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LeserdebatteWie steht die Handelsblatt-Leserschaft zum Hamburger-Hafen-Deal?

Ist er ein guter Kompromiss oder wird die Abhängigkeit von China zu groß? Darüber debattieren Handelsblatt-Leserinnen und -Leser. Hier eine Auswahl der Kommentare. 27.10.2022 - 12:55 Uhr Artikel anhören

Der chinesische Staatskonzern darf sich nun an einem Terminal des Hamburger Hafens beteiligen.

Foto: Reuters

„Eine Katastrophe“, „Einfach nur frustrierend!“ – so blicken viele Handelsblatt-Leserinnen und Leser kritisch auf den Hamburger-Hafen-Deal. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch einem begrenzten Einstieg der chinesischen Staatsreederei Cosco an einem Terminal im Hamburger Hafen zugestimmt. Allerdings darf sich das Unternehmen nur noch mit 24,9 Prozent statt mit 35 Prozent am Containerterminal Tollerort des Hamburger Hafenlogistik-Konzerns HHLA beteiligen.

Allerdings findet eine Leserin, dass Deutschland bereits jetzt in vielen Bereichen von China sehr abhängig sei, wie sich etwa bei den Lockdowns in der Volksrepublik gezeigt habe. Diese hatten sich auch negativ auf die hiesige Wirtschaft ausgewirkt. Vielmehr müsste Deutschland versuchen, seine Abhängigkeit von China zu verringern, meint ein Leser.

„Eventuell sollte man sich die Frage stellen, an welchen Häfen in China ist Deutschland oder Europa beteiligt?“, schreibt ein anderer Leser und weist somit darauf hin, dass China deutlich protektionistischer vorgeht.

Es gibt aber auch Stimmen, die positiv auf den Deal blicken. „Schließlich stehen wir mit dem Hafen Hamburg in europäischer Konkurrenz zu Antwerpen und Rotterdam, dort ist Cosco schon engagiert!“, schreibt ein Leser. Zudem würde der Staatskonzern nur einen geringen Anteil mit Blick auf den kompletten Hamburger Hafen übernehmen. Auch ein anderer Leser glaubt, dass Deutschland mit dem Deal China entgegenkommt, aber gleichzeitig die relevanten Zügel in der Hand behält.

Aus den Zuschriften der Handelsblatt-Leserschaft haben wir eine Auswahl für Sie zusammengestellt.

Ein wachsender Fuß in der Tür

„‚Wir machen die Tür ja nur einen Spalt breit auf‘, sagte Deutschland. ‚Danke‘, sagte China lächelnd und stellte einen wachsenden Fuß hinein.
Unter Ignoranz aller Warnungen geht unsere Regierung fröhlich eine neue Autokratenbeziehung ein, während wir für die letzte noch bezahlen. Der Gewinn für die deutsche Wirtschaft mag kurzfristig hoch sein. Nur ist es dann langfristig eben nicht mehr die deutsche Wirtschaft.“
Andrea Matos

Eine Win-win-Lage

„Der Deal mit einem verminderten Beteiligungsprozentsatz mutet an wie das Füßchen in der Tür. Einerseits will man es sich nicht mit den Chinesen verscherzen, andererseits will man auch nicht den Anschluss verlieren zu den Häfen, wo die Chinesen deutlich stärker positioniert sind. Gleichzeitig mindert man das Risiko, wenn es mit China doch einmal zu verhärteten Fronten kommen sollte.

Der Deal kommt China entgegen, aber man behält die relevanten Zügel in der Hand und darf bis auf Weiteres verdienen. Nach aktuellem Stand darf man von einer Win-win-Lage sprechen.“
Uwe Mies

Eine wichtige Frage stellen

„Eventuell sollte man sich die Frage stellen, an welchen Häfen in China Deutschland oder Europa beteiligt ist.“
Stefan Dreyer

Die deutsche Wirtschaft muss unabhängig werden

„Ich bin gegen die Beteiligung von China, da der Einfluss Chinas zu groß werden würde. Unabhängig von der Beteiligung wird schon in vielen Teilen deutlich, wie stark wir von China abhängig sind und wie sich zum Beispiel ein Lockdown dort in Deutschland auswirkt. Lieferschwierigkeiten sind die Folgen, die unsere Wirtschaft in vielen Bereichen lahmlegt.

Durch das Bündnis der chinesischen Regierung mit Russland werden die unterschiedlichen Interessen meines Erachtens deutlich, auch wenn sich China neutral gibt. Was uns im Taiwan-China-Konflikt erwartet, müssen wir abwarten.

Die deutsche Wirtschaft muss unabhängig werden und sollte langfristig denken und nicht kurzfristig irgendwelche Gewinnerwartungen im Blick haben.“
Sureya Hesse

>> Lesen Sie dazu: Streit um Hafen-Deal geht weiter – Cosco warnt: „Keine Garantie, dass die Transaktion stattfinden wird“

Einfach nur frustrierend!

„Drei Mal ‚Nein‘ zu einer Beteiligung Chinas am Hamburger Containerhafen. Missachtung der Menschenrechte, Anspruch auf Taiwan mit Kriegsgebärden, Diktatur und Russlandnähe verbieten jegliche chinesische Beteiligung an deutschen Unternehmen.

Der Hamburger Hafen ist für China ein strategischer Anker in Nordeuropa nach seinem Engagement auf dem Balkan. Sieht das keiner der Entscheider? Einfach nur frustrierend!“
Carola Petri

Eine Katastrophe

„Nach meiner Ansicht ist der Deal eine Katastrophe. Sechs Ministerien sprechen sich gegen eine Beteiligung aus, aber in diesem Fall spricht Herr Scholz ein Machtwort.

Sollte er auch in diesem Fall wieder von Erinnerungslücken gepeinigt werden? Anders lässt es sich nicht erklären, dass er die Folgen von Abhängigkeiten schon wieder verdrängt hat.“
Jörg Bachmann

Überzeugende Argumente gegen den Deal

„Zum Hamburger-Hafen-Deal mit China: Fachministerien sind mit überzeugenden Argumenten dagegen, Scholz dafür. Was für Scholz spricht: Er kann sich an wichtige Gespräche und Entscheidungen nach einigen Jahren nicht mehr erinnern.

Vielleicht ein Kompromiss: China beteiligt sich nicht am Hamburger, sondern an meinem Heimathafen in Essen; wir brauchen dort dringend eine neue Currywurst-Bude :)“
Rüdiger Rauchholz

Geben wir China doch die Chance einer Wahl

„Warum begegnet unsere Politik – ausdrücklich Regierung und Opposition gemeint – gegenwärtig allen Problemstellungen defensiv? Wie wäre es mit Selbstbewusstsein und zukunftsorientiertem Handeln?

In Sache Hamburger-Hafen-Deal zum Beispiel mit der gleichzeitigen Forderung nach einem ebenso großen Anteil an chinesischer Infrastruktur. Geben wir China doch die Chance einer Wahl. So muss Deutschland nicht nein sagen, beziehungsweise bekommt endlich echten Zugriff auf chinesische Unternehmen.“
Michael Langenberger

Noch abhängiger von China

„Nach meiner Meinung ist eine Beteiligung von chinesischen Unternehmen an europäischer Infrastruktur sehr gefährlich, weil das bedeutet, dass wir uns von China noch abhängiger machen, als wir schon sind.

Nach meiner Meinung muss es genau andersherum sein. Das bedeutet, dass wir die Abhängigkeiten von China vermindern müssen.

Das können wir, wenn wir die Produktion von Teilen, die wir in der Fertigung benötigen, in der EU produzieren, in China nur für den chinesischen Markt produzieren und Rohstoffe nicht nur aus China, sondern auch von anderen Ländern zukaufen.“
Frank Knödler

Wie bei Monopoly

„Es ist wie bei Monopoly, nicht immer gewinnt der, der die meisten Straßen und Häuser hat. Es reicht die richtigen Straßen und Häuser zu haben.

Und wenn unsere Demokratie nur noch funktioniert, wenn wir das Geld, Öl, Gas, Chips usw. von Diktaturen brauchen oder nur noch dort kaufen können, dann wird es allerhöchste Zeit, neu zu denken.“
Uli Gerber

Dafür so ein Aufstand?

„Ich bin als Spediteur unbedingt für eine Beteiligung von Cosco am Hamburger Hafen! Schließlich stehen wir mit dem Hafen Hamburg in europäischer Konkurrenz zu Antwerpen und Rotterdam, dort ist Cosco schon engagiert!

Was soll diese Aufregung von wirtschaftlich Ahnungslosen? Das Terminal Tollerort ist das meines Wissens kleinste der vier Containerterminals im Hamburger Hafen, also ein Viertel von vier Terminals. Das bedeutet ungefähr 6 Prozent der Container-Verladekapazität an ein chinesisches Unternehmen!

Dafür so ein Aufstand? Nee, ne?“
Gerd Heinrich

>> Lesen Sie auch unser Pro und Contra zum Thema: War es richtig, das China-Engagement im Hamburger Hafen zu genehmigen?

Der Löffel Zucker zu viel

„Wie schwer ist es eigentlich, dass der Mensch aus Erfahrung klug wird? Eine nahezu Drittelbeteiligung bei einem wichtigen Infrastrukturprojekt ist der Löffel Zucker zu viel, um signifikante Einflussnahmen, die nicht im Interesse Deutschlands liegen, zu verhindern.
20 Prozent tun’s auch.“
Ulrich Kohler

Ehrlicher Umgang mit Abhängigkeiten

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„Angesichts der bereits bestehenden Abhängigkeiten Deutschlands im Handel mit China fällt eine stimmrechtlose Beteiligung eines chinesischen Unternehmens an der Hafeninfrastruktur in Hamburg nicht sonderlich ins Gewicht, verleiht aber dem Hafenstandort Hamburg einen Wettbewerbsvorteil gegenüber konkurrierenden Häfen in den Niederlanden und in Belgien.

Die Energie der Emotionen bei der Diskussion dieses Themas sollte sich eher auf eine ehrliche Bestandsaufnahme aktuell schon bestehender Abhängigkeiten von China und auf die Einleitung geeigneter Strategien zur Verringerung solcher Abhängigkeiten konzentrieren.

Die jüngere Geschichte zeigt, dass ein ehrlicher Umgang mit solchen Abhängigkeiten gerne dem gesehenen wirtschaftlichen Vorteil geopfert wird und dass erst im Fall eines Wendeereignisses das Ausmaß der Abhängigkeiten umso schmerzlicher offenbar wird, wobei dann die Lösungsversuche sehr aufwendig werden und viel Energie, Zeit und Geld verschlingen.“
Josef Winzig

Wenn Sie sich zu diesem Thema im Handelsblatt zu Wort melden möchten, schreiben Sie uns einen Kommentar, entweder per E-Mail an forum@handelsblatt.com oder auf Instagram unter @handelsblatt.

Mehr: In der vergangenen Woche debattierte die Handelsblatt-Leserschaft darüber, ob sich die Grünen noch treu bleiben oder sich zu sehr verbiegen.

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