweg das wettmachen können, was dem Start-up vielleicht noch fehlt auf dem Weg zum börsennotierten Konzern. Gut durchdacht werden sollte auch die Frage, ob ein Listing in den USA der Firma nutzt. Welche regulatorischen Folgen hat das? Ist der US-Markt tatsächlich der wichtigste? Wie gut sind die Referenzen der US-Spac-Initiatoren – und wie gut die eigenen Quellen?

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Die meisten Bedenken lassen sich mit Blick auf die ersten beiden deutschen Spacs ausräumen. Sie kommen direkt aus der hiesigen Start-up-Szene. Sie haben sich als Entwicklungshelfer für Start-ups etabliert und müssen sich in dieser Rolle weiter beweisen, um ihr Geschäft erfolgreich fortzuführen. Und bei den Verhandlungen lässt sich auch vereinbaren, dass die Spac-Initiatoren erst nach dem Erreichen bestimmter Ziele aussteigen dürfen. Ein Spac muss ja nicht „quick and dirty“ sein. Es geht auch mit Ehevertrag.

Mehr: Börsengang durch die Hintertür: Investoren von 468 Capital planen zweiten Spac an der Frankfurter Börse

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