Pisa-Sonderauswertung Schulen bereiten Jugendliche unzureichend auf die Risiken des Internets vor

Nur knapp die Hälfte der Lernenden in Deutschland (49 Prozent) gab in der Pisa-Studie an, im Unterricht über die Risiken des Internets aufgeklärt worden zu sein.
Düsseldorf Die Coronakrise hat gezeigt, wie schlecht es um die Digitalisierung in deutschen Schulen bestellt ist. Die IT-Infrastruktur ist unausgereift, und die technische Ausstattung der Schüler hängt vor allem vom Geldbeutel der Eltern ab. Nun kommt eine Sondererhebung des länderweiten Vergleichstests Pisa außerdem zu dem Schluss, dass in den Schulen Digitalkompetenzen zu kurz kommen.
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat 15-jährige Schüler aller Schulformen aus über 30 Ländern unter anderem dazu befragt, wie gut sie in den Bildungseinrichtungen auf das Leben und Arbeiten in der digitalen Welt vorbereitet werden. Im Fokus standen dabei die Lesekompetenzen.
Nur knapp die Hälfte der Lernenden in Deutschland (49 Prozent) gab an, im Unterricht über die Risiken des Internets aufgeklärt worden zu sein – weniger als im OECD-Durchschnitt (54 Prozent). Besonders Jugendliche aus benachteiligten Verhältnissen geben an, dass ihnen Wissen fehlt.
In Sachen Digitalisierung bewerten deutsche Schüler die Vorbereitung durch die Schule in allen Punkten schlechter als Schüler anderer OECD-Länder. Nicht mal die Hälfte der Schüler in der Bundesrepublik habe demnach gelernt, wie sie relevante Informationen im Internet filtert. Dabei hatte die Kultusministerkonferenz (KMK) schon 2016 einen Strategieplan für den digitalen Wandel des Bildungssektors entworfen.
Wie schwer deutschen Schülern die Bewertung von Informationen fällt, zeigt sich auch darin, dass nur 45 Prozent von ihnen laut Untersuchung zwischen Tatsache und Meinung unterscheiden können. Deutschland liegt damit leicht unter dem OECD-Durchschnitt (47 Prozent). Dabei werden Fake News und Desinformationen zu einem immer größeren Phänomen im Internet.
Nur jeder zweite deutsche Schüler lernt mit digitalen Medien
Zudem würden viele Schüler auf Phishing-Mails hereinfallen, zeigt die Befragung. Demnach gaben 40 Prozent aller Jugendlichen aus den OECD-Ländern an, in einer E-Mail auf den Link eines Mobilfunkbetreibers zu klicken und ihre Daten preiszugeben, um ein Smartphone zu gewinnen. Auch hier schneidet Deutschland sehr schlecht ab: Nur etwa jeder fünfte Jugendliche sei in der Lage, sich vor solchen Mails zu schützen.
Die Dauer der Internetnutzung der Schüler ist im OECD-Schnitt in den vergangenen sechs Jahren um 66 Prozent auf nunmehr 35 Wochenstunden gestiegen. Auf die Risiken des Internets stoßen Schüler insbesondere in der Bundesrepublik fast ausschließlich im privaten Kontext. Jeder zweite Jugendliche in Deutschland nutzt laut der Studie digitale Medien zum Lernen. Im OECD-Durchschnitt ist es nur jeder dritte.
Schüler im 21. Jahrhundert leben mit einer gigantischen Textflut, schreiben viele Nachrichten und können Informationen schnell übers Internet konsumieren. Die Forscher haben länderübergreifend allerdings festgestellt: Je mehr die Schüler digitale Medien nutzen, desto schlechter ist ihre Leseleistung. Gleichzeitig weisen sie darauf hin, dass kein Kausalzusammenhang bestehen muss.
Das Potenzial digitaler Medien für die Kompetenzentwicklung hängt laut der Untersuchung maßgeblich von den schulischen Lernprozessen ab. Zudem fällt auf, dass Schüler, die häufiger gedruckte Bücher lesen, eine bessere Leseleistung aufweisen. Doch die Studie zeigt auch: Lesen ist insbesondere in Deutschland eher ein Nischenhobby von Jugendlichen.
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