
Ukraine: Einigung mit USA zu Waffenstillstand / Börsen: Der Turnaround am Aktienmarkt
Liebe Leserinnen und Leser,
bei den Verhandlungen zwischen der Ukraine und den USA im saudi-arabischen Dschidda haben sich beide Seiten gestern Abend auf eine 30-tägige Feuerpause verständigt. Eine Verlängerung über die geplante Dauer hinaus sei möglich, heißt es – sofern Russland die Abmachung annimmt und umsetzt.
Die USA kündigten die sofortige Wiederaufnahme der gestoppten Militärhilfe für die Ukraine an und wollen auch Geheimdienstinformationen wieder an Kiew weitergeben. In der gemeinsamen Erklärung vereinbarten die USA und die Ukraine außerdem, „unverzüglich Verhandlungen über einen dauerhaften Frieden aufzunehmen“.
Doch ob der Waffenstillstand wirklich zustande kommt, ist fraglich. Schließlich liegt das Heft des Handelns jetzt in Moskau und ein Waffenstillstand ist zum jetzigen Zeitpunkt wohl nicht in Putins Interesse, schätzt Handelsblatt-Osteuropa-Korrespondentin Mareike Müller. Russland lasse stattdessen Drohnenangriffe auf Zivilisten, Krankenhäuser und die Energieinfrastruktur der Ukraine für sich sprechen.
Die Chef-Kommunikatorin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa hatte vergangene Woche bereits verkündet, ein temporärer Waffenstillstand wäre inakzeptabel. Russland würde einem solchen Vorschlag nicht zustimmen.
Die USA hoffen bei ihrem Engagement in der Ukraine auf eine Gegenleistung, die sich als illusorisch, weil unmöglich herausstellen könnte. Bodenschätze gegen Militärhilfe heißt der angestrebte Deal. Doch die ursprüngliche Forderung, wonach die Ukraine sich hätte verpflichten müssen, mit 500 Milliarden US-Dollar aus Rohstoffeinnahmen die US-Hilfen zurückzuzahlen, wurde mittlerweile fallen gelassen.
Das könnte auch daran liegen, dass die Ukraine gar nicht genügend wertvolle Vorkommen hat, um eine solche Summe zeitnah zu begleichen – und schon gar keine seltenen Erden, die wirtschaftlich rentabel abgebaut werden könnten.
Der Turnaround der Kapitalmärkte

Die Finanzmärkte sind gerade dabei, Donald Trump offiziell ihr Misstrauen auszusprechen. Gut acht Prozent hat der US-Index S&P 500 in weniger als drei Wochen verloren. Am Montag stolperten die wichtigsten Indizes deutlich ins Minus, gestern erholten sie sich wieder etwas.
Doch die Angst vor einem Crash ähnlich dem Platzen der Dotcom-Blase vor genau 25 Jahren bleibt – schließlich sind die Technologiewerte in schwindelerregenden Höhen unterwegs. Um die Crashgefahr zu beurteilen, lohnt sich ein Blick auf wichtige Börsenkennzahlen wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Handelsblatt-Börsenexperte Ulf Sommer hat das für Sie getan.

Mohamed El-Erian, einer der renommiertesten Kapitalmarktexperten, zeigt sich sehr erstaunt über die aktuelle Trendwende an den Börsen. Im Handelsblatt-Interview sagt er:
El-Erian geht davon aus, dass die Schwächephase bei den US-Tech-Konzernen, einst die Erfolgsgaranten in jedem Portfolio, weitergehen wird. Die Wirtschaft wachse nicht mehr schnell genug, um die hohen Bewertungen zu rechtfertigen und den Optimismus aufrechtzuerhalten, der für die erheblichen Kapitalzuflüsse der vergangenen Jahre ausschlaggebend gewesen sei.

Bemerkenswert ist vor allem die Entwicklung der Tesla-Aktie. Insgesamt hat der Autobauer seit Dezember 840 Milliarden Dollar an Börsenwert verloren. Das Privatvermögen von Tesla-Chef Elon Musk ist seit Trumps Amtsübernahme um 130 Milliarden Dollar gesunken. Auch der Verkauf der Autos brach ein: In Deutschland fiel der Absatz seit Jahresanfang um 71 Prozent, in Frankreich um 44 Prozent.
Elon Musk wähnt darin – sicher nicht ganz zu Unrecht – eine Bestrafung für sein politisches Treiben. US-Präsident Donald Trump wollte Musk deshalb bereits unter die Arme greifen und versprach erst, sich selbst einen Tesla zu kaufen. Dann sprach er von einem illegalen Boykott „linksradikaler Irrer“. Doch die Gründe für den Absturz des einstigen Zukunftsunternehmens sind vielschichtiger als Musk es wahrhaben will. Sie liegen unter anderem in Trumps anti-grüner Politik.
Doppelte Zölle - oder doch nicht?
Währenddessen irrlichtert Donald Trump weiter ungerührt durch die globale Handelspolitik. Gestern kündigte er an, die Strafzölle auf alle Importe von Stahl und Aluminium aus Kanada zu verdoppeln – und zog seine Ankündigung wenige Stunden später dann doch zurück. Der Präsidentenberater Peter Navarro sagte, die Einfuhrzölle würden ab heute wie geplant 25 und nicht 50 Prozent betragen. Trump drohte außerdem indirekt mit der Annexion des Nachbarlandes. Das „einzig vernünftige“, das Kanada tun könne, sei, „51. Bundesstaat der USA“ zu werden.
Die dubiose Rolle der Hedgefonds am Anleihenmarkt
Wir bleiben noch kurz am Finanzmarkt, lenken unseren Blick aber nach Deutschland. Hier vollzieht sich eine Marktbewegung, wie sie die Bundesrepublik seit 1997 nicht mehr erlebt hat. Nachdem sich Union und SPD auf eine massive Ausweitung der Staatsverschuldung verständigt hatten, brachen die Kurse für Bundesanleihen vergangene Woche ein, im Gegenzug kletterten die Renditen rasant nach oben. Zusammengefasst: Für Anleger wird es lukrativer, Deutschland Geld zu leihen. Für Deutschland wird es teurer, Schulden zu machen.
Der ungewöhnlich starke Kursabsturz befeuert eine seit Monaten schwelende Debatte: Welchen Einfluss haben Hedgefonds auf die Marktbewegungen? Haben Spekulanten möglicherweise den jüngsten Absturz verstärkt? Jakob Blume, stellvertretender Finanzressortleiter, hat sich die Entwicklung angeschaut.
Wenn Sie sich angesichts dieser angespannten Gesamtlage fragen, was das alles um Himmels willen für Ihr Portfolio bedeutet und ob Sie Werte verkaufen oder halten sollten, empfehle ich Ihnen den Text meines Kollegen Markus Hinterberger, der sich für Sie mit genau dieser Frage beschäftigt hat.

Zum Abschluss noch ein kurzer Blick auf die aktuelle Bundespolitik. Gestern gab es keine Einigung im Ringen darum, das geplante Finanzpaket zu vermelden.
Es sind schon wahrlich kuriose Zeiten, in denen wir leben, in denen alte politische Gewissheiten nicht mehr gelten. Da predigen die Grünen fiskalpolitische Enthaltsamkeit, während sich die Union für schuldenfinanzierte Staatsausgaben einsetzt. Wenn das so weitergeht, startet die FDP bald eine Petition für die Enteignung von Großkonzernen, und die Linkspartei privatisiert den öffentlichen Nahverkehr.
Ich wünsche Ihnen einen guten Tag, an dem Sie sich auf Altbekanntes verlassen können.






Es grüßt Sie herzlich, Ihre
Teresa Stiens





