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DIW-Studie Nur eine klare Regulierung ebnet der Industrie den Weg zur Klimaneutralität

Um die Grundstoffindustrie klimaneutral zu machen, ist einer DIW-Studie zufolge nicht nur Geld nötig. Vielmehr ist ein klarer, langfristiger Rahmen erforderlich.
11.03.2021 - 06:00 Uhr 1 Kommentar
Die Stahlindustrie steht vor massiven Investitionen in klimaneutrale Prozesse. Quelle: Caro / Oberhaeuser
Thyssen-Krupp Steel in Duisburg

Die Stahlindustrie steht vor massiven Investitionen in klimaneutrale Prozesse.

(Foto: Caro / Oberhaeuser)

Berlin Die Herausforderungen sind enorm: Die Grundstoffindustrie soll spätestens 2050 klimaneutral sein. Die betroffenen Branchen – etwa Stahl, Chemie und Zement – stehen derzeit noch für 16 Prozent der Treibhausgasemissionen in der EU.

Bereits bis zum Jahr 2025 stehen in der europäischen Grundstoffindustrie Investitionen im Volumen von rund 30 Milliarden Euro an. Damit könnten rund 20 Prozent der Grundstoffe in der EU auf emissionsarme Produktionsprozesse umgestellt werden. Die restlichen 80 Prozent müssten sukzessive folgen.

Die betroffenen Unternehmen brauchen kurzfristige Förderung und vor allen Dingen sehr rasch klare Ansagen, auf welchen regulatorischen Rahmen sie sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten einstellen müssen. Das ist die zentrale Botschaft einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), die dem Handelsblatt vorliegt.

Als Erstes müssen die klimaneutralen Optionen wirtschaftlich sein. Dafür braucht es einen CO2-Preis, der für die Hersteller und auch für die Nutzer der Materialien gilt“, sagt Studienautor Karsten Neuhoff, Leiter der Abteilung Klimapolitik am DIW.

Zusätzlich seien „verbindliche Aspekte“ erforderlich, damit Unternehmen die klimaneutralen Optionen nutzen. Es müsse sichergestellt sein, „dass Unternehmen sehen, welche Risiken sie haben, wenn sie nicht auf klimaneutrale Optionen umstellen“, sagt Neuhoff.

Ausgleichmechanismus wird angestrebt

Als weiteren Aspekt nennt Neuhoff Rahmenbedingungen für den ausreichenden Ausbau erneuerbarer Energien. Die Politik müsse rasch Farbe bekennen und ihre Ziele klar definieren, empfiehlt Neuhoff.

Auf europäischer Ebene sind die entsprechenden Bemühungen derzeit in vollem Gange. EU-Kommission und EU-Parlament arbeiten an einem Rahmen, der die Unternehmen einerseits vor Produkten aus Ländern schützen soll, in denen Klimaschutzziele weniger ambitioniert verfolgt werden als in der EU. Andererseits sollen die Unternehmen aber auch gefordert sein, den Umbau zur Klimaneutralität aktiv voranzutreiben.

Angestrebt wird ein Grenzausgleichsmechanismus: CO2-intensive Produkte aus dem Ausland werden bei der Einfuhr in die EU mit einer Abgabe belegt. So soll erreicht werden, dass europäische Produkte wettbewerbsfähig bleiben.

Eines der Probleme dabei: Beim Export von Produkten aus der EU in andere Länder hilft der Mechanismus nicht. Außerdem dürfte es schwierig werden, den Ausgleichsmechanismus so zu gestalten, dass er nicht den Regeln der WTO zuwiderläuft.

„Klimabeitrag“ soll Emissionshandel ergänzen

Zugleich soll die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten für das europäische Emissionshandelssystem, von der im internationalen Wettbewerb stehende Industrieunternehmen bislang profitieren, reduziert werden, damit sich die CO2-Vermeidungskosten in der Wertschöpfungskette besser widerspiegeln. Dies birgt allerdings die Gefahr der Produktionsverlagerung in Regionen außerhalb der EU.

Neuhoff schlägt in seiner Studie vor, den Emissionshandel um einen „Klimabeitrag“ zu ergänzen. Dabei handelt es sich um eine Abgabe, die für jede Tonne produzierten oder importierten Grundstoff fällig wird.

Die Zahlung der Abgabe kann ausgesetzt und die Verbindlichkeit entlang der Wertschöpfungskette weitergereicht werden. Beim Export der Grundstoffe oder von Produkten, in denen Grundstoffe enthalten sind, wird die Verbindlichkeit erlassen.

„Die Analysen mit den Partnern des internationalen Forschungsnetzwerks Climate Strategies zeigen, dass mit einem Klimabeitrag als Ergänzung zum europäischen Emissionshandelssystem der CO2-Preis für die gesamte Wertschöpfungskette volle Wirkung entfalten kann, ohne dabei Probleme mit der WTO aufzuwerfen“, sagt Neuhoff.

Außerdem seien die Kosten überschaubar. „Bei einem CO2-Preis von 30 Euro würden sie sich bei einem Auto mit etwa 100 Euro niederschlagen. Im Durchschnitt würden Kosten für Haushalte um 0,2 Prozent steigen, da reiche Haushalte mehr Autos kaufen, sind sie dabei stärker betroffen als ärmere Haushalte“, argumentiert Neuhoff. „Insgesamt würde sich der Klimabeitrag bei einem CO2 Preis von 30 Euro europaweit jährlich auf 20 Milliarden Euro summieren. Das Geld könnte für klimapolitische Maßnahmen eingesetzt werden.“

Das Konzept des Klimabeitrags, für das Neuhoff schon länger wirbt, spielt auch in den Plänen der EU eine Rolle; die Bundesregierung unterstützt ebenso das Konzept. Der Klimabeitrag auf Produkte sei ein interessanter Teil der Modelle, die auch auf EU-Ebene bereits geprüft würden, heißt es im Wirtschaftsministerium.

Differenzverträge und Materialeffizienz als weitere Bausteine

Aus Sicht des DIW führt allerdings der Klimabeitrag allein nicht zum Ziel. Er sei vielmehr „nur ein Baustein auf dem Weg zu einer klimaneutralen Grundstoffindustrie“, sagt Neuhoff. Ebenso wichtig sei es beispielsweise, beim Materialeinsatz einzugreifen. „Die Politik muss daher die Themen Materialeffizienz und Recycling stärker in den Fokus rücken“, fordert Neuhoff.

Ebenso wichtig ist ein ausreichendes Stromangebot zu günstigen Preisen: „Allein die Umstellung der Stahlherstellung auf klimaneutrale Prozesse würde den Strombedarf in Deutschland um 18 Prozent erhöhen“, sagt Neuhoff. Deswegen sei neben Materialeffizienz und hochwertigem Recycling auch ein ausreichendes Volumen an Wind- und Solarenergie zu international wettbewerbsfähigen und dauerhaft stabilen Preisen wichtig.

Die Absicherung finanzieller Risiken für die Unternehmen sollte nach Überzeugung Neuhoffs an CO2-Differenzverträge geknüpft werden, die von staatlichen Stellen ausgegeben werden. Diese Überlegung spielt auch in der Politik eine wichtige Rolle. Eine konkrete Ausgestaltung oder gar nutzbare Modelle für die Unternehmen gibt es aber noch nicht.

Mehr: Klimaneutralität wird für die deutsche Industrie zur Überlebensfrage

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1 Kommentar zu "DIW-Studie: Nur eine klare Regulierung ebnet der Industrie den Weg zur Klimaneutralität"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Das klingt mir sehr nach einem weiteren Bürokratiemonster.

    Wenn CO2 reduziert werden soll dann muss man den Preis entsprechend mit Lenkungsfunktion festlegen, mit steigender Tendenz und für alle. Den Rest kann die Wirtschaft selber regeln und die sofortige steuerliche Abzugsfähigkeit der Investitionen in entsprechende Anlagen sollte selbstverständlich sein. Die Politik sollte sich einfach weitgehend raushalten und sich auf das faire herstellen von entsprechenden "Leitplanken" beschränken.
    Den Rest kann man einfach nicht.

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