Kommentar Zombies und Trittbrettfahrer sollten keine Staatshilfe bekommen

Die Not ist groß, keine Frage. Umso wichtiger ist es, jetzt ganz genau hinzusehen – sonst folgt der Coronakrise gleich die Systemkrise.
Darf man das in diesen Tagen eigentlich infrage stellen: Steuerstundung, abgesicherte Kredite, Liquiditätshilfen, aufgeweichte Insolvenzregeln, Forderungen nach einem staatlichen Grundeinkommen? In Zeiten der Coronakrise werden offensichtlich sämtliche Regeln der Marktwirtschaft über Bord geworfen, um das Schlimmste zu verhindern – den Totalzusammenbruch der Wirtschaft.
Vom Freiberufler bis zum Konzern mit Hunderttausenden Beschäftigten: Regierungen übertreffen sich mit Notprogrammen und Hilfspaketen, um das Überleben der Unternehmer und der Unternehmen jedweder Größenordnung zu gewährleisten. Es hat den Anschein, als lasse der nie da gewesene Shutdown ganzer Volkswirtschaften keine Alternative.
Vermutlich ist das so. Aber es gibt auch ein Leben danach. Und deshalb müssen Fragen gestellt werden. Auch wenn wir uns das jetzt nicht vorstellen können: Unsere Wirtschaft wird irgendwann wieder auf „normal“ schalten. Und dann dürfen wir die Kollateralschäden der Quasiverstaatlichung eines Großteils des Wirtschaftslebens besichtigen.
Es mag jetzt hart klingen: Aber die milliardenschwere Krisenbewältigung durch den Staat wird Trittbrettfahrer anlocken und Zombies am Leben erhalten. Ganz einfach, weil der Wettbewerb in weiten Teilen der Wirtschaft außer Kraft gesetzt wird. Weil Banken, Ministerien oder Behörden häufig gar nicht entscheiden können, ob da ein Unternehmen vor der Tür steht, das ohnehin die nächste Zeit nicht überlebt hätte. Oder ob da jemand die Hand aufhält, der zuvor das Geld verjubelt oder an Aktionäre verschenkt hat und nun die Gelegenheit wittert, sich am Steuerzahler schadlos zu halten.
Da können gewaltige Fehler gemacht werden, die zu extremen Verzerrungen führen. Beispiel Luftfahrt: Dass ein chronisch unterkapitalisierter Billigflieger wie Norwegian jetzt Staatshilfe aus Oslo bekommen könnte, der notorische Pleitekandidat Alitalia schon jetzt 500 Millionen Euro zugesagt bekommt und die amerikanischen Fluggesellschaften 50 Milliarden Dollar von Washington einfordern, mag zwar wegen des weltweiten Zusammenbruchs des Luftverkehrs verständlich sein. Klar ist aber: Die Bereinigung in der Branche wird nur vertagt, womöglich kommen die profitablen Luftverkehrsgesellschaften am Ende schlechter aus dem Tief wieder heraus als ihre wackelig finanzierten Konkurrenten.
Aber man muss gar nicht die weite Welt der Luftfahrt bemühen, um die Risiken staatlicher Rettungsschirme zu sehen. In Deutschland braucht die allseits bekannte Restaurantkette Vapiano nach eigenen Angaben 13 Millionen Euro, um ihr Überleben zu sichern – und zwar vom Staat, weil der die Restaurants ja gerade dichtmacht. Aber war da nicht was? 2019 hat Vapiano 34 Millionen Euro Verlust gemacht, die Kette steckt schon länger in der Krise. Was nichts mit Corona zu tun hat, sondern mit dem Konzept und mit einer überambitionierten Expansion.
Der Coronakrise könnte die Systemkrise folgen
In Deutschland gibt es nach jüngsten Ermittlungen der Wirtschaftsauskunftei Creditreform und des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Hunderttausende Firmen, die für eine Rezession schlecht gerüstet sind. Viele Unternehmen starten trotz einer langen Phase der Hochkonjunktur mit schlechten Voraussetzungen in die vielleicht größte wirtschaftliche Krise der Nachkriegsgeschichte, heißt es. In Zahlen: 345.000 Unternehmen mit mehr als 1,5 Millionen Beschäftigten haben demnach nur eine schwache oder noch schlechtere Bonitätsbewertung. Wohlgemerkt: Das sind Zahlen am Ende einer extrem langen Boomphase.
Genau diese Bonität soll aber das Kriterium der Banken sein, um herauszufinden, wer staatlich abgesicherte KfW-Kredite oder gar Liquiditätshilfen in Anspruch nehmen darf. Und das in allerkürzester Zeit. Denn angeblich halten viele Kleinbetriebe nicht einmal einen Monat durch. Von Reserve keine Spur.
Und dann gibt es noch solche Fälle: Eine der weltgrößten Kupferhütten, die deutsche Aurubis, kündigt mitten in dem aufziehenden Corona-Tornado den Rückkauf eigener Aktien im Wert von bis zu 200 Millionen Euro an. Wir werden gespannt beobachten, ob auch dieses Unternehmen im Zuge der Pandemie Staatshilfe in Anspruch zu nehmen gedenkt.
Zum Glück gibt es aber auch Unternehmen, die gar nicht erst in den Ruch des Trittbrettfahrers kommen wollen und die erwirtschafteten Milliarden in der Kasse lassen, statt Aktionäre mit üppigen Dividenden zu beglücken. Lufthansa etwa oder der Autovermieter Sixt. Anderen Unternehmen ist das dringend zu empfehlen. Schließlich wollten die 100 führenden Konzerne 44 Milliarden Euro in diesem Jahr an ihre Aktionäre verteilen. Geld, das an anderer Stelle wohl dringender gebraucht wird.
Für den Staat wird es daher ein Drahtseilakt zu entscheiden, wer wirklich seiner Hilfe bedarf. Die Not ist groß, keine Frage. Umso wichtiger ist es, jetzt ganz genau hinzusehen – sonst folgt der Coronakrise gleich die Systemkrise. Die könnte mindestens genauso dramatisch ausfallen.
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das ist immer ein Problem, vor allen Dingen wenn es schnell gehen muss.
Aber Pleitiers wie Vapiano, die vorher schon insolvent waren sollten auf keinen Fall Geld aus dem Konjunkturprogramm erhalten.
Kandidaten wären Lufthansa und Co, die unverschuldet in Not geraden sind.
Ein paar harte Kriterien müssen schon sein, sonst plündern uns die Kriminellen aus.
Es ist schlußendlich das Geld des Steuerzahlers.
Diese Fragen habe auch ich in jüngster Zeit gestellt.
Da werden Firmenübernahmen auf voller Kreditbasis mit Hilfe der Banken problemlos durchgeführt, und bei der kleinsten Krise hat das Stammhaus kein Cash mehr.
Aber eine weitere Frage habe ich auch noch. Sehr viele Kleinaktionäre haben Kursverluste bis zu 55 - 60% hin nehmen müssen; natürlich durch die L E E R V E R K Ä U F E der großen Finanzhaie /Finanzgangster).
Wer entschädigt denn de Kleinaktionäre????