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Morning BriefingDas Ende der „Er-wird-doch-nicht-etwa…“-Russlandpolitik

Teresa Stiens 25.03.2025 - 05:54 Uhr Artikel anhören
Handelsblatt Morning Briefing

Russland: Warnung vor Krieg mit der Nato / Koalition: Der Verhandlungsrahmen wackelt

25.03.2025
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Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser!

Lange trug die deutsche Russlandpolitik den Arbeitstitel „Er wird doch nicht etwa…“. Der Satz galt immer so lange bis er, also Wladimir Putin, es doch tat – etwa die Krim annektierte oder in der Ukraine einmarschierte. Bemerkenswerterweise endete diese naive Sicht auf den putinschen Imperialismus nicht mit der groß angelegten Invasion der Ukraine, sondern erst mit dem Abschied der Amerikaner aus dem transatlantischen Sicherheitsversprechen.

Seit Jahresbeginn wurde der Glaube, Putin werde doch nicht etwa die Nato angreifen, zu einem Zweifeln, ob er nicht genau dazu auch in der Lage wäre. Seitdem werden die öffentlichen Warnungen vor einem möglichen russischen Angriff, zum Beispiel auf das Baltikum, immer lauter.

Nun warnt René Obermann, Chef des Airbus-Verwaltungsrates, im Handelsblatt-Interview davor, dass Putin deutlich vor 2029, also früher als bislang angenommen, die Nato militärisch angreifen könnte.

Obermann analysiert:

Wladimir Putin hat sein Land auf Kriegswirtschaft umgestellt, er rüstet massiv auf – materiell, technologisch und mit 1,5 Millionen Soldaten im Zielzustand.
René Obermann war von 2006 bis 2013 Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom. Mittlerweile ist er Managing Director und Chairman Europa bei Warburg Pincus und Chairman of the Board of Directors bei Airbus. Foto: Imago

Obermann arbeitet für einen Rüstungskonzern, der an Aufrüstung verdient, das sollte man bei der Bewertung seiner Worte im Hinterkopf behalten. Nichtsdestotrotz beinhalten seine Ausführungen einige interessante Analysen. So wäre laut Obermann ein baldiger Angriff aus Kreml-Sicht logischer als zu warten, bis Europa vollkommen abschreckungsfähig sei. Für die europäische Abschreckung rät Obermann Deutschland, sich in Kooperation mit Frankreich und anderen Partnern taktische Atomwaffen anzuschaffen.

Obermann rechnet im Interview damit, dass Russland den sogenannten Suwalki-Korridor schließen könnte. Dabei handelt es sich um die 65 Kilometer lange Grenze zwischen den Nato-Staaten Polen und Litauen. Im Westen liegt die russische Enklave Kaliningrad, im Osten das mit Russland verbündete Belarus.

Der Suwalki-Korridor gilt als Achillesverse der Nato. Sollte Russland sie abriegeln, wäre das Baltikum vom übrigen Nato-Gebiet abgeschnitten und nicht mehr über den Landweg zu erreichen. In Estland, Lettland und Litauen werden auch noch andere Bedrohungsszenarien durchgespielt. So könnte Moskau den angeblichen Schutz russischsprachiger Bürger in den baltischen Staaten als Vorwand für einen Angriff nutzen – ein Scheinargument, mit dem Putin bereits seine Angriff auf die Ukraine rechtfertigte.

Investoren misstrauen Erdogan

In der Türkei blicken Investoren kritisch auf den Versuch des Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, sich seines wichtigsten politischen Gegners zu entledigen. Die Nachricht von der Verhaftung des Oppositionspolitikers Ekrem Imamoglu sorgte an den Kapitalmärkten für hohe Verluste.

Hinter dem Aktienmarkt liegt die schwächste Börsenwoche seit dem Beginn der weltweiten Finanzkrise 2008. Der Leitindex ISE 100 verlor mehr als 16 Prozent an Wert. Endet der Kursverfall nicht, könnte das für Erdogan zu einem Problem werden. Denn in den vergangenen Jahren nutzten türkische Anlegerinnen und Anleger den Aktienmarkt, um ihr Vermögen vor der hohen Inflation zu schützen.

Anleger in der Türkei könnten vor Problemen am Aktienmarkt stehen. Foto: Sadat/XinHua/dpa

Nicht nur in der Türkei, auch anderswo setzen multiple Krisen die Märkte unter Druck und Anlegerinnen und Anleger fragen sich, wo sie ihr Geld noch sicher investieren können. Das Handelsblatt-Datenteam hat sich die Zahlen der Vergangenheit angeschaut, um daraus Ableitungen für die Zukunft zu ziehen.

Welche „sicheren Häfen“ waren während der großen Krisen der letzten 100 Jahre wirklich sicher? Eine interessante Antwort lautet, dass selbst einige sicher geglaubte Anlageklassen in der Vergangenheit immer wieder enttäuscht haben.

Premier-Inn dominiert den deutschen Markt

Premier Inn in Nürnberg. Das Unternehmen setzt wie Motel One auf einen ansprechenden Lobbybereich. Foto: Premier Inn Deutschland

Vielleicht sind Ihnen die immer zahlreicher werdenden Hotels mit dem schlafenden Mond im Logo schon aufgefallen? Hinter der Hotelkette Premier-Inn steckt der börsennotierte britische Whitbread-Konzern, der auch in Deutschland kräftig expandiert.

So kräftig, dass die Briten im Segment der sogenannten „Budget Premium“-Übernachtungen sogar dem Erfinder des Konzepts „Motel One“ überholen. Premier-Inn-Deutschlandchef Erik Friemuth sagte dem Handelsblatt, dass die Kette in Berlin kürzlich das 100. Hotelprojekt in Deutschland besiegelt habe. Motel One schafft es in Deutschland inklusive seiner Bauvorhaben derzeit nur auf 72 Hotels.

Verhandlungszeitplan wackelt

Über der Berliner Politik hängt derzeit das Baustellenschild „Hier entsteht eine neue Regierung“. Und wie das so ist bei einer Baustelle, warten alle, die vom Stillstand betroffen sind darauf, dass es endlich weitergeht. Im Falle der neuen Koalition hat CDU-Chef Friedrich Merz ein Ergebnis bis Ostern angekündigt.

Doch das dürfte angesichts einiger bedeutender Streitpunkte immer schwieriger zu halten sein. Uneinig sind sich Union und SPD vor allem bei Zurückweisungen an den Grenzen, der Reform des Bürgergeldes und bei Einsparungen im Bundeshaushalt.

Auch die Arbeitsgruppe zur Finanzpolitik war am Freitag ohne Einigung auseinandergegangen. Die Union drängt auf umfassende Steuerentlastungen für Bürger und Unternehmen. Die SPD will zwar untere und mittlere Einkommensbezieher entlasten, fordert zur Gegenfinanzierung aber Steuererhöhungen für Besserverdiener.

Zum Abschluss noch ein Blick auf die vielen möglichen Namen für die neue Regierung. Der ursprüngliche Begriff „Groko“ ist nicht mehr zeitgemäß – da sind sich selbst die Verhandler einig. Schließlich ist der Ausdruck „Große Koalition“ mit gemeinsam 45 Prozent der Stimmen eher irreführend. CDU-Chef Friedrich Merz möchte, dass sein Bündnis „Koalition von Aufbruch und Erneuerung“ genannt wird.

Ob sich das wirklich durchsetzt, ist noch unklar. Schließlich muss man auch immer die Abkürzungen mitbedenken. Das wäre in dem Fall dann die „Kauer-Koalition“. Vielleicht wäre da die „Koalition für Aufbruch und Zukunft“ eine bessere Idee. Das wäre dann immerhin die „Kauz-Koalition“.

Ich wünsche Ihnen einen guten Tag, an dem Ihnen niemand einen ungewollten Spitznamen verpasst.

Verwandte Themen Russland Deutschland Türkei Wladimir Putin NATO Friedrich Merz

Es grüßt Sie herzlich Ihre

Teresa Stiens
Redakteurin Handelsblatt

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