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Pro und ContraBrauchen neue Technologien Staatshilfen?

Das Flugtaxi-Start-up Lilium bemüht sich um Hilfe vom Staat und erhöht den Druck auf die Politik. Doch wie und wann sollten Bund und Länder mit Steuergeld neue Technologien unterstützen?Thomas Sigmund, Ina Karabasz 20.08.2024 - 09:19 Uhr
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Nach wie vor gibt es keine Entscheidung über Staatshilfe für das Flugtaxi-Start-up Lilium. Foto: dpa

Pro: Wieso bitte ausgerechnet bei neuen Technologien Zurückhaltung üben?

In der Bundesrepublik wird sicherlich an einigen Stellen viel Geld für wenig zielführende Maßnahmen ausgegeben. Dazu gehört neben diversen Werbekampagnen auch die ein oder andere doch sehr ausführliche „Sommerreise“ von Politikern, bei der das Verhältnis von Aufwand und Ertrag nicht unbedingt ersichtlich ist. Aber die Unterstützung für neue Technologien gehört nicht in die Kategorie der zweifelhaften Staatsausgaben.

Natürlich ist es richtig und wichtig, sich über jede staatliche Unterstützung für die Wirtschaft Gedanken zu machen. Schließlich greift die Politik damit in den Markt ein, was auch eher stören als helfen kann. Doch der Fall des Flugtaxi-Start-ups Lilium ist anders gelagert.

In Deutschland gibt es zum Glück einige Unternehmen, die mutig genug sind, sich der Entwicklung und Einführung neuer Technologien zu verschreiben. Über die Notwenigkeit einer innovativen Wirtschaft ist ausreichend gesprochen worden – und die derzeitig schlechte Wirtschaftslage verdeutlicht noch einmal, dass der deutsche Wohlstand nicht gottgegeben ist.

Nun verbergen sich hinter neuen Technologien eben nicht nur schnell skalierende Softwareanwendungen. Die sind auch wichtig, aber sie bewegen sich in den meisten Fällen auf der Oberfläche vorhandener Technologien. Wer die Möglichkeiten wirklich erweitern oder neue schaffen will, der muss tiefer in die Technologien eintauchen, wie der Name Deeptech ja auch verrät.

Deren Entwicklung kann (muss aber nicht) dann auch mal etwas länger dauern, vor allem, wenn es darum geht, grundsätzlich Neues auf den Markt zu bringen. Und je größer die Veränderung, umso riskanter kann es sein. Zum Glück schrecken mittlerweile trotzdem zunehmend weniger Gründer und Investoren davor zurück.

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Das sollte auch für die Politik gelten. Von all den staatlichen Unterstützungsmaßnahmen, angefangen beim energetischen Sanieren über den Bau von Chipfabriken bis hin zur Landwirtschaft, sollte auf keinen Fall der Bereich hintenüberfallen, der unserer Wirtschaft neue Impulse und damit auch Wachstum geben kann. Das bedeutet nicht, es soll Geld verschenkt werden. Aber Kredite, Garantien oder vereinfachte Rahmenbedingungen sollten drin sein.

Ein Blick auf andere Länder rechts und links von uns zeigt ja auch: Alles andere wäre ein massiver Wettbewerbsnachteil. Die USA locken mit Pragmatismus und Steuererleichterungen in Milliardenhöhe, China gibt dem Aufbau solcher Unternehmen von vornherein mehrere Jahre. Nun muss das kein Vorbild sein, aber aus reinem Marktpurismus nichts zu machen wäre Selbstmord aus Angst vor dem Tod.

Contra: Der Staat kann es nicht besser

Der Staat hält sich für den besseren Unternehmer. In Deutschland verfestigt sich jedenfalls der Trend, einzelnen Unternehmen mit Steuergeldern unter die Arme zu greifen. Diese Entwicklung ist besonders bei neuen Technologien hochproblematisch, weil Konzerne wie der US-Chiphersteller Intel oft kurz nach der milliardenschweren Subventionszusage aus Berlin selbst an ihrer eigenen Investitionsentscheidung zweifeln. Wie soll der Staat es dann besser wissen, was eine sinnvolle Investition ist und welche sich am Ende eben nicht rechnet?

Politik ist nicht schlecht darin, Wachstumsfelder zu identifizieren. Aber wann ein Umsteuern im Unternehmen oder der richtige Ausstieg erforderlich ist, das weiß er nicht. Man kann nur hoffen, dass diese Einsicht auch bei möglichen Hilfen für das Flugtaxi-Start-up Lilium gilt.

Grundsätzlich gilt: Wenn kein Privater Geld investieren will, dann stellt sich die Frage, welche Informationen der Staat hat, dass er die Lage besser bewerten könnte. Die Drohung mit dem Wegzug ins Ausland können sich solche Unternehmen auch sparen. Internationale Geldgeber investieren ihr Geld weder am deutschen Standort noch an einem anderen, wenn sie nicht an das Projekt glauben. Die Frage, warum dann nicht auch alle anderen Wettbewerber mit Steuergeld aufgepäppelt werden sollten, ist dann auch noch nicht beantwortet.

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Bei Hightech-Unternehmen kommt hinzu, dass die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns besonders hoch ist. Es gibt nicht umsonst den Spruch: Beim Venture-Capital ist der erfolgreich, der eine von zehn Investitionen erfolgreich gestaltet. Als Staatssekretär oder als Ministerialbeamter landet man dagegen schon vor einem Untersuchungsausschuss, wenn man eine von zehn Entscheidungen falsch trifft.

Selbst die guten Venture-Capital-Firmen treffen mehr falsche als richtige Entscheidungen, die richtigen sind dann aber äußerst ertragreich. Hinzu kommt: Die Venture-Capital-Firmen haben eine ganz andere Erfahrung bei solchen Investitionen. Es macht schon einen Unterschied, on man pro Woche zehn solcher Projekte auf dem Tisch hat oder ob ein Ministerialbürokrat das erste Mal in seinem Leben etwa von einem Flugtaxi hört und sich die Frage stellt: Lohnt sich das, oder lohnt sich das nicht?

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Müsste der Staat aber nicht etwas für Hightech-Unternehmen tun? Ja sicher, aber das Richtige. Er muss die Rahmenbedingungen verbessern, damit mehr privates Wagniskapital zur Verfügung steht. Wir haben kein Kapitalproblem in Deutschland, sondern ein Allokationsproblem. In Deutschland liegen gewaltige Geldsummen auf den Konten, aber es fehlt an den Stellen, an denen über Innovation die Zukunft des Landes liegt.

Es gibt genügend Initiativen, die Forschung und Entwicklung mit der Praxis verbinden. Da muss das Geld hinfließen, und wenn dann auch noch das private Kapital dazukommt, dann hebt jedes Flugtaxi bald auch ohne Staatsknete ab.

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