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Morning BriefingInitiative Made for Germany – Wer muss hier wem dankbar sein?

Christian Rickens 22.07.2025 - 06:32 Uhr aktualisiert
Morning Briefing

Investitionsinitiative: Vertrauensvorschuss von wem?

24.07.2025
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Wirtschaftsministerin Katherina Reiche: „Die Initiative bringt dem Standort Deutschland großes Vertrauen entgegen“. Foto: dpa

Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,

Dass es eine Initiative namens „Made for Germany“ gibt, dürfte inzwischen jeder mitbekommen haben, der nicht unter einem Stein lebt. Hier nochmal kurz die Eckdaten: 61 Unternehmen wollen bis 2028 insgesamt 631 Milliarden Euro in Deutschland investieren. Es geht dabei sowohl um frisches als auch um bereits zugesagtes Kapital. Rund 100 Milliarden Euro davon seien Neuinvestitionen, teilte Mit-Initiator Alexander Geiser, Vorstandschef der Kommunikationsberatung FGS Global, auf LinkedIn mit.

Es handelt sich um ein relativ neues Phänomen, dass Unternehmen eine Initiative und einen Kommunikationsberater benötigen, um das zu tun, was eigentlich in ihrer Natur liegen sollte: zu investieren.

Interessant finde ich in diesem Zusammenhang den sehr unterschiedlichen Blick darauf, wer hier eigentlich gerade wem einen Vertrauensvorschuss eingeräumt hat.

„Die Initiative bringt dem Standort Deutschland großes Vertrauen entgegen“, sagte Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) dem Handelsblatt:

Wir verstehen das als Auftrag, weiter mit Hochdruck an der Wettbewerbsfähigkeit unseres Standorts zu arbeiten.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sebastian Roloff, sieht indes die Unternehmen in der Pflicht. Schließlich habe die Koalition Steuerentlastungen in Form großzügigerer Abschreibungsmöglichkeiten beschlossen:

Jetzt kommt es auf die Wirtschaft an, die neuen Abschreibungsmöglichkeiten auch wirklich zu nutzen.
Bundeskanzler Friedrich Merz: 61 Unternehmen wollen bis 2028 insgesamt 631 Milliarden Euro in Deutschland investieren. Foto: REUTERS

Kulturkampf überlagert Reformdebatte

Gegen die Haltung in der SPD, dass man den Unternehmen mit dem „Investitionsbooster“ doch schon weit entgegengekommen sei, wird sich schwer anreformieren lassen. Ohne weitere Reformen vor allem in Sachen Lohnnebenkosten und Bürokratie dürfte es mit der zusätzlichen Investitionsbereitschaft der „Made for Germany“-Mitglieder jedoch schnell wieder vorbei sein. Da hilft dann auch kein Kommunikationsberater mehr.

„Das Problem ist, dass die Regierung nach einem verheißungsvollen Start wenig dafür getan hat, die aufkeimende Zuversicht zu nähren“, schreibt Handelsblatt-Politikchef Moritz Koch in unserem Leitartikel:

Statt ein Konzept für überfällige Reformen im Sozialstaat auszuarbeiten, hat sich die Koalition in einen Kulturkampf hineinziehen lassen.

Der Streit über die Nominierung von Frauke Brosius-Gersdorf für das Bundesverfassungsgericht überlagere alle anderen Themen, auch das Konjunktur-Sofortprogramm.

Kulturkämpfe zeichnen sich durch ihre Unerbittlichkeit aus – was der eine gewinnt, verliert der andere. Gute Wirtschaftspolitik unterliegt einer anderen Logik: Sie schafft mehr Wohlstand und Verteilungsspielraum für alle und überwindet so die starre Unterteilung in Gewinner und Verlierer.

Sparen durch kürzeres Arbeitslosengeld

Kommen wir doch gleich mal zu einem konkreten Reformvorschlag: Im Handelsblatt steht vor dem Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) gerne das Adjektiv „arbeitgebernah“. Aber mal ehrlich: Man hätte auch ohne diesen Hinweis ahnen können, dass die jüngste Studie des IW bei Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger auf größeren Beifall stößt als bei der SPD.

Was hat das IW herausgefunden? Die klamme Arbeitslosenversicherung könnte jährlich mehr als zwei Milliarden Euro sparen, wenn die Bezugsdauer des Arbeitslosengelds auch für Ältere auf ein Jahr vereinheitlicht würde.

Derzeit ist die Rechtslage so: Beschäftigte bis zum Alter von 49 Jahren erhalten, wenn sie arbeitslos werden, maximal zwölf Monate lang Arbeitslosengeld. Zwischen 50 und 58 steigt die Bezugsdauer schrittweise bis auf 24 Monate.

Bei einer Vereinheitlichung der Bezugsdauer auf zwölf Monate könnte der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung laut IW von 2,6 Prozent um 0,16 Prozentpunkte sinken. Der Vorschlag könnte zudem helfen, die Finanznot der Arbeitslosenversicherung zu lindern.

Meine Prognose: Der IW-Anstoß wird unter Rot-Schwarz keine Chance haben. Wie wäre es stattdessen damit, die längere Absicherung im Rahmen einer freiwilligen Zusatzversicherung anzubieten, bei der sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Beiträge teilen? Die Lohnnebenkosten würden wahrscheinlich noch immer sinken, weil nicht alle Angestellten die zusätzliche Absicherung gegen längere Arbeitslosigkeit im Alter überhaupt wollen. Und als Krankenversicherter kann ich mir ja schließlich auch mit einer privaten Zusatzversicherung ein höheres Krankentagegeld sichern.

Merz gegen Elektrozwang in Fahrzeugflotten

Kanzler Friedrich Merz hat sich gegen Überlegungen in der EU-Kommission ausgesprochen, Verbrenner-Autos in Mietwagenflotten künftig eventuell zu verbieten. „Die Vorschläge, die am Wochenende bekannt geworden sind, etwa im Hinblick auf die Mietwagenflotten und die Elektrifizierung, gehen an den Notwendigkeiten, die wir in Europa gemeinsam zurzeit haben, vollkommen vorbei“, sagte Merz gestern. „Wir wollen technologieoffen bleiben.“ Die Verbraucherinnen und Verbraucher sollten selbst entscheiden, welche Autos sie fahren wollten.

Auch wegen des langsamen Umstiegs auf E-Autos droht die EU ihre Ziele zur CO₂-Reduzierung zu verfehlen.

Vize-Direktorin des IWF Gita Gopinath: Die erste stellvertretende geschäftsführende Direktorin werde an die Universität Harvard zurückkehren. Foto: REUTERS

IWF-Vize Gopinath tritt zurück

Die Nummer zwei beim Internationalen Währungsfonds, Gita Gopinath, gibt ihren Posten überraschend per Ende August auf. Die erste stellvertretende geschäftsführende IWF-Direktorin werde an die US-Universität Harvard zurückkehren, teilte der IWF am Montag mit. Der Rückzug bietet US-Präsident Donald Trump die Chance, den Posten nach seinem Gusto zu besetzen: Während die europäischen Länder traditionell den Chef oder die Chefin des Fonds auswählen, schlägt das US-Finanzministerium Kandidaten für den Vize-Posten vor.

Gopinath kam 2019 als Chefvolkswirtin zum Fonds. Anfang 2022 wurde sie zur Nummer zwei in der IWF-Hierarchie befördert.

Ukraines Präsident Wolodimir Selenskyj: Am Donnerstag und Freitag könnten die Verhandlungsführer der Ukraine und Russland zusammenkommen. Foto: dpa

Neue Gesprächsrunde Russland-Ukraine?

Die nächsten Friedensgespräche zwischen der Ukraine und Russland sind nach ukrainischen Angaben für Mittwoch in der Türkei geplant. Beide Seiten würden sich dabei erstmals seit sieben Wochen wieder treffen. Die russische Agentur Tass hatte zuvor berichtet, die Verhandlungsführer könnten am Donnerstag und Freitag in der Türkei zusammenkommen. Der Kreml erklärte, man warte auf eine Verständigung über das Datum.

Irans Außenminister Abbas Araghtschi: Der Außenminister möchte an der Anreicherung von Uran festhalten. Foto: Eraldo Peres/AP/dpa

Iran will weiter Uran anreichern

Der Iran will auch nach den US-Angriffen auf seine Atomeinrichtungen an der Anreicherung von Uran festhalten. Das sagt Außenminister Abbas Araghtschi dem US-Sender Fox News:

Die Schäden sind ernst und schwerwiegend. Aber wir können die Anreicherung offensichtlich nicht aufgeben, denn sie ist eine Errungenschaft unserer eigenen Wissenschaftler. Und darüber hinaus ist es jetzt eine Frage des Nationalstolzes.

US-Marines sollen Los Angeles verlassen

Das US-Verteidigungsministerium hat den Abzug von 700 Marinesoldaten aus Los Angeles angekündigt. Die Soldaten waren im Juni in die Stadt geschickt worden, um auf Proteste zu reagieren, die wegen Razzien gegen Einwanderer ausgebrochen waren. Die Soldaten hatten in erster Linie Bundesgebäude bewacht. Bereits in der vergangenen Woche hatte das Pentagon mitgeteilt, den Einsatz von 2.000 Nationalgardisten zu beenden. Der etwa ebenso große Rest soll in Los Angeles bleiben.

Coldplay Frontsänger Chris Martin: Archivbild eines Coldplay-Konzerts. Foto: Chris Pizzello/Invision/dpa

Debatte über Outing per Kamera

Haben Sie sich am Wochenende auch über den Firmenchef und seine Personalmanagerin amüsiert, deren Affäre bei einem Coldplay-Konzert in den USA durch eine Saalkamera aufflog? Der Vorfall hat zu einer ungewohnt intensiven Debatte in unserer gestrigen Redaktionskonferenz geführt. Und da wussten wir noch nicht einmal, dass laut einer Umfrage im Auftrag von „Xing“ über ein Viertel aller Beschäftigten in Deutschland schon einmal eine Liebesbeziehung am Arbeitsplatz hatten.

Die Mehrzahl in unserer Runde sah den Coldplay-Vorfall so wie meine Kollegin Ina Karabasz, die in ihrem Kommentar konstatiert: „nicht witzig“. Hier können Sie nachlesen, warum nicht.

Ich wünsche Ihnen einen Dienstag, an dem Sie Dienstliches und Privates zu trennen wissen.

Herzliche Grüße,

Ihr

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Christian Rickens

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