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LeserdebatteKann Europas Chipoffensive der Startschuss für eine Aufholjagd sein?

Die EU-Kommission will die Chipbranche mit weiteren Milliardenbeträgen fördern. Ob das die richtige Strategie ist diskutieren die Leserinnen und Leser des Handelsblattes. 10.02.2022 - 11:41 Uhr Artikel anhören

Mit dem „European Chips Act“ will die EU-Kommission unter anderem auch die Chipproduktion in Europa erhöhen.

Foto: dpa

Rund 43 Milliarden Euro soll der am Dienstag von der EU-Kommission vorgestellte „European Chips Act“ mobilisieren und so die Chipbranche in Europa fördern. Die EU hofft, so den Rückstand auf andere Regionen der Welt reduzieren zu können und den eigenen Anteil an der Chipproduktion von zehn auf 20 Prozent zu verdoppeln.

Zudem sollen die Regeln für staatliche Beihilfen lockerer definiert werden. Außerdem sollen Chipproduzenten, die Staatshilfen erhalten haben, dazu gezwungen werden können, europäische Kunden zuerst zu beliefern.

Doch reicht das aus, damit die Aufholjagd gelingt? Immerhin investieren auch die USA und China Milliardenbeträge in die Branche. Wir haben die Handelsblatt-Leserschaft gefragt, was sie von dieser Strategie halten und welches Vorgehen sie befürworten würden. Ein Leser schreibt kurz und knapp: „Nicht kleckern: klotzen.“ Auch ein anderer Leser meint, dass die Förderung der Ansiedlung von Chipproduzenten „ein absolutes Muss“ für die Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit der Industrie sei.

Durchweg positiv sieht aber nicht jeder die Strategie der EU-Kommission. So findet ein Leser zwar, dass es „gut und richtig“ sei, dass Europa mehr in den Bereich investiert. Jedoch setze der „European Chips Act“ zu sehr auf staatliche Lenkungen und zu wenig auf Markt und Wettbewerb.
Aus den verschiedenen Zuschriften der Handelsblatt-Leserinnen und -Leser haben wir hier für Sie eine Auswahl zusammengestellt.

Es braucht nicht Milliarden an Subventionen

„Unabhängig wäre die EU schon allein, wenn sie die erforderliche Technologie nicht an andere Länder abgeben würde.
Firmen wie zum Beispiel ehemals Lambda Physik, jetzt Coherent, aus Göttingen oder Karl Süss aus Garching liefern die erforderliche Technologie seit Jahrzehnten.

Wenn man die Ausfuhr politisch steuern würde, wäre es ganz einfach, den wesentlichen Vorsprung der USA und/oder Asiens auszubremsen. Da braucht es nicht Milliarden an Subventionen, um dies zu erreichen.“
Alfred Schulte

Zu sehr staatliche Lenkung, zu wenig Markt und Wettbewerb

„Angesichts der großen Bedeutung der Halbleiterindustrie als Schlüsselindustrie ist es vom Grundsatz her gut und richtig, dass Europa in dem Bereich mehr investiert und seine Wettbewerbsposition verbessert.

Der ‚EU Chips Act‘ setzt aber zu sehr auf staatliche Lenkung und zu wenig auf Markt und Wettbewerb. Er enthält eine riesige Subventionskomponente, die selbst zweifelhafte Innovationen (‚Europaneuheit‘ statt ‚Weltneuheit‘) belohnt und zu Mitnahmeeffekten geradezu einlädt. Profitieren werden vor allem die großen – zumeist amerikanischen und asiatischen – Chiphersteller und deren Aktionäre. Die Kosten trägt der europäische Steuerzahler.“
Dirk Christian Dohse

Klotzen

„Nicht kleckern: klotzen.“
Knut Günther 

>> Lesen Sie hier: Die EU-Kommission will die europäische Chipindustrie großzügig fördern. Die Bundesregierung begrüßt die Initiative. Doch Kritiker warnen vor Dirigismus.

Unabhängigkeit fängt im Kopf an

„Unabhängigkeit fängt im Kopf an. Erst wenn die Lenker verstehen, dass andere (und zwar die USA und China) für sie entscheiden, und sie dies nicht mehr wollen, wird sich etwas tun. Dann wird man Wege und auch Geld finden, dies hinzubekommen. David hat Goliath besiegt. Nicht durch Größe.“
Kerstin Goebel

Sinnvoll und gut in die Zukunft Europas investiert

„Die Förderung der Ansiedlung ist ein absolutes Muss sowohl für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit als auch die Versorgungssicherheit unserer Industrie.
Hierbei ist aber auf verlässliche Partner zu setzen, und ich denke hier an erster Stelle an Intel. Ich hoffe, die Subventionen sind so dimensioniert, dass keine bloßen Mitnahmeeffekte stattfinden und auch Kapazitäten wirklich neu ausgebaut werden. Dadurch entstehen trotz automatisierter Chipfertigung sicher auch zahlreiche neue Arbeitsplätze und viele Aufträge für hiesige Unternehmen.
Eine Subvention, die ausnahmsweise mal sinnvoll und gut in die Zukunft Europas investiert ist.“
Stefan Geitner

EU versteht nicht, was intelligente Wirtschaftspolitik bedeutet

„Europa, sprich die EU, hat es immer noch nicht geschafft zu verstehen, dass intelligente Wirtschaftspolitik den Rahmen für Investitionen des Marktes schaffen muss, statt sämtliche Zukunftsfelder, die binnen kürzester Zeit Milliardengewinne abwerfen werden, mit Subventionen zuzupflastern.

Solange die EU aber nur die Geldverteilungs- und Krisenbewältigungsmaschine ihrer Mitgliedstaaten bleibt und es in wichtigen Bereichen wie Energie, Digitales und Kommunikation keinen Binnenmarkt gibt, wird sich an diesem Zustand nichts ändern. Den besten Beweis, dass es die EU in wichtigen Themen nicht gibt, liefern der französische Präsident Macron, Bundeskanzler Scholz und eine ganze Armada von Außenministern, die in Sachen Ukraine eigene nationale Diplomatie betreiben. Den Namen des EU-Außenbeauftragten kennt hingegen kaum jemand.“
Oswald Schröder

Eigene Halbleiterproduktion in Europa, für Europa

Verwandte Themen Europäische Union Wirtschaftspolitik Industriepolitik

„Der sogenannte ‚Chip-Shortage‘ ist das Nadelöhr während des Wiederaufstrebens der Wirtschaft nach dem Corona-Dip. Die Automobilindustrie, die Grafikkartenherstellung, ja selbst die Waschmaschinenherstellung sind davon betroffen und werden mit ihm ausgebremst.

Daher denke ich, dass man auch abseits der Probleme, die man mit Chinas unmoralischer Wirtschaftsweise und Verbrechen gegen die Menschenrechte hat, unabhängiger werden sollte. Eine eigene Halbleiterproduktion in Europa, für Europa, mit den passenden aufbauenden Gesetzen könnte ein Faktor für unsere gesamte Soziale Marktwirtschaft sein.

Daher: ja zu dem Vorschlag, da dieses Problem sich auch in Zukunft nicht von selbst lösen wird.“
Robert Bonkowski

Aktive Industriepolitik betreiben

„Unsere Regierung sollte eine aktive Industriepolitik betreiben, ähnlich, wie es China vormacht: in Zukunftsbranchen Anreize schaffen, Förderungen anbieten und die Auflagenflut reduzieren.“
Sebastian Meding

Wirtschaftsminister Robert Habeck will zukünftig neben dem Bruttoinlandsprodukt über 30 weitere Faktoren betrachten, wenn es um die Messung des Wohlstands geht. In der vergangenen Woche debattierte die Handelsblatt-Leserschaft diese Pläne und hatte eigene Vorschläge.

Wenn auch Sie sich im Forum zu Wort melden möchten, schreiben Sie uns einen Kommentar zu dem Wirtschaftsthema, das Sie diese Woche am meisten beschäftigt. Per E-Mail an forum@handelsblatt.com oder auf Instagram unter @handelsblatt.

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